Taubenschwänzchen mit eingerolltem Rüssel - Foto: Frank Derer
Das Taubenschwänzchen wird zunehmend in Deutschland heimisch
Der Kolibri, der ein Schmetterling ist
„Ich habe heute an unseren Geranien einen Kolibri gesichtet. Er flatterte mit blitzschnellem Flügelschlag vor einer Blüte, saugte im Flugstillstand und zisch – war er wieder weg. Kann das sein?“ Seit einigen Jahren häufen sich beim NABU Anrufe dieser Art. Doch amerikanische Kolibris wird man auch bei uns vergebens suchen. Es ist ein Schmetterling, genannt Taubenschwänzchen, der da kolibrigleich von Blüte zu Blüte schwirrt.
Taubenschwänzchen sind Wanderfalter, die immer wieder aus dem Mittelmeerraum zu uns kommen und in zunehmender Zahl auch bei uns überwintern. Selbst auf Alpengletschern wie dem oberösterreichischen Dachsteingletscher wurden schon Tiere nach Norden fliegend beobachtet, in der Schweiz in Höhen bis 2.500 Meter.
Schwirrflug von Blüte zu Blüte
Das Taubenschwänzchen – wissenschaftlich Macroglossum stellatarum – gehört zu den Schwärmern, einer Gruppe eigentlich nachtaktiver Schmetterlinge. Es fliegt aber auch tagsüber vor allem Blüten mit langem Kelch an, weil es da den Vorteil seines gut drei Zentimeter langen Saugrüssels gegenüber kurzrüssligen Insekten am besten ausspielen kann. Gerne kommen die Taubenschwänzchen in Gärten, wo sie an Geranien, an Lichtnelken, Phlox und Sommerflieder Nektar tanken. Selbst bei Regen ist das Taubenschwänzchen im Gegensatz zu vielen anderen Insekten aktiv. An besonders heißen Tagen meiden sie die Mittagszeit und fliegen vor allem morgens und in den Abendstunden bis in die Nacht hinein.
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Die Verteilung der Taubenschwänzchen-Beobachtungen auf NABU-naturgucker.de von Anfang 2024 bis zum 25. März zeigt, dass die Falter vor allem entlang von Rhein, Main und Neckar überwintert haben.
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Ungewöhnlicher Anblick: Taubenschwänzchen an Schneeglöckchen, aufgenommen Anfang Februar 2024 im nordhessischen Eschwege - Foto: Rainwer Olssok/NABU-naturgucker.de
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Mit komplett weggeklapptem Rüssel sieht das Taubenschwänzchen richtig kuschlig aus. - Foto: Kerstin Kleinke/www.naturgucker.de
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Auch ein Taubenschwänzchen ruht sich mal aus. - Foto: Gerhard Schmidt/www.naturgucker.de
Das Taubenschwänzchen erscheint tatsächlich wie ein Kolibri, weil es sehr schnell und wendig fliegt. Vor jeder Blüte bleibt es kurz im leicht brummenden Schwirrflug stehen und wechselt dann zur nächsten Blüte. So kann es in fünf Minuten mehr als hundert Blüten besuchen. Jeder zu lange Stopp führte zu einem Auskühlen der Flugmuskulatur. Zudem bietet der Schwirrflug einen überlebenswichtigen Vorteil. Da immer eine ausreichende Distanz zwischen Insekt und Blüte bleibt, ist das Taubenschwänzchen gut vor getarnten Fressfeinden wie der Krabbenspinne geschützt.
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Vogelähnlich ist auch die Gestalt, insbesondere der breite, schwarz-weiß gezeichnete Hinterleib, der einem Federschwanz ähnelt. Die scheinbaren Federn sind jedoch verlängerte Schuppen, mit deren Hilfe Taubenschwänzchen beim Schweben vor den Blüten ausgezeichnet steuern können. Verwechseln kann man das Taubenschwänzchen bei genauem Hinsehen kaum.
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Am ähnlichsten sind noch die Gammaeule – da sie auch im Flug saugt, sich dabei aber mit den Füßen an den Blüten festhält – und der Hummelschwärmer, der im Unterschied zum Taubenschwänzchen durchsichtige Flügel hat. Dank ihrer hervorragenden Flugeigenschaften legen Taubenschwänzchen Wanderungen bis zu 2.000 Kilometern zurück und gelangen so bis nach Skandinavien.
