Der Kleine Kohlweißling, hier an einer Prunkwinde, ist einer unserer häufigsten Schmetterlinge. - Foto: Helge May
Scharf auf Senf
Mit den richtigen Raupen- und Nektarpflanzen lassen sich Weißlinge im Garten ansiedeln und beobachten
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Das Männchen des Kleinen Kohlweißling hat nur zwei kleine Flügelflecken, das Weibchen vier - Foto: Helge May
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Weiblicher Kleiner Kohlweißling - Foto: Werner Knoth/www.naturgucker.de
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Frische Puppe des Kleinen Kohlweißlings - Foto: Jürgen Gehnen/www.naturgucker.de
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Puppe des Kleinen Kohlweißlings - Foto: Beatrice Jeschke/www.naturgucker.de
Egal, ob Rotkohl oder Weißkohl, Wirsing, Kohlrabi oder Rosenkohl: Wer im Garten Kohl anpflanzt und dabei einige wenige Pflanzen als „Schmetterlingsopfer“ reserviert, kann hoffen, dass hier Kohlweißlinge ihre Eier hinterlassen. Eine schöne Alternative zum Gemüsebeet sind Kräuterspiralen, die sich speziell auf die Bedürfnisse verschiedener Schmetterlingsarten abstimmen lassen.
Während die grünen Raupen des Kleinen Kohlweißlings eher Einzelgänger sind, legt der Große Kohlweißling seine Eier in größeren Gruppen ab. Dementsprechend treten auch die gelb-schwarzen Raupen in Mannschaftsstärke auf und können innerhalb weniger Wochen einen ganz Kohlkopf verzehren.
Kresse, Raps und Rauke
Kohlweißlinge sind also Kulturfolger. Einst mussten sie sich mit Meerkohl und einigen anderen Wildpflanzen begnügen. Der Mensch hat ihnen zusätzlich zahlreiche Kulturpflanzen beschert. Dabei beschränkt sich der Große Kohlweißling strikt auf Kohlsorten und Kapuzinerkresse. Der Kleine Kohlweißling ist flexibler, seine Raupen fressen auch an Raps, Ackersenf, Rauke und mehr.
Botanisch handelt es sich fast ausnahmslos um sogenannte Kreuzblütler, zu erkennen an vier meist eher schmalen Blütenblättern, die in Kreuzform angeordnet sind. Gemeinsam ist ihnen, dass sie wie die Kapuzinerkresse Senföle enthalten. Genauer gesagt einen Ausgangsstoff, der erst bei Blattverletzungen mithilfe eines Enzyms zu Senföl wird.
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Raupen des Großen Kohlweißlings an Kapuzinerkresse - Foto: Helge May
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Weibchen des Großen Kohlweißlings an Sommerflieder (Buddleia). Der schwarze Flügelspitzenrand reicht außen bis fast zur Flügelmitte. - Foto: Helge May
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Puppe des Großen Kohlweißlings, der Falter zeichnet sich bereits deutlich ab - Foto: Benjamin Franke/www.naturgucker.de
Für die meisten Tiere sind Senföle giftig, sie fungieren daher als Fraßschutz. Auch wir vertragen diese Stoffe nur begrenzt, weshalb zum Beispiel moderne Rapssorten mit verringertem Senfölgehalt gezüchtet wurden. Die Kohlweißlingraupen haben sich an die Senföle angepasst und lagern diese teils in ihrem Körper ab. Sie finden sich sogar in den fertigen Faltern. So wird aus dem Fraßschutz der Pflanzen einer der Schmetterlinge.
Auf die Flügelspitzen schauen
Zwar sind Große Kohlweißlinge im Schnitt tatsächlich etwas größer als die Kleinen. Aber das ist kein sicheres Unterscheidungsmerkmal. Eher hilft der Blick auf die schwarzen Flügelspitzen. Diese ziehen sich beim Großen Kohlweißling bis zur Flügelmitte, beim Kleinen sind sie deutlich kürzer. Je älter ein Falter wird, desto mehr nutzen sich diese aus kleinen Schuppen bestehenden Merkmale aber ab. Auch zeigen sie sich bei der Frühjahrsgeneration deutlicher als bei den folgenden.
