Das Weinhähnchen (Blütengrille) hat sich vor allem entlang des Rheins ausgebreitet - Foto: Helge May
So sehen Gewinner aus
Tipps zur Insektenbeobachtung
Eine der inzwischen am stärksten verbreiteten Klimawandel-Profiteure ist die Streifenwanze. Sie ist zudem ganz einfach zu identifizieren und unverwechselbar. Im Frühsommer ist Paarungszeit und so sitzen die Wanzen jetzt oft typisch mit den Hinterenden zusammengekoppelt auf Doldenblütlern wie Wilder Möhre oder Giersch. Die aus dem Süden stammende Streifenwanze war einst eine Besonderheit, heute kommt sie praktisch in ganz Deutschland vor, bevorzugt an sonnigen Wegrändern und auf Brachflächen. In Gärten lässt sich der schwarz-rote Sechsbeiner gerne auf Fenchel oder Dill nieder, um an den Früchten zu saugen.
An Insekten kann man den Klimawandel im Guten wie im Bösen ablesen, weil sie meist im Alter von wenigen Wochen neuen Nachwuchs zeugen, außerdem fliegen können oder leicht vom Wind transportiert werden. Eine Buche trägt frühestens nach 20 Jahren zum ersten Mal Früchte, da dauert die Besiedlung geeigneter neuer Lebensräume entsprechend länger.
Dynamische Hüpfer
Besonders dynamisch ist die Entwicklung bei unseren Heuschrecken, mit rund 70 heimischen Arten eine überschaubare Insektengruppe. Arten wie die Weinhähnchen und Schiefkopfschrecke haben ihre Areal in wenigen Jahren stark erweitert, die einst typisch süddeutsche Langflügelige Schwertschrecke kommt bis nun weit in den Norden vor, ebenso die Sichelschrecke. Die wenigen Vorkommen der Italienischen Schönschrecke kannten nur Eingeweihte, heute ist sie in den Sandgebieten des Südwestens und Brandenburgs regelmäßig zu beobachten, wenn bei Störungen im Abflug die rötlichen Hinterflügel aufleuchten.
Auch die Feldgrille ist spürbar im Aufwind. Vor allem im Westen war der kleine schwarze Sänger selten geworden, regional ausgestorben. Von der Freude an den Grillenkonzerten wussten nur noch die Großeltern zu berichten. Inzwischen erobert die Grille verlorengegangenes Terrain zurück.
Erleben und dokumentieren
Feldgrillen überwintern als weit entwickelte Larven, so dass sie im Frühjahr in der Regel schon nach einer Häutung ausgewachsen sind und die Männchen zu singen beginnen. Wenn es Ende April in der Wiese zirpt, kann es nur eine Feldgrille sein, denn die meisten anderen Heuschrecken haben erst ab Juli Saison.
Es lohnt sich, beim Spaziergang Augen und Ohren offen zu halten. Der Klimawandel ist erlebbar. Und wer seine Beobachtungen notiert und bei der Insektensommer-Aktion oder ganzjährig unter www.naturgucker.de meldet, trägt dazu bei, unser aller Kenntnis zu vertiefen.
Nicht immer sorgt allerdings der Klimawandel für Besonderheiten, manchmal ist es einfach das Wetter. So wie beim Distelfalter, der 2019 zu Millionen aus dem Südosten einflog, weil es im Winter in Ostafrika und auf der Arabischen Halbinsel dank reichlich Regen für die Schmetterlinge ungewöhnlich viel zu fressen gab. Nach einem Normalwinter werden dieses Jahr also nur wenige Distelfalter kommen. Umso schöner, wenn man einen sieht.
Helge May
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