Der Kaziranga Nationalpark im Nordosten Indiens bietet nicht nur eine atemberaubende Landschaft, er ist auch die Heimat einer Vielzahl seltener Arten wie Panzernashörnern, Bengaltigern und Barasinghahirschen. Doch die Vielfalt in Kaziranga ist stark bedroht. Vor allem die illegale Jagd auf Nashörner hat in der jüngsten Vergangenheit stark zugenommen. Mit der neuen Hundestaffel, die besonders im Kaziranga-Nationalpark eingesetzt werden soll, wollen NABU International und Partnerorganisation Aaranyak gegen das Töten der Tiere vorgehen. Dr. Barbara Maas beschreibt den Beginn der Hundeausbildung in Ihrem Blogbericht.
Dank NABU International konnten zwei Motorräder an die Polizeieinheiten für den Kampf gegen die Wilderei gespendet werden - Foto: Barbara Maas
Wir standen heute früh auf, um wieder zurück nach Guwahāti zu fahren. Bevor wir Kaziranga jedoch verließen, statteten wir der örtlichen Polizeidienststelle einen Besuch ab. Wie auch die Ranger, kämpfen die Polizeikräfte in Assam für Tiger- und Nashornschutz. Mit Motorrädern folgen sie den kriminellen Wilderern in schwieriges Terrain. Die starke Flut zwischen Juni und Oktober zerstörte dieses Jahr zwei ihrer Maschinen. Dank der Spender und Unterstützer von NABU International konnten wir für geeigneten Ersatz sorgen und die Truppe wieder auf die Straße bringen. Eine eiserne Entschlossenheit kam hinter ihrem freundlichen Lächeln zum Vorschein, als sie uns willkommen hießen. Mit diesen Leuten willst du es dir nicht verscherzen!
Wir verabschiedeten uns von den Menschen und Tieren in Kaziranga. Am Nachmittag und am morgen unseres letzten Tages trainierten wir dann wieder mit unserem Team in Guwahāti. Unsere Flüge zurück nach Deli gehen am frühen Nachmittag. Das Spürhundeteam nochmal zu sehen ließ bei mir fast ein heimatliches Gefühl aufkommen. Trainer und Hunde waren in Topform und konnten die die Wilderer imitierenden "Läufer" bereits auf viel größerer Entfernung zurückverfolgen, ohne die Laufrichtung vorher gesehen zu haben. Unser Training auf so hohem Niveau zu beenden war wundervoll! Susen bestätigte meine Auffassung, dass diese Trainer Besonderes mit den Hunden vollbringen. Sie sagte, dass sie in all den Jahren noch nie solches Talent und Fortschritt bei Trainern und Hunden beobachtet hat.
Für ihre Verdienste im Anti-Wilderei Training erhielten die Ranger Urkunden von NABU International - Foto: Barbara Maas
Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die Hunde erst neun Monate alt sind. Trainer und Hunde haben allen Grund stolz auf ihre Leistung zu sein und ich bin glücklich, mit so einem atemberaubenden Team zu arbeiten. Bevor wir uns verabschiedeten, überreichten wir den Trainern für ihre besonderen Leistungen ein Trainingszertifikat. Es ist ein Symbol für einen wichtigen Schritt auf dem Weg, eine voll funktionsfähige Anti-Wilderei-Spürhundestaffel zu werden. Die nächste Trainerfortbildung wird in drei bis vier Monaten stattfinden. Auch wenn ich noch nicht fort bin, ich kann es kaum erwarten, wiederzukommen!
Es ist Dienstagabend und wir sind mittlerweile im Kaziranga Nationalpark angekommen. Montagmorgen haben wir noch ein Training mit der Hunde-Antiwildereieinheit eingeschoben. Danach sind Susen und ich mit Zakir und seiner Frau von unserer assamesischen Partnerorganisation Aaranyak nach Kaziranga aufgebrochen. Mit Anil begleitete uns auch einer der Hundeführer.
Der Kaziranga Nationalpark liegt in Nordindien nah an der Grenze zu Myanmar. Er ist die Heimat Asiens größter Nashornpopulation und Teil des UNESCO-Weltnaturerbes. Hier zeigt sich eine überwältigende Vielfalt an Vogel-, Säugetier-, Fisch- und Amphibienarten. Viele von ihnen sind selten und bedroht. Ebenfalls findet sich im Park die größte Dichte an Tigern in ganz Indien.
