Schmetterling, Käfer und Wildbiene haben eine unersetzliche Rolle in unserer Natur. Doch ihre Zahl geht immer mehr zurück. Helfen Sie mit einer Patenschaft, gegen das Insektensterben!
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Kunstlicht verwirrt Vögel und Insekten
Der Vollmond war lange Zeit das hellste nächtliche Licht, doch längst überstrahlen Straßenlaternen oder Flutleuchten die Himmelskörper. Die Nachthelligkeit nimmt inzwischen weltweit um zwei bis sechs Prozent pro Jahr zu. Das haben Wissenschaftler*innen anhand von Satellitendaten und lokalen Messungen errechnet. Mit speziellen Geräten erheben sie an verschiedenen Orten auf der Erde, wie viel Sternenlicht überhaupt noch bei uns ankommt. Daraus lässt sich ableiten, in welchem Maße künstliche Lichtquellen unsere Nächte ausleuchten. „Global gesehen wird es kontinuierlich heller“, sagt Sibylle Schroer vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und warnt: „Unsere natürlichen Lichtverhältnisse sind in Gefahr.“
Lichtdom über der Stadt
Bei künstlichem Licht, das nicht unbedingt notwendig ist, sprechen Wissenschaftler*innen von Lichtverschmutzung. Ein schlecht eingestellter Bewegungsmelder, helle Straßenlaternen, Schaufenster oder Fassadenstrahler tragen zu dieser Art von Umweltbelastung bei. Durch Reflexion in der Atmosphäre bilden sich über vielen Städten sogenannte Lichtdome, und es wird gar nicht mehr richtig dunkel.
In der Geschichte der Erde ist das etwas vollkommen Neues. Erst seit ungefähr 150 Jahren machen künstliche Lichtquellen dem Mond und den Sternen zunehmend Konkurrenz. Das beeinflusst auch die Natur. „Pflanzen, Tiere und Menschen sind einem Tag-Nacht-Rhythmus unterworfen“, sagt Schroer. Und der kann durch zu viel Beleuchtung empfindlich gestört werden.
Gefahr für Insekten
Besonders deutlich zeigt sich das bei den Insekten. Sie werden von Straßenlaternen oder hellen Schaufenstern regelrecht angezogen und umkreisen die Lichtquellen, bis sie vor Erschöpfung sterben. Schroer spricht vom Staubsaugereffekt, der jede Nacht unzähligen Sechsbeinern das Leben kostet. Künstliches Licht verändert auch das Verhalten der Insekten, wie Studien zeigen. Bei Nachtfaltern habe man nachgewiesen, dass die Vielfalt der gesammelten Pollen und die Fortpflanzungsaktivität der Weibchen in der Nähe der Lichtquellen abnimmt, erklärt Schroer. Auch viele Wasserinsekten lassen sich von Lampen irritieren. So halten Eintagsfliegen beleuchtete Asphaltflächen mitunter für Wasser und legen ihre Eier irrtümlich auf dem trockenen Boden ab. „Einige Insektenarten gehen stark zurück, auch aufgrund der nächtlichen Beleuchtung“, so Schroer.
Vögel orientieren sich maßgeblich am Wechsel von hell und dunkel. Tag und Nacht bestimmen ihre Schlaf- und Wachphasen. Eine Studie aus Leipzig zeigt, dass Amseln in stark beleuchteten Gebieten morgens bis zu drei Stunden früher singen als ihre Artgenossen in dunkleren Bereichen. Zugvögel werden durch künstliches Licht mitunter so stark irritiert, dass sie direkt auf beleuchtete Hochhäuser, Brücken oder Funktürme zufliegen. Sie sterben beim Zusammenprall oder umkreisen die Objekte lange. Dabei verlieren sie wertvolle Zeit und Kraft auf ihrer Reise. Auch viele andere Tiere – von Amphibien über Fische bis zu nachtaktiven Säugetieren – werden von der Lichtverschmutzung beeinflusst. Zu viel künstliches Licht schadet auch dem Menschen: Wir schlafen schlechter ein oder wachen nachts auf, wenn es zu hell ist.
Einfach ausschalten
Die gute Nachricht: Lichtverschmutzung lässt sich schnell und einfach beseitigen. Einmal auf den Schalter drücken, und schon ist es wieder dunkel. Kommunen können sich das bei ihrer öffentlichen Beleuchtung zunutze machen. Stefan Kress vom NABU Stuttgart empfiehlt, die Straßenlaternen ab einer bestimmten Uhrzeit zu dimmen oder auszuschalten. Vor allem die energiesparenden LED-Leuchten seien oft viel zu hell eingestellt. „Man könnte sie um zwei Drittel dimmen, ohne dass es die Menschen wahrnehmen würden“, so Kress. Besser als neutralweiße sind warmweiße oder gelbliche LEDs. Sie ziehen Insekten weniger stark an und werden auch von Menschen als angenehmer empfunden.
Vor der Garage, auf dem Balkon oder im Garten kann jede*r für mehr Dunkelheit sorgen. „Hausnummern beispielsweise sollten nicht zu grell beleuchtet und Bewegungsmelder richtig eingestellt sein“, empfiehlt Schroer. Vermeintlich umweltfreundlich, für viele Tiere aber problematisch, sind solarbetriebene Dekoleuchten für den Balkon oder Garten. Weil sie in alle Richtungen strahlen, locken sie Insekten besonders stark an und stören andere nachtaktive Tiere. „Bei Kugelleuchten im Garten kommen bis zu 30 Lux am Boden an“, so Kress. Zum Vergleich: Die Lichtintensität einer Vollmondnacht liegt bei 0,1 bis 0,3 Lux.
Nicht nach oben richten
Zudem leuchten die Solarlampen meist unkontrolliert viele Stunden lang, bis der Akku leer ist, und erhellen so die Nacht. Effektvoll, aber nicht ökologisch, sind auch angestrahlte Hausfassaden oder Bäume. „Nach oben gerichtetes Licht zu Dekorationszwecken sollte man besser vermeiden“, empfiehlt Kress. Sind die Lampen ausgeschaltet, dann ist endlich wieder der Sternenhimmel zu sehen. An einem warmen Sommerabend ist das ohnehin stimmungsvoller als künstliches Licht.
Ann-Kathrin Marr (Naturschutz heute 3/21)
Externe Links
- Projekt „Artenschutz durch umweltverträgliche Beleuchtung“
- Interdisziplinäres Projekt „Verlust der Nacht“ (beendet)
- BFN-Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Außenbeleuchtungsanlagen (PDF)
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