Die Grüne Stinkwanze gehört zu unseren häufigsten Wanzenarten - Foto: Helge May
Bunte Stinker auf dem Vormarsch
Die vielfältige Welt der heimischen Wanzen
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Kohlwanzen gibt es in Kombination mit der schwarzen Grundfarbe in rot, in weiß und in gelb. - Foto: Helge May
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Ebenfalls sehr häufig: Lederwanzen - Foto: Helge May
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Die auffälligen Streifenwanzen halten sich gern auf Wilden Möhren auf - Foto: Helge May
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Schildwanzen findet man oft in Getreideäckern - Foto: Helge May
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Die Grüne Reiswanze ist ein Neubürger - Foto: Helge May
So eine Brombeerhecke ist eine feine Sache. Sie erfreut nicht nur mit ihren oft monatelang immer wieder neu aufbrechenden weißen und rosa Blüten und im Hochsommer mit aromatischen Früchten. Die Hecke, oder sagen wir: das Brombeergestrüpp, zieht auch fast das ganze Jahr über zahlreiche Insekten und andere Kleintiere an.
Brombeeren wachsen fast überall, an Waldrändern, auf Brachen oder in den etwas verwilderten Teilen von Parks. Man muss deshalb keine große Expedition planen, um Radnetz- und Jagdspinnen, Weberknechte, Heupferde, Keulen- und Strauchschrecken, Marienkäfer, Falter, Schwebfliegen und Wildbienen zu beobachten.
Vielfalt auf der Brombeerhecke
Zu den Brombeerbesuchern und -bewohnern gehören auch zahlreiche Wanzen. Neben Gartenwanzen, Rotbeinigen Baumwanzen und Grünen Stinkwanzen tummeln sich hier vor allem die stattlichen Lederwanzen in großer Zahl. Wie bei vielen Wanzenarten kommen erwachsene Tiere und Larven der braunen Lederwanze oft gleichzeitig vor. Wanzen gehören zu den Sechsbeinern mit sogenannter unvollständiger Verwandlung. Anders als bei Käfern oder Schmetterlingen gibt es also kein Puppenstadium, aus dem das fertige Insekt hervorgeht.
Dem Wanzenei entschlüpft eine winzige Larve, die sich in der Folge fünfmal häutet, dabei immer größer und der erwachsenen Wanze immer ähnlicher wird. Die Ähnlichkeit ist allerdings relativ. Gerade hinsichtlich Farbe und Zeichnung unterscheiden sich die einzelnen Larvenstadien untereinander und zum erwachsenen Tier oft enorm - was andererseits die Vielfalt der Entdeckungen und die Freude an der Brombeerhecke noch einmal erhöht.
Zweigeteilte Flügel
Die fertige Wanze zeichnet sich vor allem durch ihre deutlich sichtbaren Flügel aus. Ausnahmen bestätigen die Regel, es gibt auch sehr kurzflüglige oder flügellose Arten. Anders als die komplett verhärteten Deckflügel der Käfer sind die oben liegenden Vorderflügel der Wanzen vorne ledrig und hinten häutig. Zweiter Unterschied: Wanzen haben keine Beiß- und Kauwerkzeuge, dafür aber einen mehrteiligen Rüssel, das Rostrum. Im Normalbetrieb klappt die Wanze das Rostrum unter dem Körper nach hinten, so dass es nicht zu sehen ist, wenn man von oben auf eine Wanze schaut.
Weltweit gibt es rund 40.000 Wanzenarten, in Deutschland sind es knapp 1.000. Tendenz zunehmend, denn der Klimawandel lässt Arten wie die auf Faulbaum und Wildrosen lebende mediterrane Randwanze Gonocerus acuteangulatus ihr Areal stark nach Norden ausdehnen. Auch die einst nur in Süddeutschland beheimatete, attraktiv schwarz-rote Streifenwanze findet sich heute im Sommer fast überall, besonders gerne auf weißen Doldenblütlern wie Kälberkropf oder Bärenklau. Wohl mit Gemüse bei uns eingeschleppt wurde die Grüne Reiswanze. Ebenfalls neu angekommen ist die Platanen-Gitterwanze, die unter den Rindenschuppen der Platanen in städtischen Alleen lebt.
