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Rosa Blütenpracht auf nacktem Fels
Zur Pfingstnelkenblüte in den Nationalpark Kellerwald-Edersee
Der Nationalpark Kellerwald in Nordhessen liegt auf einem horstartigen Mittelgebirgsrücken, der aufgrund seiner geologischen Ähnlichkeit als Ausläufer des Rheinischen Schiefergebirges oder als Bergisch-Sauerländisches Gebirge bezeichnet wird. An den steilen Hängen des Edersees und seiner Seitentäler kommt eine seltene Formation von Felsfluren und Geröllhalden vor. Dort herrschen extreme Standortsbedingungen wie Hitze, Trockenheit, Frostwechsel und kräftige Erosion, die durch starke Hangneigung gefördert wird und so keine Anreicherung von Erde oder Humus zulässt.
Den Charakter der Landschaft prägen vereinzelt stehende Krüppeleichen, die in den lockeren Schutthalden von Zeit zu Zeit durch Rutschungen gequetscht, umgedrückt oder gekappt werden. Ihre beschädigten Stöcke treiben immer wieder aus und bilden so den knorrigen Wuchs. Wurzeluntersuchungen dieser Bäume zeigen, dass einige Individuen mit dieser "Bonsai-Behandlung" über 1000 Jahre alt werden können. Durch die geringen Wuchsleistungen und das schwer zugängliche Gelände wahren viele dieser Standorte nie in menschlicher Nutzung. Es sind somit sehr wertvolle Primärbiotope, also Gebiete die eine natürliche, unbeeinflusste Flora und Fauna repräsentieren.
Diese Standorte sind in ihren extremen Eigenschaften seit dem Ende der letzten Eiszeit nahezu unverändert und beherbergen deshalb viele Pflanzen- und Tierarten, die entweder als Relikte der nacheiszeitlichen Flora und Fauna hier überlebt haben oder aufgrund der warm-trockenen Standorte an mediterrane Lebensgemeinschaften erinnern. Als Teil dieser dünn bewachsenen Felsrasen blüht hier von Mitte Mai bis Mitte Juni die rosafarbene Pfingstnelke (Dianthus gratianopolitanus) in ihren bedeutendsten hessischen Vorkommen. Auf Schutthalden und an Felswänden trotzt die trittempfindliche Pflanze den Widrigkeiten ihres kargen Standortes und erfreut den Besucher mit leuchtenden Farben im grauen Gestein.
Die langen, nektarreichen Blüten der Pfingstnelke werden von Tagfaltern bestäubt. Da die 10 bis 30 Zentimeter hohen Pflanzen selten einzeln, sondern meist in Gruppen wachsen, bilden sich kleine, lockere Polster. Die Pfingstnelke ist eine rein mitteleuropäische Pflanze, ihre Verbreitung reicht von Frankreich bis nach Südengland und im Osten bis nach Polen und Tschechien. Schwerpunkte sind der französisch-schweizerische Jurabogen und Süddeutschland - hier vor allem an den zur Donau geneigten Hängen der Schwäbischen Alb. Nördliche Vorkommen gibt es bei uns neben dem Kellerwald auch im Ahrtal bei Bonn. Wie alle Nelkenarten ist die seltene Pfingstnelke gemäß Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt, sie darf also auch für Handsträuße nicht gepflückt werden.
Eine Pfingstnelkenwanderung im Kellerwald kann man als Naturfreund jederzeit auf eigene Faust unternehmen. Die vom NABU empfohlene Route führt vom nördlichen Ortsende Bringhausens auf der uferbegleitende Straße entlang nach Westen. Es geht in Richtung des Banfebachtals, immer entlang der südlichen Uferhänge des Edersees. Hier erstrecken sich mehrere Silikat-Schutthalden und Felsenfluren, die mit den beschriebenen Krüppeleichen und den horstweise blühenden Pfingstnelken bewachsen sind.
Der Weg geht dann weiter am Uferhang entlang und biegt nach Süden ins Banfebachtal ein. Folgen Sie dem Weg an der Bücke über den Talbach vorbei zum ehemaligen Fischerhaus Banfe. Wenn Fischerhaus und Teichanlagen passiert sind, kommt eine Wegespinne an der ein Waldweg nach links in nordöstliche Richtung abgeht. Diesem Waldweg folgend gelangt man direkt zum Fahrweg nach Bringhausen, der ebenfalls nordöstlich verlaufend den Ortsrand erreicht.