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Die Waldeidechse im Porträt
Die Waldeidechse (Zootoca vivipara) gehört zu den Echten Eidechsen, der Familie der Lacertidae. Mit einer Gesamtlänge von maximal 18 cm ist die Waldeidechse unsere kleinste einheimische Art. Davon nimmt der Schwanz knapp zwei Drittel ein.
Wie alle Reptilien hat auch die Waldeidechse Schuppen. Am Rücken sind diese Schuppen relativ klein. Auf dem Bauch und am Kopf hingegen sind es regelmäßig angeordnete, große Schilder. Auf ihrer Oberseite sind die Tiere in verschiedenen Brauntönen gefärbt - von hellbraunbeige über kupferrotbraun bis schwarzbraun. Die Kehle und der Hals sind in der Regel hellgrau. Charakteristisch ist das so genannte Halsband: eine Reihe großer Schuppen an der Unterseite des Halses. Ansonsten ist die Zeichnung der Tiere sehr variabel.
Männchen und Weibchen sind deutlich voneinander zu unterscheiden. Die Weibchen haben meist zwei dunkle Seitenstreifen und einen dunklen Rückenstreifen, dieser ist bei den Männchen mehr oder weniger aufgelöst. Die Bauchseite ist bei den Weibchen gelblich oder hellbraun mit keinen oder wenigen Punkten. Die Männchen zeigen eine kräftige Färbung der Unterseite von Dottergelb bis Tiefrot mit zahlreichen schwarzen Punkten und Flecken. Die Männchen haben außerdem etwas größere Köpfe und dickere Schwanzwurzeln als die Weibchen. Die frischgeborenen Jungtiere sind bronzefarben bis schwarzbraun mit einem schwärzlichen Schwanz.
Der wissenschaftlicher Artname vivipara deutet es an: Als die Waldeidechse legt keine Eier, sondern ist als einzige der heimischen Eidechsenarten lebendgebärend. Genau genommen ist sie ovovivipar - das heißt, sie legt bis zu zehn Eier mit einer dünnen, durchsichtigen Hülle, die während der Geburt aufplatzt. Die Jungtiere sind sofort völlig selbständig. Die Embryonen werden im Mutterleib aber nicht vom Mutterorganismus versorgt, sondern ernähren sich vom Dotter in der Eihülle.
Die Eientwicklung im Mutterleib führt dazu, dass trächtige Weibchen sich nur schwerfällig bewegen können. Der Vorteil daran ist aber, dass die Waldeidechse die Sonnenwärme, ohne die sich die Eier nicht entwickeln können, deutlich besser ausnutzt als andere Arten. Wenn die Sonne wandert, wandert das trächtige Weibchen einfach mit, und die Eier müssen nie im kalten Schatten liegen.
Dank dieser Eigenart kann die Waldeidechse auch in die kalte Polarregion und in Höhenlagen der Gebirge vordringen, in denen die meisten anderen Eidechsenarten nicht mehr leben können.
Bemerkenswert ist, dass in den letzten Jahren in den Pyrenäen und im Ostalpenraum (Slowenien, Oberitalien und Kärnten) Populationen der Waldeidechse entdeckt wurden, die, wie die anderen Eidechsen, Eier legen. Warum das so ist, ist bisher nicht geklärt.
Lebensraum und Ernährung
Die Waldeidechse hat noch andere deutsche Trivialnamen. In Norddeutschland heißt sie auch Mooreidechse, im Süden der Republik wird sie dagegen Bergeidechse genannt - immer ihrem hauptsächlichen regional Lebensraum entsprechend.
Die Waldeidechse ist ein bodenbewohnendes Tier, das eher selten klettert. Die Tiere lieben es, sich auf Altholz zu sonnen, etwa auf Holzhaufen und Baumstümpfen oder auf Bohlenwegen, Uferstegen und Holzbrücken.
Sie ist vor allem an Waldrändern und auf Waldlichtungen im Gestrüpp anzutreffen. Waldeidechsen sind aber auch typische Bewohner sumpfiger und mooriger Lebensräume und besiedeln unsere Mittelgebirge ebenso wie die Alpen oberhalb der Baumgrenze.
Kleine Insekten und Spinnen bilden den Hauptbestandteil der Nahrung von Waldeidechsen. Im Unterschied zu vielen anderen Eidechsen verschmäht diese Art Früchte, Blüten und andere Pflanzenteile.
