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Ein Plädoyer für die Birne
Platz neun, mehr ist nicht drin. Auf knappe drei Kilo „Frischverbrauch pro Haushalt“ kommt die Birne bei uns. Orangen, Bananen, Mandarinen, Nektarinen, Trauben und Erdbeeren, selbst Melonen liegen vor der Birne. Und ganz vorne thront der Deutschen Lieblingsobst, der Apfel. Das war nicht immer so, mindestens gleichrangig mit den Äpfeln waren Birnen vor allem auf dem Land lange ein wichtiges Grundnahrungsmittel.
Begonnen hat die Karriere der Birne bereits im Altertum. Stammväter unserer heutigen Kultursorten sind wohl wildwachsende Arten aus Vorderasien und dem Kaukasus. Die Perser, die Griechen und schließlich die Römer kultivierten Birnen und so kamen die Früchte zur Zeit des Römischen Reiches auch nach Mitteleuropa. Vor 2000 Jahren nannte Plinius bereits mehr als 40 verschiedene Birnensorten.
Wilde Verwandtschaft
Wilde Birnen gibt es nicht nur in Asien und rund ums Mittelmeer. Eine Art, die Holzbirne, wächst auch bei uns. Ihre Standortansprüche sind variabel, man findet sie in Flussauen ebenso wie auf felsigen Hängen. Von den Kultursorten unterscheidet sich die Holzbirne anhand der kleineren Blätter und vor allem der leichten Bedornung der Äste. Die kleinen Früchte ähneln Mostbirnen und die Blüten sind wie bei allen Birnen leuchtend weiß. Der Name Holzbirne bezieht sich wohl auf die kaum genießbaren Früchte.
Qualen in der Unterwelt
Wie begehrt Birnen waren, zeigt die Sage von Tantalos. Als Strafe für seine Untaten zu Lebzeiten wurde er in der Unterwelt vor einem Birnbaum angekettet. Immer wenn Tantalos hungrig seine Arme nach den Früchten ausstreckte, zog der Baum seine Äste unerreichbar zurück. Noch heute reden wir von den sprichwörtlichen Tantalos-Qualen.
Wie viel freundlicher war da doch Theodor Fontanes „Freiherr von Ribbeck zu Ribbeck im Havelland“. Der hatte nicht nur zu Lebzeiten immer eine saftige Birne für die Dorfkinder. Auch nach seinem Tod sorgte ein aus dem Grab hervorwachsender Birnbaum für süße Früchte. Das Vorbild für Fontanes Gedicht – von der Sorte „Römische Schmalzbirne“ – steht nicht mehr. Inzwischen wurde aber nachgepflanzt, denn das Örtchen Ribbeck lebt heute von und mit den Birnen, sogar ein Garten mit typischen Sorten aus allen Bundesländern entstand.
Wie viele unserer Obstbäume, von der Kirsche über die Quitte bis zum Apfel, gehört die Birne zur Familie der Rosengewächse. Birnen blühen im Frühjahr nach den Pflaumen sowie Kirschen, aber vor den Äpfeln. Frisch aufgeblüht sind sie leicht an den roten Staubgefäßen zu erkennen. Die weit offenen Blüten werden von Insekten aller Art besucht, denen sie viele Pollen, aber nur begrenzt Nektar bieten.
Kaltblüter und Vollblüter
Birnen seien generell wärmebedürftiger als Äpfel, heißt es. Andererseits wachsen gerade Birnbäume oft auch in rauen Lagen und ihre Kultivierung drang früh weit nach Norden vor. Will man die Eigenschaften der Birnen erkunden, muss man zwischen Most- und Tafelbirnen unterscheiden. Mostbirnen sind robust und genügsam wie Kaltblüter, Tafelbirnen dagegen sind wie Vollblüter: edel, aber auch sensibel.
Mostbirnen ähneln mit ihren kleinen Früchten den Wildarten. Verbreitet ist ein schlanker, aufrechter Wuchs. Mostbirnen erreichen leicht ein Alter von 200 Jahren und mehr. Mit bis zu 18 Metern gehören sie zu den höchsten Obstbäumen und prägen vor allem im Freistand die Landschaft. Man muss sich wohl die meisten Birnen früherer Zeiten als Mostbirnen vorstellen. Für den Verzehr frisch vom Baum eignen sie sich aufgrund der Gerbstoffe kaum.
Wie der Name schon sagt, wurden Mostbirnen vor allem versaftet. Für die Landbevölkerung war „Gärmost“ ein wichtiges, weil billiges Alltagsgetränk. Je nach Region reichte das Spektrum vom reinen Birnenmost über Verschnitte bis zum reinen Apfelmost. Heute sind Mostbirnen vergleichsweise selten geworden. Erst in den letzten Jahren erleben sie vor allem dank der zahlreichen lokalen Streuobstinitiativen eine kleine Wiedergeburt. Großes Vorbild ist dabei das österreichische Mostviertel, wo es zu gelingen scheint, über sortenreine Moste, Brände und andere Produkte die Frucht von ihrem Arme-Leute-Image zu befreien und so die gewachsene Kulturlandschaft zu erhalten.
