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NABU-Projekt zum Schutz der Koboldmakis in Indonesien
Sie haben riesige Augen, sind winzig klein und Botschafter für ihren Lebensraum, den durch Abholzung bedrohten Regenwald Indonesiens: Die Rede ist von Koboldmakis. Die nur 100 Gramm leichten Tiere bergen großes Forschungspotenzial. Ein Projekt der NABU International Naturschutzstiftung hat sich 2016 mit Forschern und der BirdLife-Partnerorganisation „Burung Indonesia“ zusammengeschlossen, um sich der charismatischen Affen und deren Zuhause anzunehmen. Affen? Ja! Koboldmakis zählen zu den Primaten und sind sogar näher mit uns verwandt als mit den Galagos Ostafrikas. Karina und Andrea Schell nehmen Sie mit in das NABU-Projektgebiet.
Der alltägliche Nachmittagsregen im Popayato-Paguat-Bergregenwald in Nordsulawesi ist vorüber, die Feuchtigkeit steht noch in der Luft, und es beginnt zu dämmern – die perfekte Zeit, um Koboldmakis aufzuspüren. Wir waten durch einen kleinen Fluss am Camp und versuchen, im dichten Bambusgeäst Bewegungen auszumachen, die auf Koboldmakis hindeuten. Dann hören wir sie. Die Rufe der Koboldmakis sind charakteristisch und von Art zu Art verschieden. Auf diese Weise kommunizieren sie mit Artgenossen oder weisen Fremde auf ihre Reviere hin.
Koboldmakis sind Bewegungstalente
Mit dem Mikrofon peilen wir zügig die Richtung an, aus der das schrille Pfeifen kommt. Die Lautaufnahmen geben Aufschluss darüber, um welche Koboldmaki-Art es sich handelt. Wie ein graubrauner Tennisball springt das pelzige Wesen, das da eben noch so laut gerufen hat, von einem Ast zum nächsten durch das Pflanzendickicht. Koboldmakis sind wahre Bewegungstalente. Ihre Schien- und Wadenbeine sind verschmolzen, und die Fußwurzeln (lat. Tarsius) stark verlängert. Dieser Besonderheit verdankt die Affenart ihre Sprungkraft und den wissenschaftlichen Namen: Tarsier. Koboldmakis können aber noch viel mehr: Sie geben uns Hinweise über den Zustand der Wälder, in denen sie leben und dienen als Indikator-Art für ihren Lebensraum. Wo sie leben, geht es dem Wald gut, so die These. Ihr Fortbestand oder ihr Verschwinden können also auch Rückschlüsse über den Erfolg oder Misserfolg von Schutzbemühungen im Projektgebiet zulassen.
Am nächsten Morgen finden wir einen anderen Regenwald vor. Nicht weit vom Camp entfernt vernehmen wir das Brummen von Generatoren. Am Fluss, durch den wir gestern Abend gewatet sind, treffen wir auf erschöpfte Goldgräber, die unter Einsatz von giftigem Quecksilber Gold schürfen. Im Morgengrauen wird uns das Ausmaß deutlich. Überwucherte Uferbereiche, das Zuhause der Tarsier, mussten an vielen Stellen provisorisch ausgehobenen Mienen weichen. Die fortschreitende Abholzung des Regenwaldes gefährdet das Habitat der Affen. Die indonesische Insel Sulawesi beheimatet die größte Anzahl an Koboldmaki-Arten, daher ist der Lebensraumschutz dort so wichtig für ihr Überleben. Wissenschaftler vermuten hier sogar einige neue Tarsier-Arten.
Regenwald verschwindet schneller, als er erforscht werden kann
Bislang sieht es aber so aus, als würde der Regenwald schneller verschwinden, als die Wissenschaft mit der Erforschung seines Artenreichtums hinterherkommt. Das Risiko, dass einige Vertreter der Koboldmakis aussterben, noch bevor sie wissenschaftlich beschrieben sind, steigt rasant. Auf Sulawesi sind allein in den zurückliegenden zwanzig Jahren dreißig Prozent der Wälder und damit wichtige Rückzugsgebiete für die Koboldmakis zerstört worden. Infolgedessen hat die Populationsgröße des kleinen Primaten derzeit den niedrigsten Stand seiner Geschichte erreicht.
Viele Gebiete in den Regenwäldern Sulawesis sind noch nicht erforscht, das heißt, Grundlagendaten und genetische Untersuchungen der Tarsier-Populationen sind nach wie vor lückenhaft. Für den Schutz der kleinen Waldbewohner sind diese Daten jedoch von immenser Bedeutung. Jede Spezies und jede Variante einer Spezies zählen: Genetische Variabilität ist das entscheidende Werkzeug einer Art, kommenden Umweltveränderungen auf lange Sicht trotzen zu können. Daten über den Einfluss fortschreitender landschaftlicher Veränderungen auf die genetische Struktur von Koboldmaki-Populationen sind daher essenziell, um belastbare Gefährdungseinschätzungen abgeben und nachhaltige Schutzmaßnahmen einleiten zu können.
Aus diesem Grund hat die NABU International Naturschutzstiftung, unterstützt von Privatspendern aus Deutschland, im Februar 2016 damit begonnen, lokale Naturschützer in den Grundlagen der Datenaufnahme zu schulen und zum Beispiel Techniken zur Aufnahme von Koboldmaki-Rufen zu vermitteln: das Handwerkszeug für das spätere Monitoring der Tarsier-Populationen.
Allmählich findet ein Umdenken statt: Da das Monitoring von Populationen und die Ausweisung von Waldgebieten als Naturschutzgebiete nicht ausreichen, setzen sich der NABU und Burung Indonesia für einen Paradigmenwechsel im indonesischen Forstsektor ein. Mit Waldnutzungslizenzen für eine nachhaltige Ressourcennutzung, welche die Lokalbevölkerung eng mit einbezieht und Indikator-Arten berücksichtigt, soll das gelingen. Ein Hoffnungsschimmer für die Koboldmakis und ihren vielfältigen Lebensraum im Norden Sulawesis.
Andrea Schell, Karina Schell und Tom Kirschey
Das Projekt mit Ihrer Spende unterstützen: www.NABU.de/koboldmakis
Der ausführliche Reisebericht im NABU-Blog unter: blogs.nabu.de/author/aschell und unter blogs.nabu.de/author/kschell