Der Brahmaputra-Fluss im Norden bildet eine natürliche Grenze des Kaziranga - Foto: Wikimedia
Die Fahrt von Guwahāti nach Kaziranga dauerte circa viereinhalb Stunden. Wir fuhren durch zahllose Dörfer und Reisfelder. Wir ließen die Stadt langsam hinter uns und beobachteten, wie die Vegetation merklich dichter und üppiger wurde. Wir näherten uns dem Dschungel.
Da es hier bereits gegen vier Uhr nachmittags dunkel wird, erreichten wir Assams Nashorn Waisenhaus mit Einsetzen der Dämmerung. In dieser Einrichtung werden Nashornbabies aufgenommen, deren Mütter von Wilderern getötet wurden.
Der Kaziranga-Nationalpark beherbergt über 70 Prozent des weltweiten Gesamtbestandes des Panzernashorns - Foto: Barbara Maas
Wenn sie alt genug sind, werden sie wieder ausgewildert. Der Anblick der kleinen Nashörner ließ uns alle sprachlos werden. Einige von ihnen waren erst wenige Monate alt. Wir versuchten uns die traumatischen Erfahrungen vorzustellen, die sie durch Menschenhand erleiden mussten.
Wir gingen am Abend früh ins Bett und wurden durch ein Ständchen des beruhigenden Dschungel-Chors in den Schlaf gewogen. Nach einem Frühstück machten wir uns am nächsten Morgen auf in den Park. Jeder von uns steckte voller Erwartungen und wir wurden nicht enttäuscht: Das Panorama unterschiedlichster Tiere, das sich uns auftat, war inspirierend und eine Erinnerung daran, dass die Zukunft von Kaziranga und Assams Naturschutzgebieten von großer Wichtigkeit ist. Nicht nur für Indien, sondern für die ganze Welt. Auch die Nashörner zeigten sich uns. Unter ihnen fand sich auch eine Mutter mit ihrem Kalb.
Malerischer Sonnenuntergang im Kaziranga - Foto: Barbara Maas
Wir haben außerdem einige Ranger getroffen. Sie riskieren tagtäglich ihr Leben zum Schutz dieser Tiere und es erfüllte uns mit Stolz, dass wir ihre wichtige Arbeit unterstützen. Unsere Hunde-Antiwildereieinheit wird bald ihre Arbeit aufnehmen, damit die Arbeit der Ranger noch erfolgreicher sein kann.
Kaziranga mag von Deutschland gesehen weit weg sein. Aber wenn ihr hier wärt, um diesen unglaublich artenreichen Fleck auf unserer Erde zu sehen, ihr würdet ihn auch schützen wollen. Ihr würdet sicherstellen wollen, dass es in Assam keine geschlachteten Nashörner und Nashornwaisen mehr geben muss!
Hundetrainerin Susen Baumbach und ich sind nach einem weiteren Tag im Feld in unseren Zimmern angekommen. Es ist bemerkenswert zu sehen, wie die belgischen Schäferhunde und ihre Trainer sich innerhalb weniger Tage in kleinen und großen Sprüngen verbessern konnten. Die Hunde arbeiten hart. Es ist eine Freude zu beobachten, wie diese zähen und lebhaften Tiere unter der zuneigungsvollen Betreuung ihrer Trainer aufblühen. Sie trainieren zusammen und teilen sich ein Zuhause. Viel Zeit wird momentan darauf verwendet, die Hunde in der Spurensuche zu trainieren. Einer Fährte zu folgen erfordert Konzentration bei den Hunden und Einfühlungsvermögen bei den Trainern. In der Regel spielt jemand von uns den „Läufer“ und versteckt sich anschließend. Zu Beginn sehen die Hunde noch, in welcher Richtung der Läufer verschwindet.
Artenschutzexpertin Dr. Barbara Maas mit den Rangern - Foto: Barbara Maas
Jeder Hund hat seinen eigenen Charakter und eine eigene Lerngeschwindigkeit, aber alle nehmen die Aufgabe mit großem Interesse war. Es ist faszinierend, den Hunden beim Aufspüren zuzusehen. Die Hunde sind mittlerweile so weit fortgeschritten, dass sie die Läufer aufspüren ohne ihre Laufrichtung vorab gesehen zu haben.
