Setzen Sie sich mit uns dafür ein, die Vielfalt unserer Tier- und Pflanzenwelt für unsere Kinder und Enkelkinder zu bewahren.
Jetzt spenden!Gefährliche Wanderschaft
Über Gefährdung und Schutz unserer Amphibien
Langsam geht die Sonne hinter den Feuchtwiesen am Rande der kleinen Siedlung unter. Die noch kühle Luft an diesem Frühlingsabend im März ist erfüllt von Vogelgezwitscher und dem Quaken der Erdkröten. Und da ist eine. Ein großes Weibchen bahnt sich ihren Weg durch das hohe Gras am Randstreifen einer Straße. Sie macht einen vorsichtigen Hüpfer. Und dann noch einen. Jetzt hat sie schon den rauen Asphalt der Straße unter ihren kleinen Füßen. Die näher kommenden Motorengeräusche hört sie nicht. Doch ihr Laichgewässer auf der anderen Seite der Straße wird sie nicht wieder sehen.
So wie dieser Erdkröte geht es in jedem Jahr tausenden Amphibien. In Deutschlang gibt es 21 verschiedene Arten. Zu ihnen gehören Frösche, Kröten, Unken, Molche und Salamander. Mit wenigen Ausnahmen müssen sie alle in jedem Frühjahr zu ihren Laichgewässern wandern. Die Individuen, die diese gefährliche Reise überleben, legen hier ihre Eier, den Laich, ab. Aus diesen schlüpfen die Kaulquappen, die ihre erste Lebensphase ausschließlich im Wasser verbringen.
Helfende Hände gesucht
Es gibt wohl kaum eine Naturschutzgruppe, die nicht dringend weitere Helfer*innen sucht, denn Amphibienschutz ist aufwändige Handarbeit. Um mitzutun, sind Vorkenntnisse nicht zwingend nötig. Die Saison erstreckt sich in der Regel über zwei bis drei Monate, mit dem Höhepunkt gegen Mitte März. Es ist schön, wenn jemand an vielen Tagen mit anpacken kann, wer nur einmal oder zweimal Zeit hat, ist aber auch willkommen.
Zunächst müssen Zäune aufgestellt werden – teils übernimmt das die Kommune oder die Straßenbauverwaltung. Stehen die Zäune, müssen diese jeden Tag kontrolliert werden, am besten am frühen Abend und am frühen Morgen. Befinden sich Amphibien in den Eimern, werden diese in Transporteimer umgefüllt und über die Straße getragen. In der Regel werden dabei auch Anzahl, Arten und Geschlechter notiert. Wie die Hilfe funktioniert, wie man die Tiere richtig anfasst, wie man Grasfrösche von Springfröschen oder Bergmolche von Teichmolchen unterscheidet, ist schnell gelernt.
Wer weiß, dass im Heimatort oder in der Nachbarschaft Krötenzäune betreut werden, kann sich einfach an die jeweilige Naturschutzgruppe wenden. Ist dies nicht bekannt, lohnt es sich, auf den lokalen NABU-Websites nachzuschauen. Fast tausend Schutzzäune samt Kontaktadressen sind zudem in der Datenbank des NABU-Bundesfachausschusses Feldherpetologie versammelt.
Nachdem ihr Körper nach einem Umwandlungsprozess ihre endgültige Form angenommen hat, verlassen sie das Wasser und kehren in der Regel nur zur Fortpflanzungszeit dorthin zurück. Doch Ihre Reise wird immer schwieriger. Straßen und Siedlungen zerschneiden zunehmend ihre Lebensräume und Wanderwege. Viele Amphibienarten stehen bereits auf der Roten Liste und gelten als gefährdet, wie Laubfrosch oder Gelbbauchunke. Seit 1980 stehen alle in Deutschland vorkommenden Amphibienarten gemäß Bundesartenschutzverordnung unter besonderem Schutz.
Tödliche Gefahr
Umweltorganisationen wie der NABU setzen sich auch praktisch für den Amphibienschutz ein. Vielerorts werden Amphibien bei ihrer Frühjahrswanderung durch Krötenzaunaktionen vor dem Straßentod gerettet. Dabei werden entlang der Straße niedrige Zäune aufgestellt und Fangeimer eingegraben. Die wandernden Amphibien fallen dort hinein, werden von Helfern entnommen und sicher über die Straße getragen.
„An Stellen, an denen in jedem Jahr Amphibien in großer Zahl wandern, sind festinstallierte Anlagen wie Amphibientunnel und Krötenleitzäune allerdings die sicherere und effektivere Lösung“, erklärt Jens Scharon aus der NABU-Fachgruppe für Feldherpetologie in Berlin, „Die regelmäßige Betreuung der vorübergehend aufgestellten Krötenzäune ist mit hohem Aufwand für die Helfer verbunden. Fallen Tiere nachts in die Auffangeimer und können erst morgens aus ihnen entnommen werden, bedeutet das außerdem einen Eingriff in deren Biologie. Festinstallierte Anlagen dagegen können die Tiere selbstständig, sicher und zu jeder Zeit durchqueren.“
Auch Geschwindigkeitsbegrenzungen sind wichtig. Wie Professor Dietrich Hummel vom Institut für Strömungsmechanik der TU Braunschweig herausfand, sterben viele Kröten nicht durch direktes Überfahren, sondern bereits durch den Unterdruck, den die Autos am Boden erzeugen. Ohne Geschwindigkeitsbegrenzung hilft es also nichts, die Tiere zwischen die Räder zu nehmen. Nach Hummel wäre dieser Druck aber bei Tempo 30 bereits so gering, dass viele der Tiere überleben würden.
