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Jetzt informieren!Invasion der Gartenameisen
Superkolonien der „Übersehenen Ameise“ erobern Europa
03. Dezember 2008 -
Wenn sich Tier- oder Pflanzenarten in einem Gebiet verbreiten, in dem diese nicht heimisch sind, spricht man von biologischer Invasion. Zu diesen Invasionsarten gehören auch Ameisen, die sich normalerweise eher unauffällig verhalten und als Sinnbild der fleißigen Arbeiterin einen positiven Ruf genießen. Zwar sind unsere Breiten bislang von invasiven Ameisen verschont geblieben, doch eine neue Studie zeigt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Gartenameise Lasius neglectus in Mittel- und Nordeuropa zu einem Problem wird.
Dr. Sylvia Cremer, Biologin am Lehrstuhl für Evolution, Verhalten und Genetik der Universität Regensburg, ist Mitglied einer internationalen Forschergruppe, die seit über fünf Jahren die Biologie von Lasius neglectus – wörtlich „übersehene“ beziehungsweise „vernachlässigte“ Ameise – untersucht. Eine im Fachjournal „PLoS ONE“ erschienene Studie beschreibt, wo die invasive Gartenameise herkommt, wie sie ihre Superkolonien organisiert und wie sie sich in neuen Gebieten ausbreitet. Der Aufsatz mahnt zu einer genaueren Beobachtung städtischer Ökosysteme, um einem möglichen Befall gegensteuern zu können.
Unter den 100 invasiven Arten mit dem weltweit größten Schadenspotential sind gleich mehrere Ameisenarten vertreten. Die rote Feuerameise richtet in den Vereinigten Staaten jedes Jahr rund 750 Millionen Dollar Schaden an. Die Argentinische Ameise hat sich in den Küstengebieten Südeuropas ausgebreitet und die natürliche Insektenwelt dabei nahezu ausgerottet. „Das Ursprungsland der von uns untersuchten Gartenameise ist das Gebiet rund um das Schwarze Meer“, erklärt Dr. Sylvia Cremer. „Bereits in ihren ursprünglichen Populationen organisieren sich diese Ameisen in mehreren Bauten, die als Netzwerk miteinander verbunden sind. Bei der Paarung kommen Königinnen und männliche Tiere unter Tage zusammen, denn anders als andere Ameisenvölker schwärmen sie nicht zu einem Hochzeitsflug aus. Werden solche an das invasive Leben vorangepasste Arten dann vom Menschen verschleppt und in ein neues Gebiet eingeführt, entwickeln sie sich leicht zu den von uns beobachteten Riesen-Kolonien.“ Äußerlich ähnelt Lasius neglectus der heimischen Schwarzen Gartenameise (Lasius niger). Sie gehört zu den „Blattlauszüchtern“, lebt also von deren Honigtau. Das System einer Superkolonie mit zahlreichen Königinnen kann sich über hunderte Kilometer erstrecken.
Dass sich die Ameisen verbreiten und mit ihren Kolonien einen möglichst großen Radius abdecken, gehört zur natürlichen Verhaltensweise. In ihrer natürlichen Umgebung verhindern aber Fressfeinde und vor allem Krankheitserreger, dass sich die Kolonien ungehemmt ausbreiten. Kommt ein Ameisenvolk in Gebiete, in dem es nicht heimisch war und in dem es keine natürlichen Feinde zu erwarten hat, kann sich die Population unkontrolliert ausbreiten und andere Arten verdrängen. Eingeschleppt wird die invasive Gartenameise zum Beispiel beim Import von großen Kübelpflanzen, in deren Töpfen sich die Kolonien einnisten können. Erst 1990 wurde die invasive Gartenameise erstmals wissenschaftlich beschrieben, seitdem sind vor allem in Parks und Gärten mehr als 100 Fundstellen in vielen europäischen Ländern bis hin zu den Kanarischen Inseln bekannt geworden. In Deutschland gibt es einen Nachweis aus Jena.
„In Zukunft wird vermutlich eine ganze Reihe von Ameisenarten invasive Verhaltensmuster aufweisen. Es ist also an der Zeit, dass wir uns näher mit ihnen auseinandersetzen, um ihre Biologie und ihr Verhalten zu verstehen. Unsere Studie ist nun ein erster großer Schritt in diese Richtung", so Co-Autor Dr. Jes Pedersen von der Universität Kopenhagen.
Infos zu Lasius neglectus in der Invasive Species Database