Sonnenblumen - Foto: Helge May
Immer dem Lauf der Sonne folgend
Nicht nur Tomate und Tabak sind es, auch die Sonnenblume ist eine Amerikanerin
„Schon neigte sich die Sonne demjenigen Theile der Rocky-Mountains, welcher die Grenze zwischen Nebraska und Oregon bildet, zu, und noch immer ließ sich keine Senkung der mit gelbblühenden Helianthus übersäeten Ebene wahrnehmen. Das Pferd bedurfte der Ruhe; ich selbst war müde, und so sehnte ich mich je länger desto mehr nach New-Venango, wo ich mich von langer Wanderung einmal einen ganzen Tag lang gehörig ausruhen und die ziemlich alle gewordene Munition wieder ergänzen wollte.“
Heimat Rocky Mountains
Zwar ist er nie selbst dort gewesen, aber was Karl May da in seinem Abenteuerroman „Old Firehand“ schreibt, ist ganz richtig recherchiert. Tatsächlich stammen die meisten der mehr als 60 verschiedenen wild wachsenden Sonnenblumenarten – wissenschaftlich Helianthus – aus den Rocky Mountains in den USA. Der Bundesstaat Kansas hat die Sonnenblume sogar zu seiner Nationalblume erklärt. Die bekannteste Sonnenblume allerdings, die goldgelbe „Einjährige Sonnenblume“ Helianthus annuus ist weiter im Süden beheimatet, in Mexiko und hinunter bis nach Peru. Bereits die Atzeken verehrten die Sonnenblume, die Priesterinnen ihrer Sonnentempel waren mit Sonnenblumen gekrönt.
Wenige Jahrzehnte nach der „Entdeckung“ Amerikas durch Kolumbus brachten spanische Seefahrer die ersten Sonnenblumen nach Europa. Dass die Sonnenblume nicht nur eine angenehme Erscheinung, sondern auch nützlich ist, fand man bald heraus. Es dauerte aber rund 300 Jahre, bis Sonnenblumen dann im 19. Jahrhundert in Europa großflächig zur Ölgewinnung angebaut wurden – zunächst in Russland übrigens. Auch heute liegen die größten Anbaugebiete in Osteuropa, außerdem in Frankreich und natürlich in Nordamerika.
Die Sonnenblume hat nicht nur ein sonnenähnliches Aussehen. Sie gehört auch zu denjenigen Pflanzen, die ihren Blütenstand nach dem Stand der Sonne ausrichten können. Verantwortlich dafür ist ein spezieller Stoff, der die Pflanze auf der beschatteten Seite stärker wachsen lässt, so dass der Stängel sich gegen die Sonne hin wendet. Im Garten und auf dem Acker werden Sonnenblumen zwei bis drei Meter hoch, wobei es inzwischen hunderte Sorten gibt, von zwergwüchsigen, bei denen der riesige Blütenstand fast die Erde berührt, bis hin zu wahren Riesen. Manche Gartenbesitzer ziehen mit der richtigen Sorte, viel Dünger und einem Stützgerüst sogar über sieben Meter hohe Exemplare.
Hoher Wasser- und Nährstoffbedarf
Die Kerne kann man ab April in Pflanztöpfe oder mit mindestens 50 Zentimeter Abstand direkt ins Freiland aussäen. Auch Sonnenblumenkerne aus Vogelfutter keimen meist gut aus, die Sortenvielfalt ist hinsichtlich Größen und Farben aber so faszinierend vielfältig, dass man ruhig einige wenige Euro für besonders schöne Sorten investieren sollte. Sonnenblumen brauchen reichlich Wasser und haben einen großen Nährstoffbedarf, vor allem Stickstoff wird benötigt. Sonnenblumen blühen ausdauernd von Juli bis in den Oktober hinein. Wer von einem besonderen Prachtexemplar Kerne zur Vermehrung gewinnen möchte, sollte rechtzeitig vor Einsetzen der Samenreife ein Netz über die Blütenscheibe spannen, damit die Vögel nicht schneller sind.
Sonnenblumenkerne bestehen in etwa zur Hälfte aus hochwertigem Öl, außerdem sind rund 15 Prozent Eiweiß enthalten, dazu unter anderem Lezithin und Vitamine. Sonnenblumenöl enthält zwei Drittel ungesättigte Fettsäuren, also solche, die der menschliche Körper zwar benötigt, aber nicht selbst herstellen kann. Daher auch die Bezeichnung „essentielle Fettsäuren“. Man kann das mild schmeckende Sonnenblumenöl zwar hoch erhitzen und zum Beispiel als Frittieröl benutzen. Den Inhaltsstoffen tut das aber nicht gut. Das gilt besonders für das etwas teurere kalt gepresste Sonnenblumenöl, das hervorragend zu kalten Speisen und zu Salaten passt. Äußerlich lässt sich Sonnenblumenöl beziehungsweise eine fein gemahlene Paste aus den Kernen zur Beseitigung von Hautunreinheiten anwenden.
Erdbirnen als Kartoffelersatz
Ebenfalls zu den Sonnenblumen gehört der Topinambur, auch als Erdbirne oder Rossapfel bekannt. Der wissenschaftliche Name Helianthus tuberosus (= knollenförmig) weist auf die Besonderheit dieser kleinblütigen Sonnenblumenart hin, sie bildet nämlich recht ansehnliche Wurzelknollen aus. Die stärke- und zuckerhaltigen Topinamburknollen nutzte man bereits in seiner amerikanischen Heimat. Anfang des 17. Jahrhundert kam der Topinambur nach Europa und noch vor hundert Jahren wurde die „Erdbirne“ in vielen Regionen als Kartoffelersatz angebaut. Heute findet man Topinambur am ehesten in von Jagdpächtern angelegten Wildäckern, vor allem Wildschweine sind große Topinamburliebhaber. Mancherorts wird aus den Knollen auch ein Verdauungsschnaps gebrannt.
Der Topinambur-Anbau kann mit Problemen verbunden sein, denn die Knollenpflanzen verwildern sehr leicht und vor allem an Flussufern können sich Massenbestände bilden. Allerdings sind nach Einschätzung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), die Auswirkungen auf die heimische Tier- und Pflanzenwelt „geringer, als es auf den ersten Blick scheint, vor allem, wenn sie an die Stelle auch sonst artenarmer Hochstaudenfluren treten.“ Das Ausbringen von gebietsfremden Pflanzen ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz grundsätzlich nicht ohne Genehmigung erlaubt. „Wegen der begrenzten Fernausbreitung an gewässerfernen Stellen ist jedoch nicht jeder Verzicht auf die Anwendung dieser alten Nutzpflanze notwendig“, so das BfN weiter. Lediglich in der Nähe von Gewässern sollte aber die Anlage von Wildäckern und das – ohnehin illegale – Ausbringen von Gartenabfällen mit Topinamburknollen vermieden werden.
Helge May
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