Königliches Obst
Entstanden Mostbirnen mit ihren Hunderten von Lokalsorten meist aus Zufallssämlingen, begann im 17. Jahrhundert ausgehend von Frankreich die gezielte Zucht von großfrüchtigen und wohlschmeckenden Birnen. Noch heute auch bei uns gängige Sorten wie Gräfin von Paris, Gute Luise (im Original „Bonne Louise“) oder Köstliche von Charneaux zeugen davon.
Für einen starken Schub sorgte „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. Er erklärte die Birne zum königlichen Obst, die Birne hielt Einzug in die gute Küche. Noch heute ist die Birne in der klassischen französischen Küche hoch angesehen. Sie lässt sich in herzhaften ebenso wie in süßen Speisen vielfältig kombinieren. Die milden, säurearmen Birnen passen zum Beispiel zu Käse aller Art und vertragen sich gut mit intensiven Gewürzen. Ihr Saft lässt sich zu sirupartigem Birnenkraut eindicken und sie ergeben ein hervorragendes Dörrobst.
Mit 55 Kilokalorien je hundert Gramm sind Tafelbirnen leicht verdaulich. Sie enthalten die Vitamine A, C, E und F, dazu Kalium, Kalzium und Magnesium. Die Kombination von weniger Säure und etwas mehr Zucker lässt Tafelbirnen süßer als Äpfel schmecken. Warum also sind Birnen in unserer Gunst so sehr gesunken?
Pflück- und Genussreife
„Von dem grössten Einfluss auf den Geschmack und die Güte des Obstes ist es, dass dasselbe zur rechten Zeit vom Baume genommen abgenommen, auf dem Lager richtig behandelt und zur rechten Zeit gegessen wird“, brachte es Wilhelm Lauche schon vor 150 Jahre in seiner „Deutschen Pomologie“ auf den Punkt. „Wird gegen eine dieser Bedingungen gefehlt, so entsteht ein falsches Urtheil über den Werth der Frucht.“ Genau da liegt das Problem der Tafelbirnen. Man muss wissen, mit ihnen umzugehen, und das macht es für Erzeuger, Vermarkter und Verbraucher gleichermaßen knifflig.
Birnen sind druckempfindlich und sie verderben leicht. Sie müssen daher handgepflückt werden, Maschineneinsatz kommt kaum in Frage. Das macht sie gewissermaßen zu einer altmodischen Frucht. Um sie überhaupt transportieren und lagern zu können, werden Birnen zur sogenannten Pflückreife geerntet. Alle Inhaltsstoffe müssen bereits angelegt sein, sie sind aber noch nicht verzehrfähig. Bei Zimmertemperatur erreichen die Birnen dann innerhalb von zwei bis drei Tagen die richtige Genussreife. Also bitte Birnen nach dem Einkauf immer etwas nachreifen lassen. Nur so zeigen sie ihr volles Aroma.
Helge May
Gitterrost: Vorsicht Pilzbefall
Birnen gelten als wenig krankheitsanfällig. Vor allem in Gärten aber werden Birnbäume seit einigen Jahren immer stärker von einer Krankheit befallen, bei der sich zunächst im Frühjahr auf den Blättern kräftig orangerote Flecken zeigen. Dann kommen dunkle, klebrige Punkte hinzu und im Hochsommer wachsen an den Blattunterseiten warzenartige Auswüchse.
In siedlungsfernen Obstwiesen tritt die Krankheit kaum auf. Der Grund: Übeltäter ist ein Pilz, der Birnengitterrost. Und dieser Pilz benötigt für seinen Lebenszyklus zwei Wirtspflanzen. Hauptwirte sind bestimmte Wacholderarten, die als Zierpflanzen in Gärten Verwendung finden – nicht aber der wildwachsende heimische Wacholder. Im Frühjahr setzt der Pilz am Wacholder Sporen frei, die der Wind auf Birnbäume als sommerliche Zwischenwirte trägt.
Die schlechte Nachricht: Völlig birnenrost-resistente Birnensorten gibt es nicht. Die Bekämpfung des Pilzes ist mühsam, Abhilfe könnte nur das Roden sämtlicher Zierwacholder im Umkreis von mehreren hundert Metern schaffen. Die gute Nachricht: Zwar schwächt Pilzbefall die Birnbäume, doch lebensgefährlich wird der Rostpilz nur in Extremfällen.
Beim Birnengitterrost scheiden sich die Geister. Bringt der Pilz ganze Birnbaumbestände zum Absterben oder ist er nur ein „Stressfaktor“ unter vielen? Soll man zur Bekämpfung Zierwacholder in Gärten verbieten oder reichen Appelle an Baumschulen und Gartenbesitzer? Mehr →
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