Verbreitung mit Superlativen
In Deutschland kommt die Waldeidechse fast flächendeckend vor. Die Art fehlt nur in den Marschgebieten an der Nordsee und in stark landwirtschaftlich geprägten Regionen, etwa der Magdeburger Börde. Insgesamt mag es die Waldeidechse etwas feuchter und kühler als ihre einheimischen Verwandten. Ihre Winterruhe ist oft schon Mitte Februar vorbei.
Die Waldeidechse kommt im gesamten Nord- und Mitteleuropa, vor. Ihre Verbreitung erstreckt sich weiter über das gemäßigte Nord-Asien bis zum Pazifik. Unter den einheimischen Reptilienarten schlägt die Waldeidechse damit alle Rekorde: Westlichstes Verbreitungsgebiet ist Irland, nach Osten hin erstreckt sich ihr Areal bis auf die Inseln Sachalin und Hokkaido im Nordpazifik. Kein anderes Reptil lässt sich noch so weit im Norden finden: Die Waldeidechse fühlt sich auch noch an der Küste des Eismeeres und der russischen Barent-See wohl.
Bei Gefahr abtauchen
Bei Störungen bringt sich die Waldeidechse im Gestrüpp, unter Totholz oder in Erdlöchern in Sicherheit. Nicht immer gelingt ihr das allerdings problemlos und so ist sie bei Gefahr wie andere Eidechsenarten in der Lage, den Schwanz an vorgebildeten Bruchstellen abzuwerfen. Während das hin und her zuckende Schwanzteil die Aufmerksamkeit von Fressfeinden wie Turmfalke und Hauskatze auf sich zieht, kann die nun schwanzlose Eidechse ins dichte Unterholz fliehen.
Der Schwanz wächst innerhalb weniger Monate zumindest teilweise wieder nach, erreicht aber nicht mehr die ursprüngliche Länge. In Gewässernähe lebende Waldeidechsen gehen in vermeintlich gefährlichen Situationen schon mal auf Tauchstation. Sie halten einige Minuten die Luft an und verbergen sie sich zwischen Wasserpflanzen, um danach vorsichtig an der Wasseroberfläche die Lage zu sondieren.
Gefährdung durch den Menschen
Die Waldeidechse gehört zu den weniger gefährdeten einheimischen Reptilien, doch ist insgesamt relativ wenig über die Häufigkeit der Vorkommen und Bestandsentwicklung der Art bekannt. Zumindest regional gerät sie offenbar zunehmend in Gefahr - dies vor allem durch Zerstörung ihrer Lebensräume, etwa von Mooren und Heiden, Brachen, Feldhecken oder Wegrändern.
Auch wenn Kleinstrukturen, wie zum Beispiel liegendes Totholz oder Steinhaufen weggeräumt werden, gehen wichtige Bestandteile des Lebensraumes für die Art verloren.
Gefährlich für die Waldeidechse ist auch die regelmäßige Mahd von Böschungen und das Auffüllen älterer Kiesgruben mit Erde. Lebensraum geht ebenfalls verloren, wenn Ruderalflächen, also brach liegende Gebiete, wieder landwirtschaftlich genutzt oder bebaut werden.
Lebensraum erhalten
Der Waldeidechse ist geholfen, wenn ihr Lebensraum nicht mehr eingeschränkt wird: Wenn Moore und Feuchtgebiete nicht trocken gelegt werden, wenn Heidegebiete und die Ruderalflächen das bleiben, was sie sind, wenn der Mensch nicht anfängt im Wald aufzuräumen, sondern Totholz und Baumstümpfe verrotten lässt. Vor allem sollten Lichtungen als Sonneninseln im Wald erhalten bleiben, damit das Reptil sich dort aufwärmen kann.
Aktiv kann man der Waldeidechse helfen, indem man Biotope vernetzt, Totholz aufstapelt oder Steinhaufen anlegt. Sonnenexponierte Wegraine, Hecken, Waldränder oder alte Bahnstrecken sollten behutsam gepflegt werden und nicht blind abgemäht. Denn auch an Häusern und in Kleingärten kann diese Eidechse gut leben, wenn entsprechende Strukturen verfügbar sind und nicht zu viele Katzen herumlaufen.