Sauerkirschen - Foto: Helge May
Verbotene Früchte
„Rote Kirschen ess ich gern, schwarze noch viel lieber…“
Sie verkörpert Leidenschaft und Liebe und ist Symbol für die roten, vollen Lippen einer Frau. Wegen dieser „unreinen“ Symbolik wurde die Kirsche lange Zeit von der Kirche als verbotene Frucht stigmatisiert. Aber nicht nur um die süßen roten Früchte ranken sich Legenden, sonder auch die weißen oder rosa Blüten haben Symbolcharakter. Mit dem Kirschblütenfest feiern die Japaner seit Jahrtausenden das Frühlingserwachen. Die Kirschblüte steht für sie für Schönheit und Vergänglichkeit.
Wilde Kirschen gab es in Europa bereits seit der Bronzezeit. Schon unsere frühen Vorfahren sollen die süßen Früchte gesammelt haben. Unsere heimischen Zuchtformen der Kirsche verdanken wir, wie so vieles, den Römern. Der Feldherr Lucullus soll es gewesen sein, der sie 74 vor Christus von einem Kriegszug vom Schwarzen Meer nach Europa brachte. Angeblich hat er sogar bei seinem Triumphzug einen kleinen Kirschbaum auf seinem Streitwagen mitgeführt. Zurück in Rom begann man dann die Obstbäume auf heimischem Boden anzupflanzen. Von dort breiteten sie sich über weite Teile Europas aus. Heute gibt es rund 500 gezüchtete Kirschsorten weltweit.
Süß und sauer, rund, oval oder herzförmig
Generell unterscheidet man zwischen Süß- und Sauerkirsche und der Bastardform, einer Mischung aus beidem. Je nach Sorte ist die Frucht rundlich, oval oder herzförmig und die Farbe variiert von gelblich über rot bis hin zu schwarz. Bei den Süßkirschen unterscheidet man zwischen zwei Hauptarten: den Herzkirschen mit weichem und den Knorpelkirschen mit festem Fruchtfleisch.
Die Blätter der Süßkirsche – wildwachsend nennt man sie Vogelkirsche – sind länglich zugespitzt und frischgrün mit gesägtem Blattrand. Die Blätter der Sauerkirsche sind härter und kleiner als die der Süßkirsche. Bei der Sauerkirsche unterscheidet man zwischen Morellen, Sorten mit färbenden Saft und Amarellen, Sorten mit farblosem Saft. Die Sauerkirsche ist anspruchsloser als ihr süßer Verwandter und verträgt auch Kälte und Hitze sehr gut. Anders als die meisten Sorten der Sauerkirsche, sind die europäischen Süßkirschen alle selbst unfruchtbar und auf Fremd- oder Tierbestäubung angewiesen.
Kirschen mal anders – ein leichtes Sommergericht
Rezept für Omas Kirsch-Kaltschale (für 4 Portionen)
Es werden benötigt: 500 g Kirschen, 400 ml Wasser, 2 EL Speisestärke, 3 EL Zucker, 1 EL Vanillezucker, 250 ml Milch, 50 g Hartweizengrieß, 1 EL Zucker und 1 Eigelb.
So geht es: Die Kirschen entsteinen und mit 300 Milliliter Wasser etwa fünf Minuten kochen. Das restliche Wasser mit der Speisestärke verrühren und die Suppe damit binden. Zucker und Vanillezucker zugeben. Die Suppe abkühlen lassen.
Die Milch zum Kochen bringen. Den Grieß mit Zucker gemischt mit dem Schneebesen einrühren und etwa fünf Minuten kochen lassen. Die Masse von der Kochstelle nehmen und mit Eigelb eindicken. Abkühlen lassen, bis der Grieß fest ist. Die Suppe auf Tellern anrichten. Mit einem Esslöffel ovale Stücke aus dem Grieß heben und in die Suppe geben.
Im Frühling verwandeln sich Gärten, Parks und Kirschbaumplantagen in ein Meer aus weißen und rosa Blüten. Bereits sehr früh im Jahr, je nach Wetter schon Anfang Juni, hängen dann die runden Früchte, meist als Zwillingspaar, wieder an den Bäumen. Dafür ist die Kirschsaison im Vergleich zu anderen heimischen Obstsorten mit nur drei Monaten recht kurz. Die Liste der Verwendungsmöglichkeiten dagegen ist lang: Kirschen schmecken nicht nur roh lecker, man kann sie auch wunderbar für Kuchen, Marmelade, Kompott oder Soßen verwenden. Ausgepresst sorgen sie außerdem als Saft für Erfrischung. Im Glas eingekocht oder als Marmelade kann man sie auch im Winter noch genießen.
Kirschenzeit gleich Bauchwehzeit?
Die süßen Früchte schmecken nicht nur gut, sondern sind auch sehr gesund. Sie enthalten viele Vitamine und Nährstoffe, zum Beispiel Vitamin C und B-Vitamine, Kalzium, Eisen, Folsäure, Magnesium und Kalium. Sogar die Kirschkerne können noch zu unserer Gesundheit beitragen. Gewaschen und getrocknet werden sie in eine Baumwollhülle eingenäht. Dieses Kirschkernkissen wird dann im Ofen oder in der Mikrowelle erwärmt, auf den Körper aufgelegt und hilft so gegen Verspannungen. Die wärmespeichernde Wirkung von Kirschkernen entdeckten angeblich Arbeiterinnen einer schweizerischen Likörfabrik, die das tägliche Abfallprodukt als erstes in Kissen einnähten. Archäologen fanden aber bereits Überreste eines Kirschkernkissens aus dem frühen Mittelalter.
Und was ist dran an dem Gerücht, Wasser auf Kirschen zu trinken sei ungesund und man bekomme davon Bauchschmerzen? Diese Binsenweisheit kennt fast jeder und sie hält sich hartnäckig, sie ist aber falsch. Ärzte und Wissenschaftler sind sich einig: Wasser auf Kirschen hat noch nie zu schwerwiegenden Folgen geführt. Bauchweh bekommt man höchstens durch die Luft im Darm, die sich beim Verdauungsprozess nach dem Verzehr großer Mengen rohen Obsts und Gemüses bildet – also auch aber nicht nur bei Kirschen.
Auch vom Verschlucken eines Kirschkerns geht keine Gefahr aus. Dieser bleibt nicht, wie oft behauptet, im Darm hängen, sondern wird ganz normal wieder ausgeschieden. Ein ebenfalls weit verbreitetes Gerücht besagt, dass man Kirschkerne nicht zerbeißen darf, weil sie giftige Blausäure enthalten. Das stimmt - zumindest zum Teil. Ein Kirschkern enthält tatsächlich Blausäure. Die Menge ist aber so gering, dass sie keinen Einfluss auf den menschlichen Körper hat. Diesen Sommer können wir also wieder beherzt zugreifen, wenn die verführerischen Früchte wieder wortwörtlich zum Greifen nahe sind.
Linda Baumann
Die Vogelkirsche ist als Stammvater unserer Süßkirschen seit Jahrtausenden Begleiter des Menschen. Im April strahlt die Vogelkirsche weiß leuchtend weithin ins Land, im Sommer liefert sie begehrte Früchte und im Herbst zeigt sie feurig rote Blattfarben. Mehr →
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