Hundetraining ist für alle Seiten harte Arbeit. Aber trotz der Müdigkeit nach einem langen Tag kommen wir anschließend alle zusammen und besprechen die Erfahrungen des Tages. Wir diskutieren unsere Fragen und die Aufgaben, die am nächsten Morgen auf uns warten. Wir könnten kein engagierteres und hingebungsvolleres Team haben! Morgen wird das Hundestaffel-Team eine wohlverdiente Pause bekommen, da Susen und ich in den Kaziranga Nationalpark aufbrechen, um einige Ranger zu treffen und hoffentlich auch ein paar Nashörner zu sehen.
Hundetrainerin Susen Baumbach erklärt den Hundeführern die Vorteile der neuen Leinen - Foto: Barbara Maas
Heute fuhren Susen und ich zum Trainingsplatz in einem Außenbezirk von Guwahāti, um die Trainer und ihre Hunde zu treffen. Insgesamt gibt es sechs Hundeführer für vier junge belgische Schäferhunde. Dazu kommt ein indischer Coach, der ihre Ausbildung begleitet. Die warmherzige Begrüßung unserer indischen Kollegen zeigte uns, wie sehr sich alle auf das gemeinsame Training freuen.
Neben den drei von NABU International finanzierten Hunden bezogen wir einen vierten Hund in das Training mit ein, der unserem Partner, einer britischen Naturschutzorganisation, gesponsert wurde. Unsere Anti-Wilderei-Hunde sind nun 9 Monate alt. Der größte unserer drei Helden ist ein Rüde namens Leon. Dazu kommen die Hündinnen Misky und Shila.
Mit den langen Leinen des NABU haben die Hunde viel Spielraum - Foto: Barbara Maas
Nach der Begrüßung begannen wir direkt mit dem ersten Training. Die Hundeführer waren begeistert, die neuen Geschirre und 12 Meter langen Leinen zu erhalten. Sie haben sie den Hunden direkt angelegt. Sowohl Hunde als auch Trainer zeigten einen überwältigenden Enthusiasmus, der unsere Erwartungen für den ersten Tag bei weitem übertraf. Polizeihundetrainerin Susen Baumbach war großartig darin, die jungen Trainer und Hunde trotz aller Sprachhindernisse anzuleiten. In den Pausen sprachen die Hundeführer über ihre feste Entschlossenheit, Assams Nashorn- und Tigerwilderern das Handwerk zu legen. Tatsächlich war uns allen die Wichtigkeit unserer Anwesenheit stets gegenwärtig. Am Ende des ersten Tages waren wir alle staubbedeckt und erfüllt durch die Wahrnehmung unserer Leistung. Wir wuchsen auch langsam als Team zusammen, angetrieben durch unser gemeinsames Ziel, das illegale Morden an Tigern und Nashörnern in Assam zu beenden.
Susen und ich sind nach einem zweistündigen Flug aus Delhi in Guwahāti angekommen. Am Flughafen von Guwahāti begrüßte uns eine lebensgroße Nashornstatue (Foto). Die Qualität der Luft ist leider fast so schlecht wie in Delhi, daher haben Susen und ich auf der einstündigen Fahrt ins Hotel Atemschutzmasken getragen. Nach dem Abladen unseres Gepäcks haben wir uns direkt mit Dr. Bibhab Talukdar getroffen. Er ist der Geschäftsführer unserer indischen Partnerorganisation Aaranyak. Zusätzlich zu seiner Leitungsposition in Assams größter und erfolgreichster Natur- und Artenschutzorganisation ist er auch Vorsitzender der IUCN-Expertengruppe für Indische Nashörner (IUCN SSC’s Asian Rhino Specialist Group). Er ist daher über den steigenden Druck der Wilderei auf die Nashörner im Kaziranga Nationalpark bestens im Bilde. Wir unterhielten uns über unsere morgigen Pläne, denn wir werden unsere drei Hunde und ihre Trainer bei ihrem ersten Training begleiten. Wir sind alle aufgeregt in Hinblick auf das, was wir erreichen können und freuen uns auf morgen. Wir starten vom Hotel um 8 Uhr in der Früh.
Wurden am Flughafen tierisch begrüßt: Artenschutzexpertin Barbara Maas und Hundtrainerin Susen Baumbach - Foto: Barbara Maas
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