Ähnliches gilt für den nahe verwandten Grünader-Weißling, dessen sicherstes Merkmal die olivgrünen Äderchen auf der Flügelunterseite sind. Er mag es etwas schattiger als die Kohlweißlinge, seine Raupen fressen gerne an Knoblauchsrauke.
Neuling aus dem Süden
Etwas knifflig wird es mit dem Vierten im Bunde, dem Karstweißling. Diese südeuropäische Art breitet sich erst seit wenigen Jahren bei uns aus, hier können also selbst erfahrene Naturfreund*innen noch etwas Neues entdecken. Die Länge seiner Flügelspitzenflecke liegt zwischen Großem und Kleinem Kohlweißling. Dafür hat er recht große und nahezu eckige Vorderflügelflecke, während die der Kohlweißlinge rundlich sind.
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Der Karstweißling sieht dem Kleinen Kohlweißling sehr ähnlich - Foto: René Bürgisser/www.naturgucker.de
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Besser erkennbar ist der Grünaderweißling, bei der Frühjahrsgeneration sind die Adern auf der Flügelunterseite besonders deutlich - Foto: Helge May
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Raupe des Grünaderweißlings auf Knoblauchsrauke. Der fehlende dünne gelbe Rückenstreifen unterscheidet sie von der Raupe des Kleinen Kohlweißlings. - Foto: Helge May
Aus dem Süden hat der Karstweißling etwas andere Nahrungsvorlieben mitgebracht. Neben wilder Rucola, also Schmalblättrigem Doppelsamen, fressen seine Raupen vor allem an Schleifenblumen (Iberis). Es lohnt sich, die beliebten, weiß blühenden Steingartenpflanzen gelegentlich nach kleinen Raupen abzusuchen. Im Jugendstadium sind die Karstweißlingraupen gut an ihren schwarzen Köpfchen zu erkennen, später sehen sie wie Doppelgänger des Kleinen Kohlweißlings aus.
Hauptsache rot
Die Verwandlung zum Falter geschieht bei den Weißlingen in sogenannten Stützpuppen, die sich mit einem Gürtel an Pflanzenstängeln verankern. Gerne wird als erhöhter Punkt auch eine Hauswand erklettert.
Während für die Raupen die Senföle wichtig sind, haben die Falter ganz andere Vorlieben. Das Spektrum der besuchten Arten ist recht groß, dabei werden rote Blüten bevorzugt, was wohl mit dem Sehvermögen der Tiere zu tun hat. Besonders beliebt sind Disteln, Rotklee und Blutweiderich.
Helge May
Erkennen und melden
Die zoologisch kleinste Einheit oberhalb der Art ist die Gattung. So gehören Kleiner und Großer Kohlweißling, Grünader-Weißling und Karstweißling sowie der bei uns nur in den Alpen vorkommende Bergweißling zur gleichen Gattung. In der erweiterten Verwandtschaft, der Familie der Weißlinge, kommen noch Arten wie Resedafalter, Baumweißling oder Aurorafalter hinzu.
Insekten sind oft nicht ganz einfach zu bestimmen, vor allem, wenn sie sich vielleicht nur ganz kurz blicken lassen. Bei Mitmachaktionen wie dem Insektensommer trägt man deshalb bei unklarer Bestimmung ins Beobachtungsformular statt der Art die gröbere Angabe „Weißling (unbestimmt)“ ein. Auch Wissenschaftler*innen machen das so. Es ist also kein Beinbruch und allemal besser als nur „Schmetterling“ oder die Beobachtung ganz unter den Tisch fallen zu lassen.
Wer im NABU-Naturgucker Fotos seiner Beobachtungen hochlädt – hierzu ist eine kostenlose Registrierung nötig –, kann übrigens mit einem Klick auf „Artvorschläge“ eine automatische Erkennungshilfe nutzen. Diese ist auf die 100 häufigsten Tagfalter trainiert und liefert zum Foto mit prozentualer Wahrscheinlichkeit versehene Vorschläge.
Die Arten im Einzelnen
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