Auf Flüssignahrung angewiesen
Wanzen besiedeln nahezu alle Lebensräume, eine Art kommt sogar auf dem offenen Meer vor. Auch die vom Gartenteich bekannten Wasserläufer, Rückenschwimmer und Wasserskorpione gehören zu den Wanzen. Bei uns findet man Wanzen auf Gräsern ebenso wie auf Sträuchern und Bäumen oder in der Bodenstreu. Vegetarische Wanzen gibt es ebenso wie Aasfresser, Räuber und Gemischtkostler. Allen gemein ist, dass sie nur Flüssignahrung zu sich nehmen können. Ein erbeutetes Insekt wird daher zunächst mit dem Rostrum angestochen, dann spritzt die Wanze Verdauungsflüssigkeit ein, so dass sich ein Nahrungsbrei bildet, der dann eingesogen wird. Einige Raubwanzen, erkennbar am schlanken Körperbau und den besonders kräftigen Vorderbeinen, können sogar die menschliche Haut durchstechen.
Die Lederwanze von der Brombeerhecke wiederum ist ein reiner Pflanzenfresser. Im Frühjahr saugen Larven und Erwachsene vor allem an Sauerampferblättern, im Sommer gehen sie gerne an die reifen Brombeeren. Es ist kein Vergnügen, irrtümlich eine von Lederwanzen oder der Verwandtschaft angefressene Brombeere zu kosten, denn der hinterlassene Verdauungssaft schmeckt muffig bitter.
Duftige Kommunikation
Ähnlich verhält es sich mit dem Warnsekret, das in die Enge getriebene Wanzen absondern. Wanzen kommunizieren stark über Duftstoffe, die für unser menschliches Empfinden bei den meisten Arten eher Stinkstoffe sind. So geben die Larven ein Gemeinschafts-Pheromon ab, das zur Bildung großer Gruppen führt. Ein anderer Duftstoff entströmt, wenn Gefahr im Verzug ist, so dass die Larven schleunigst in alle Richtungen davonlaufen.
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Die winzige Lindenwanze stammt aus dem Mittelmeerraum, erreichte 2004 den Oberrhein und ist inzwischen bis ins Münsterland und nach Berlin vorgedrungen, die nördlichste Beobachtung stammt sogar aus Bad Schwartau. - Foto: Helge May
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Lindenwanzen an junger Linde - Foto: Helge May
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Gemeine Feuerwanzen - eine alteingesesse Art und deutlich größer als Lindenwanzen - am Fuß einer Linde - Foto: Helge May
Besonders große Ansammlungen von Larven und erwachsenen Tieren findet man bei der Feuerwanze, einer unserer häufigsten Arten. Die kurzflügligen Feuerwanzen überwintern in der Bodenstreu oder in Mauerritzen und trauen sich bei sonnigem Wetter bereits im Februar oder März nach draußen. Wie bei vielen Wanzenfamilien stehen Männchen und Weibchen bei der Begattung im Frühjahr voneinander abgewandt. Feuerwanzen haben eine Vorliebe einerseits für Malven, andererseits für Linden. An Lindenstämmen sieht man sie oft in großen Scharen zu Hunderten sitzen. Schäden richten sie auch in dieser Menge keine an. Neuerdings leistet ihnen dort immer öfter die klimawandelbedingt aus dem Mittelmeeraum eingewanderte Lindenwanze Gesellschaft.
Helge May
Wieder im Kommen: die Bettwanze
Es ist noch nicht ganz so schlimm wie mit den Kopfläusen, aber auch die gefürchtete Bettwanze scheint wieder zurückzukehren. Alleine in Berlin wurden im vergangenen Jahr fast 200 Fälle gemeldet. Bettwanzen gehören zu einer kleinen Gruppe parasitär lebender Wanzenarten. Sie befallen Säugetiere – darunter den Menschen – und saugen ihnen Blut ab. Tagsüber verstecken sich die extrem flach gebauten Bettwanzen in Matratzen, unter Tapeten, an Steckdosen oder hinter Bilderrahmen. Nachts gehen sie dann auf Wanderschaft und hinterlassen nach ihrer mehrminütigen Blutmahlzeit rote, rund eine Woche lang juckende Quaddeln auf der Haut.
Die Bettwanze galt in Deutschland praktisch als ausgerottet. Dank der deutschen Reisefreudigkeit wird sie aber immer öfter aus Asien und Osteuropa wieder eingeschleppt.
Mehr über Wanzen
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