Amphibienschutztipps
1. Schaffen Sie Lebensräume und Laichgewässer für Amphibien, indem Sie naturnahe Gartenteiche ohne Fischbesatz anlegen und gezielt Bereiche des Gartens verwildern lassen.
Verzichten Sie konsequent auf den Einsatz von Pestiziden und Giften.
2. Verschließen Sie Gruben und Schächte auf Ihrem Grundstück oder lassen sie Rohre rund 20 Zentimeter über den Boden hinaus ragen.
3. Achten Sie als Autofahrer auf Schilder zur Krötenwanderung und halten Sie sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung.
4. Beteiligen Sie sich an Krötenzaunaktionen. Wenden Sie sich dazu an Naturschutzgruppen in Ihrer Region.
Der Straßenverkehr ist aber nicht das einzige Problem, mit dem die zahlreichen Lurche auf ihrer Wanderung zu kämpfen haben. „Auch Abwasser-, Licht- und Kellerschächte werden oft zur tödlichen Falle“, berichtet Amphibienexperte Scharon. Der Verlust des Lebensraumes trägt ebenfalls zum Rückgang der Amphibienbestände in Deutschland bei. Im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft sind in einigen Regionen bis zu 80 Prozent der Kleingewässer zugeschüttet und trockengelegt worden. „Dieser Entwicklung wird heute durch Schutzmaßnahmen wie der Wiedervernässung oder Neuschaffung von Kleingewässern entgegengewirkt. Viele Kleingewässer sind bereits geschützte Biotope“, so Scharon.
Dünnhäutige Gesellen
Amphibien haben, anders als Reptilien, keine Schuppen. Sie besitzen eine weiche, wasserdurchlässige Haut, über die auch die Aufnahme von Sauerstoff und Wasser erfolgt. Daher sind sie besonders anfällig für Umweltgifte, denn neben dem Wasser werden auch Giftstoffe wie Spritzmittel und Kunstdünger direkt über die Haut aufgenommen. Die feuchte Amphibienhaut ist außerdem guter Nährboden für Pilze und Bakterien. So hat eine bestimmte Pilzkrankheit in den letzten Jahren ein weltweites massives Amphibiensterben ausgelöst: der Chytridpilz. Ursprünglich stammt der Pilz wahrscheinlich aus Südafrika, wurde aber inzwischen auch in Europa nachgewiesen. In Deutschland kam es bisher noch nicht zu einem Massensterben. Ob der Pilz alleine tödlich wirkt oder ob eine Kombination aus verschiedenen Faktoren letztlich zum Tod führt, gilt es nun herauszufinden, um das weltweite Amphibiensterben erfolgreich zu bekämpfen.
Linda Baumann
NABU-Kurs
"Krötenzaun & Co. – Schutzeinrichtungen für Amphibien"
Dieser Kurs zeigt dir, wie du Amphibienschutzzäune planst, richtig aufbaust und kontrollierst. Schaue dabei einer NABU-Gruppe über die Schulter. Darüber hinaus lernst du stationäre Amphibientunnel kennen und erhältst einen Überblick über weitere wichtige Schutzmaßnahmen.
Zum NABU-KursIn der ganzen Republik sind Naturschutzgruppen Jahr für Jahr aktiv, stellen Fangzäune auf und tragen Kröten über die Straße. Seit über 20 Jahren dokumentiert der NABU das Geschehen online. Natürlich lassen sich auch in diesem Jahr die Wanderungen wieder verfolgen. Mehr →
Wegen ihrer ausgedehnten Wanderungen sind Amphibien vom Straßenverkehr besonders betroffen. Dabei sterben viele Tiere, obwohl sie nicht direkt überfahren werden. Wie Prof. Dietrich Hummel herausfand, ist es der Strömungsdruck der Autos, der die Amphibien tötet. Mehr →
Wenn Straßenbaumaßnahmen die Lebensräume oder Wanderwege von Amphibien beeinträchtigen, muss dies von den Straßenbauern wiedergutgemacht werden – zum Beispiel durch Tunnel oder Zäune. Welche Maßnahmen sind nötig und wie müssen sie genau aussehen? Mehr →
Wenn die Kröte nicht mehr zum Laichgewässer kommt, muss das Laichgewässer eben zur Kröte kommen. Nach dieser Methode wird heute immer öfter verfahren. Häufig werden Ersatzgewässer jedoch ohne die nötigen Vorkenntnisse in die Landschaft gesetzt. Mehr →
Kröten, Frösche, Molche, Unken, Salamander: In Deutschland leben 21 Amphibienarten. Während manche eher unauffällig gefärbt sind, haben andere kräftige und bunte Färbungen. Auch in ihrer Lebensweise und Verbreitung gibt es viele Unterschiede. Der NABU stellt die heimischen Arten in Einzelporträts vor. Mehr →
Sie laichen im Wasser, verbringen ihre erste Lebensphase dort und haben ein wasserdurchlässige Haut: Amphibien sind stark an Feuchtbiotope gebunden. Durch die weitgehende Zerstörung und Verkleinerung ihrer Lebensräume sind die Bestände stark zurückgegangen. Mehr →
Die Haut ist für Amphibien ein besonders wichtiges Organ. Durch sie nehmen sie Flüssigkeit ebenso wie Mineralien auf. Der die Amphibienhaut angreifende Chytridpilz gilt deshalb als Mitverursacher des Amphibiensterbens. Mehr →