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Jetzt spenden!Lurchi unter Druck
Feuersalamander gilt in Bayern als gefährdet
Einst begleitete Lurchi, der gewitzte, stets allen Gefahren gewachsene Feuersalamander, ganze Generationen bei ihren ersten Schritten in Lederschuhen. Als Werbeträger der Schuhmarke Salamander machte die Comicfigur den Schuhkauf für Kinder zum freudigen Ereignis, denn jedem Paar Kinderschuhe lag auch ein Heft mit den Abenteuern des aufrecht gehenden Lurchi bei. Natürlich hatten alle Geschichten ein gutes Ende. Doch aktuell stecken Lurchi und seine Artgenossen in ihrem wohl größten Abenteuer. Ein tödlicher Hautpilz bedroht die Spezies der Feuersalamander. Das Happy End ist noch ungewiss.
Der auch Salamander-Fresser genannte Pilz, der vermutlich durch den Import asiatischer Schwanzlurche eingeschleppt wurde, befällt Molche und Salamander. Infizierte Tiere entwickeln auf ihrer normalerweise glattglänzenden Haut tiefe Geschwüre, an denen sie schließlich verenden, weil die Hautatmung versagt. In Asien, wo Bsal, so die wissenschaftliche Kurzbezeichnung, seit jeher weitverbreitet ist, haben Molche und Salamander im Laufe der Evolution gelernt, mit dem Pilz zu leben. Hiesige Tiere sind ihm jedoch hilflos ausgeliefert – insbesondere Feuersalamander. Während Berg-, Kamm- und Teichmolche einen Befall oft überleben, sterben Feuersalamander meist schon nach wenigen Tagen.
Versteckt in feuchten Laubwäldern
Bsal tauchte erstmals 2010 in den Niederlanden auf. Binnen weniger Jahre rottete der Hautpilz die Feuersalamander-Bestände dort nahezu aus. Mittlerweile hat er sich bis nach Belgien und Deutschland ausgebreitet. 2015 wurde er in der Nordeifel nachgewiesen, 2016 im Ruhrgebiet. 2020 entdeckte man im fränkischen Steigerwald bei Bamberg einen an Bsal verendeten Feuersalamander. Überall dort, wo der Pilz auftauche, schrumpften die Feuersalamander-Populationen, berichtet die Universität Trier, die zu Bsal forscht. Es seien regelrechte Massensterben beobachtet worden.
Dabei haben Feuersalamander in Deutschland auch ohne den tödlichen Hautpilz schon mit Widrigkeiten genug zu kämpfen. Die bis zu 20 Zentimeter langen Lurche, unverwechselbar durch ihr gelboranges Fleckenmuster auf lackschwarzer Haut, leben bevorzugt in den feuchten Laub- und Mischwäldern der Mittelgebirge. Dort halten sie sich versteckt in Felsspalten, zwischen Wurzeln oder unter abgestorbenen Bäumen und machen mit Beginn der Dämmerung Jagd auf Käfer, Schnecken, Spinnen oder Regenwürmer. Doch aus totholzdurchsetzten Laubwäldern wurden in der Vergangenheit oftmals aufgeräumte Fichtenforste, die zu trocken sind und zudem kaum Tagesverstecke bieten. Auch die wachsende Verkehrsdichte macht den Tieren zu schaffen; in manchen Regionen zählen Feuersalamander nach Igeln und Kröten zu den häufigsten Verkehrsopfern.
Laichgewässer trocknen aus
Hinzu kommt, dass im Zuge des Klimawandels auch Laubwälder immer trockener werden. Das hat Folgen für den Salamander-Nachwuchs. Anders als die meisten Amphibien paaren sich Feuersalamander an Land. Nach einer Tragzeit von acht bis neun Monaten setzt das Weibchen die dann voll entwickelten Larven normalerweise in kühlen, möglichst sauberen Kleingewässern wie Quellbächen oder Quelltümpeln ab. Während der Extremsommer der vergangenen Jahre waren die Laichgewässer jedoch vielerorts schnell ausgetrocknet. „In manchen Gebieten gab es kaum Nachwuchs“, erläutert Andreas von Lindeiner, Amphibienexperte beim Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) in Bayern. Insbesondere in Mittel- und Norddeutschland sei die Lage teils dramatisch.
Klimawandel, Straßenverkehr und der tödliche Hautpilz haben dafür gesorgt, dass Feuersalamander seit Kurzem in der Vorwarnliste gefährdeter Tierarten in Deutschland geführt werden. In Bayern sind die Tiere, die ein Hautgift absondern und deshalb keine Fressfeinde haben, sogar als gefährdet eingestuft. Das Gift, das für Menschen ungefährlich ist, schützt vor Infektionen, jedoch nicht vor Bsal. Beim LBV denke man deshalb bereits über eine Erhaltungszucht nach, berichtet von Lindeiner. „Bis jetzt haben wir noch Zugriff auf Zuchttiere verschiedenster Regionen und können regional angepasste Zuchtstämme aufbauen“, argumentiert der Amphibienexperte. „Sollte Bsal sich weiter ausbreiten, könnten wir zügig reagieren.“
Hygiene ist oberstes Gebot
Mit einem 1,7 Millionen Euro schweren Hilfsprogramm, umgesetzt von LBV, Bund Naturschutz und dem Landesverband für Amphibien- und Reptilienschutz, will das bayerische Umweltministerium nun die Feuersalamander-Populationen im Freistaat stärken. Dafür sollen sich die drei Verbände zunächst einen Überblick über die Bestände verschaffen. In acht bekannten größeren Vorkommen zählen sie in Bächen und Quelltöpfen die Larven des Feuersalamanders. „Zudem werden wir in allen acht Gebieten die Lebensbedingungen für die Lurche verbessern“, erläutert von Lindeiner. Geplant seien unter anderem der Rückbau von Quellfassungen, das Einbringen von Totholz in die Bachläufe und das Entfernen von Abfall und Bauschutt aus den Bächen.
Bei den Arbeiten sei Hygiene oberstes Gebot, berichtet der Amphibienexperte. Denn der Salamander-Fresser könne sich unter anderem über Erdreste an Wanderschuhen oder Gummistiefeln ausbreiten. „Nach dem Einsatz müssen unsere Leute ihr Schuhwerk desinfizieren“, sagt von Lindeiner. Wer in einem Feuersalamander-Gebiet spazieren oder wandern war, sollte es genauso halten. Dann wäre Lurchi und seinen Artgenossen schon etwas geholfen.
Hartmut Netz (erschienen in der Naturschutz heute 2/2023)
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