Wildtiermärkte und Tierhandel sind schon allein aus Artenschutzgründen unvertretbar, aber nicht nur das... - Foto: Nikki Botha
Viren-Hotspot Wildtiermarkt
Arten schützen - Menschenleben retten
Wildtiermärkte gibt es seit den frühen Anfängen der Menschheit. Heutzutage sind sie vor allem in Afrika und Asien verbreitet. Von Hühnern über Krokodile bis hin zu Fledermäusen, ob von Farmen oder aus freier Wildbahn: Auf den Märkten werden die verschiedensten Tierarten sowohl tot als auch lebendig verkauft oder direkt vor Ort geschlachtet. Vor allem in Asien werden die Tiere dabei nicht nur für den Verzehr, sondern auch für traditionelle medizinische Zwecke verkauft und gekauft. Doch auch seitens des internationalen Handels besteht Nachfrage. Hier verschwimmen häufig die Grenzen zwischen Legalität und Illegalität. Denn neben Haus- und Nutztieren werden auf den Märkten auch bedrohte und unter Schutz stehende Tierarten wie seltene Vögel, Reptilien, Säuge- und Schuppentiere angeboten. Dass eben jener Handel dramatische Folgen für die Wildtierbestände und auch die Menschheit hat, erklärt Dr. Barbara Maas, Leiterin des Internationalen Artenschutzes der NABU International Naturschutzstiftung: „Wildtiermärkte und der Tierhandel sind nicht nur aus Artenschutzgründen unvertretbar, sondern auch, da sie Hotspots für Krankheitserreger wie COVID-19 sind.“
Aus einem Tier um die ganze Welt
Weltweit setzt der Mensch die Artenvielfalt durch Wilderei, Handel und die Zerstörung von Ökosystemen immer mehr unter Druck. Hinzu kommt der Verlust von Lebensräumen durch den Klimawandel. Zustände, die viele Wildtiere unter Stress setzen. „Stress reduziert die Funktionsfähigkeit des Immunsystems. Das gilt für Tiere ebenso wie für Menschen“, erklärt Maas. „Dadurch sind die Tiere anfälliger für Krankheiten. Es besteht also ein Zusammenhang zwischen Ausbeutung, Biodiversitätsverlust und Pandemierisiko.“ Aktuelle Studien gehen davon aus, dass über die Hälfte aller neuen Krankheitserreger im Menschen von Tieren stammt, die meisten davon Wildtiere.
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... Orte wie diese sind Hotspots für Krankheitserreger: Zoonosen können von Tier zu Mensch, aber auch von Mensch zu Tier übertragen werden - Foto: Nikki Botha
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Auf diesem indonesischen Wildtiermarkt werden nicht nur Phytons feilgeboten. Es gibt Ratten am Spieß und streng geschützte Schopfmakaken zu kaufen - Foto: Tom Kirschey
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Eng im Käfig zusammengepferchte Tiere: Eine Szene, wie man sie auf vielen Wildtiermärkten beobachten kann - Foto: Nikki Botha
Auch beim Corona-Virus handelt es sich um eine Zoonose, also eine Krankheit, die zwischen Tier und Menschen übertragen wird. Bereits in der Vergangenheit konnten Erreger wie die Schweinegrippe und Ebola, SARS und MERS auf Tiere zurückgeführt werden. Da durch den Wildtierhandel und die Beschaffung von Tieren durch Fang oder Züchtung Tiere und Menschen in engen Kontakt zueinander kommen, herrschen hier beste Bedingungen für die Entstehung und Ausbreitung von Krankheitserregern. Entwickeln sich die Erreger so weiter, dass sie auch von Mensch zu Mensch übertragen werden können, ist das Risiko hoch, dass sie sich rund um die Welt ausbreiten und zum globalen Problem werden – mit tödlichen Folgen.
Arten schützen, Menschen retten
„Wenn wir Pandemien zukünftig vermeiden möchten, müssen wir auch zu Wildtieren ‚Distancing‘ betreiben und deren Ausbeutung verhindern“, betont Barbara Maas. „Denn Viren ist es egal, ob Tiere legal oder illegal, nachhaltig, für den Verzehr oder die traditionelle Medizin gezüchtet, gehandelt und getötet wurden. Sie brauchen nur eines: Kontakt. Und den liefern wir ihnen durch das Eindringen in ihren Lebensraum, Bejagung und Massentierhaltung.“ China hat bereits einen großen Schritt in die richtige Richtung getan und ein dauerhaftes Verbot für Züchtung, Fang und Handel von Wildtieren für den Verzehr verhängt. Das reicht jedoch nicht aus. Das Verbot muss auch für den medizinischen Gebrauch ausgeweitet werden, da besonders in Asien die Nachfrage nach Wildtierprodukten wie Tigerknochen oder Bärengalle für die traditionelle Medizin noch immer hoch ist.
„Die Corona-Pandemie hat uns auf besonders schmerzliche Weise gezeigt, wie sehr die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt voneinander abhängen“, sagt Barbara Maas. „Nur in einer intakten Umwelt können Mensch und Tier dauerhaft gesund bleiben.“ Im Interesse der öffentlichen Gesundheit ist es also höchste Zeit, dem lukrativen und weitverbreiteten Wildtierhandel entgegenzuwirken und Wildtiermärkte zu verbieten. Besonders in Asien, wo Tiere und Tierprodukte hauptsächlich als „Luxusgüter“ angeboten werden, wird der Handel mit seltenen Arten durch wohlhabende Käufer*innen angefeuert. „Wissenschaftler*innen und Naturschützer*innen schwenken schon lange die roten Fahnen, doch Politik und Öffentlichkeit sind bisher nicht aufgewacht und scheuen nach wie vor die notwendigen Schritte. Die Pandemie sollte uns allen die Augen geöffnet haben und der Arten-, Habitat- und Klimaschutz zukünftig ganz oben auf der Agenda stehen.“ Themen, die von entscheidender Bedeutung sind, um das Risiko für zukünftige Zoonosen und Pandemien zu verringern.
Die Wilderei und der illegale Handel mit Wildtierprodukten sind längst zu einem organisierten, skrupellosen Geschäft geworden, mit dem jedes Jahr viele Milliarden US-Dollar umgesetzt werden. Derart hohe Gewinne lassen sich sonst nur mit Waffendeals, Drogenschmuggel oder Menschenhandel erzielen. Mehr →
Das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES reguliert seit 1975 den internationalen Handel mit wilden Tier- und Pflanzenarten. Ziel des Abkommens ist es, Gefahren für die Arten durch den internationalen Handel zu vermeiden. Mehr →