Schmetterling, Käfer und Wildbiene haben eine unersetzliche Rolle in unserer Natur. Doch ihre Zahl geht immer mehr zurück. Helfen Sie mit einer Patenschaft, gegen das Insektensterben!
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Viele Insektenarten sind europaweit auf dem Rückzug
Ein bisschen spinnen die Deutschen ja. Fanden jedenfalls unsere Nachbarn, als bei uns in den 1980ern plötzlich vehement über den Zustand der Wälder gestritten und geklagt wurde. „Le Waldsterben“ nannte man das Phänomen in Frankreich, ein mehr oder minder eingebildetes Problem der waldvernarrten Deutschen.
Dank massiver Investitionen vor allem in die Abgasreinigung ist auch hierzulande heute vom Waldsterben kaum mehr die Rede, bestenfalls vom „Waldzustand“ – wobei dieser zu wünschen übrig lässt. Dafür machen wir uns nun Gedanken um die Insekten. Stark befeuert hat die Diskussion die Krefelder Studie, die über 27 Jahre massive Rückgänge nachwies. Die Studie wird inzwischen weltweit diskutiert, doch keiner spricht spöttisch von „Le Insektensterben“. Die Sorge um die Zukunft der Sechsbeiner findet überall Nachhall.
Britische Insekten-Tradition
Ein wesentlicher Grund: Untersuchungen über deutliche Insektenrückgänge liegen auch in anderen Ländern vor. Die Krefelder Studie hat diese allerdings besonders eindrucksvoll bestätigt. Bei den nationalen Kartierungsprogrammen sind uns vor allem die Niederlande und Großbritannien sogar deutlich voraus. So begann das britische Butterfly Monitoring Scheme bereits 1976. Es gilt als das älteste weltweit und umfasst aktuell fast 3000 Beobachtungsstrecken. Das vergleichbare „Tagfalter-Monitoring Deutschland“ existiert erst seit 2005.
Ebenfalls vorbildlich: Auf der Insel lagen im Frühjahr 2019 bereits die Ergebnisse für 2018 vor. Die klangen zunächst einmal gut. Raritäten wie der Ameisen-Quendelbläuling und Pflaumen-Zipfelfalter kamen auf Rekordwerte. Manche häufige Arten wie die Kohlweißlinge hatten ebenfalls ein sehr gutes Jahr.
Super Bedingungen, maue Zahlen
Alles in allem belegte die Saison 2018 aber nur Rang 18 unter den bisherigen 43 Jahren. „Das ist gerademal Durchschnitt und angesichts des geradezu idealen Wetters doch enttäuschend“, meint Tom Brereton von Butterfly Conservation. „Tagpfauenauge und Kleiner Fuchs hatten sogar eines ihrer schlechtesten Jahre überhaupt. Ohnehin zeigt der Langzeittrend bei zwei Dritteln der Arten nach unten.“
Die Schmetterlingskundler befürchten zudem Spätfolgen der Sommertrockenheit. Zum Ende des Sommers waren viele Raupenfutterpflanzen verdorrt. Ein Bestandseinbruch bei Ochsenaugen oder Dickkopffaltern im neuen Jahr könnte die Folge sein, in Deutschland sah es ähnlich aus.
Manchen wird es zu warm
Auch andere Insektengruppen gehen zurück. Im März veröffentlichte britische Analysen auf der Basis von 700.000 ehrenamtlichen Beobachtungen zeigen, dass seit 1980 zahlreiche Vorkommen von Wildbienen und Schwebfliegen verschwunden sind. Nur ein kleines Häufchen – 22 von 353 untersuchten Arten – profitierte unter anderem von der Ausdehnung des Rapsanbaus, einige wohl auch von Blühstreifen.
Veränderungen in der Landwirtschaft halten die britischen Forscher für das Hauptproblem. Ebenfalls macht sich der Klimawandel bemerkbar. Im Norden der Insel beheimatete Kältespezialisten verloren besonders viel Territorium, ihnen wird es inzwischen zu warm.
Viele Mosaiksteinchen
Auch wenn die britischen Untersuchungen besonders umfangreich sind, ließen sich die Beispiele zum Insektenrückgang in Europa beliebig fortsetzen. Es sind viele kleine Mosaiksteinchen, die ein Bild ergeben. Kein vollständiges in Zeit und Raum und über alle Artengruppen hinweg, das wäre illusorisch. Wer darauf wartet, bevor Gegenmaßnahmen ergriffen werden, nimmt weitere dramatische Verluste bis hin zum wenigstens regionalen Verschwinden vieler Arten in Kauf.
Manche malen schon ein „Insectageddon“ an die Wand, das komplette Aussterben der Insekten innerhalb weniger Jahrzehnte. Das unterschätzt wohl doch die Überlebensfähigkeit dieser Tiergruppe. Längst vor einem solchen Komplettaussterben würden wir jedenfalls schmerzlich zu spüren bekommen, dass wir Menschen die Insekten mehr brauchen als diese uns.
Helge May
Wer sich insektenkundlich engagieren möchte, kann sich an den NABU-Bundesfachausschuss Entomologie wenden. Info: BFA-Entomologie@NABU.de, www.NABU.de/Entomologie.
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