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Taubenschwänzchen bei der Eiablage - Foto: Stella Mielke/www.naturgucker.de
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Einzelnes Taubenschwänzchen-Ei an Labkraut - Foto: Gaby Schulemann-Maier/www.naturgucker.de
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Taubenschwänzchen-Raupe frisst an Echtem Labkraut - Foto: Reinhard Lehne/www.naturgucker.de
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Vollständig ausgewachsene Taubenschwänzchenraupe, kurz vor der Verpuppung - Foto: Gerhard Kleinschrod/www.naturgucker.de
Außergewöhnlich: Taubenschwänzchen waren 2022 besonders häufig
Auf der Suche nach nahrhaftem Nektar ließen sich im Sommer 2022 in den Gärten besonders viele der auffälligen Taubenschwänzchen beobachten. Gegenüber den Vorjahren hatten sich die Beobachtungen vervielfacht. Bei der ersten Etappe der Insektensommer-Aktion des NABU wurden Anfang Juni vor allem im Süden und Südwesten Deutschlands zahlreiche der tagaktiven Nachtfalter gezählt. So notierten Naturfreundinnen und -freunde in Bayern und Baden-Württemberg Taubenschwänzchen an nahezu jedem fünften Beobachtungsort.
Selbst bei Google hinterließen die Taubenschwänzchen Spuren. Dort wurde dreimal so oft wie in den letzten Sommern nach dem Falter gesucht – auch in der Kombination mit „stechen“ und „gefährlich“. Dabei sind Taubenschwänzchen völlig harmlos. Der vermeintliche Stachel ist ein Saugrüssel, ausgestreckt immerhin drei Zentimeter lang. Damit lässt sich Nektar selbst aus sehr tiefen Blüten holen. Was auch die Google-Frage „Taubenschwänzchen anlocken?“ beantwortet: Bevorzugt werden Blumen mit langem Blütenkelch wie Phlox, Fuchsien, Lichtnelken oder Sommerflieder.
Taubenschwänzchen sind Wanderfalter und fliegen im Frühjahr aus dem Mittelmeerraum nach Norden. Erst seit etwa 20 Jahren überwintern bedingt durch den Klimawandel einige Falter auch bei uns, wo sie ab März ihre Eier an Labkraut ablegen. Gegen Mitte Juni schlüpft dann die neue Taubenschwänzchen-Generation. Die so zahlreichen Gartenbesucher im Frühsommer waren also Nachkommen der Überwinterer, während die Nachkommen der Einwanderer erst im Juli und August erschienen. Offenbar waren die Überwinterungsbedingungen 2022 besonders gut und auch die Raupen hatten reichlich zu knabbern.
Viele Taubenschwänzchen ziehen weiter nach Norden und bilden im Laufe des Sommers mindestens eine weitere Generation. Da die Raupen weniger auffällig als die Falter sind, gingen die Beobachtungen 2022 ab Ende Juni deutlich zurück. In den letzten Julitagen begann die Kurve dann wieder nach oben zu zeigen; deutliches Zeichen, dass langsam die Hochsommer-Generation zu fliegen begann.
Die Tiere überwintern als voll entwickelte Schmetterlinge – als einzige Schwärmer-Art –, vertragen dabei aber keinen Frost. Inzwischen überwintern Taubenschwänzchen auch in einigen milden Regionen Süddeutschlands, vor allem in den Flusstälern, so dass man einzelnen Exemplaren in jedem Monat des Jahres begegnen kann. Die Überwinterer legen im März ihre Eier an Labkräutern ab, von denen sich später die Raupen ernähren. Gegen Mitte Juni schlüpft dann die erste neue Faltergeneration des Jahres.
Einwanderungswelle im Frühjahr
Die Mittelmeer-Taubenschwänzchen wiederum kommen je nach aktueller Populationsgröße und den klimatischen Bedingungen in mehr oder minder großen Einwanderungswellen frühestens Ende April zu uns. Deren Nachwuchs schlüpft gegen Mitte bis Ende Juli, so dass im Laufe des Sommers sowohl Mittelmeer-Taubenschwänzchen wie auch in Deutschland geborene Tiere auftreten und dabei immer weiter nach Norden wandern. Wie viele Generationen pro Jahr das Taubenschwänzchen in Deutschland ausbildet, ist noch ungeklärt; in Südeuropa sind es immerhin drei bis vier. (elg)
Wer Taubenschwänzchen oder andere Wanderfalter wie Admiral, Großer Fuchs, Distelfalter, Gammaeule oder Windenschwärmer sieht, kann seine Beobachtungen online im NABU-Naturgucker.de melden. Dort gibt es auch umfassende Informationen zu den Arten.
- Aktuelle Taubenschwänzchen-Beobachtungen und Bilder im NABU-Naturgucker
- Eigene Taubenschwänzchen-Beobachtungen im NABU-Naturgucker online melden
- Taubenschwänzchenfotos aus allen Lebensstadien im Wiki des Lepiforums
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