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Stinken im Dienste der Fortpflanzung
Der Rote Gitterling ist „Pilz des Jahres 2011“
Mit seinem geradezu außerirdischen Aussehen gehört der Rote Gitterling zu denjenigen Pilzen, die nicht zu übersehen sind. Seine fleischrote Gitterkugel schiebt sich etwa tennisballgroß aus einer schmutzig eierschalenfarbigen Hülle, dem Hexenei. Der Gitterkugel entströmt nach ihrer Entfaltung ein aasartiger Geruch, der Fliegen anlockt.
Diese Kreatur sieht eher aus wie ein Alien aus einem Sciencefiction-Film. Warum sieht der Gitterling so merkwürdig aus, ist er giftig oder sogar gefährlich? Lockt er die Fliegen an, um sie zu fressen wie eine fleischfressende Pflanze? Die Phantasie projiziert in uns bei der Betrachtung des Roten Gitterlings Angst und Ekel, aber auch Interesse und Bewunderung.
Im Pilzreich ist der ungenießbare Rote Gitterling (Clathrus ruber) mit seinen nahen Verwandten, den Stinkmorchelartigen und anderen Gitterlingsartigen die „Krone der Schöpfung“. Andere Arten wie Fliegenpilz, Steinpilz oder Pfifferling verbreiten ihre Sporen durch den Wind. Beim Roten Gitterling hat sich im Laufe der Evolution eine raffinierte Strategie entwickelt, die die Sporenverbreitung nicht mehr dem Zufall überlässt.
Durch die rote Farbe und den Aasgeruch wird gezielt die Lieblingsspeise der Schmeißfliegen imitiert, nämlich verwesendes Fleisch. Auf der Innenseite der Gitterkugel befindet sich die grünliche Sporenmasse, die durch die angelockten Fliegen gierig aufgesaugt wird. Somit ist die gezielte Sporenverbreitung gesichert. Wissenschaftlich nennt man das Endozoochorie. Die Pilzsporen werden im Verdauungstrakt der Insekten transportiert und landen nach der Ausscheidung idealer Weise wieder direkt auf Erde, wo sie auskeimen. Der Kreislauf ist geschlossen.
Der Rote Gitterling ist ein sogenannter Saprophyt, der sich von totem organischem Material ernährt. Seine Pilzfäden durchziehen das Erdreich und nehmen gelöste Nährstoffe auf. Hier kann sich der Pilz lange Zeit aufhalten, ohne dass wir seine Präsenz bemerken. Der eigentliche Organismus lebt im Verborgenen. Dies trifft übrigens auf alle Pilzarten zu, deren Fruchtkörper wir als Pilze auf dem Waldboden oder an Bäumen sehen.
In Deutschland kann der Rote Gitterling in jedem Bundesland gefunden werden. Er ist allerdings sehr selten. Die Pilzkartierung der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) verzeichnet bisher nur etwa 90 Funde. Meist kommt der Rote Gitterling im Sommer auf Friedhöfen, in Gärten oder Parkanlagen vor. Im Mittelmeergebiet ist er häufiger zu finden als bei uns. Wie der Tintenfischpilz, ein naher Verwandter, ist der Rote Gitterling in Deutschland eingebürgert. Es wurde beobachtet, dass mehrjährige Vorkommen auch wieder erlöschen können.
Ob sich der Rote Gitterling in Ausbreitung befindet, kann derzeit nicht mit Sicherheit beurteilt werden. Durch sein unverkennbares Aussehen sollte es jedoch leicht möglich sein, ein besseres Bild seiner derzeitigen Verbreitung zu bekommen. Die Jagd ist also eröffnet. Mitmachen kann jeder durch eine Kurzmeldung mit Angabe des Fundortes – am besten mit einem Foto des Roten Gitterlings – auf der Internetseite der DGfM.