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Artenporträt zur Erdkröte
Die gemeine Kröte hat es schon nicht leicht: Mit ihrem mit warzigen Hautdrüsen übersäten Körper und den hervortretenden, meist kupferfarbenen Augen galt der Lurch bis ins Mittelalter hinein als das hässlichste Tier der Schöpfung. Als feuchtliebendes Schattenwesen von recht plumper Gestalt, betrachtete man die Erdkröte als guten Zusatz für Hexensalben und die Volksmedizin.
Dabei hat Bufo bufo, wie die Erdkröte wissenschaftlich heißt, das Zeug zum wahren Herrscher unter den Kröten. Sie ist nicht nur die größte europäische Krötenart, sondern neben dem Grasfrosch auch das häufigste Amphib. In Deutschland ist die Erdkröte flächendeckend vorhanden. In ganz Mittel- und Nordeuropa, sogar bis über den nördlichen Polarkreis, sowie in Nordwestafrika ist dieser ruhige Geselle anzutreffen. Er lebt auf Meeresspiegel-Niveau ebenso wie im Hochgebirge.
Anspruchslos und verbreitet
Die große Zahl an Erdkröten resultiert vornehmlich aus ihrer Anspruchslosigkeit. Sie akzeptiert alle stehenden Gewässer, seien sie nährstoffarm oder -reich, ja selbst der pH-Wert ist ihr egal. Ob kalkhaltiges Gewässer im Gebirge oder saures Moorgewässer, die Erdkröte legt ihre gallertartigen Laichschnüre überall hinein. Ähnlich erfolgreich wie ihre Besiedlung ist auch ihre Fortpflanzungsstrategie. Die Erdkröte produziert mit 3000 bis 8000 Eiern pro Weibchen eine riesige Menge an Nachkommen.
Doch bevor es dazu kommen kann, beginnt zunächst die beschwerliche Reise zu den Laichgewässern: Unmittelbar nach der Winterruhe, zwischen Ende Januar und Mitte Februar, wandern die Froschlurche zu nächtlicher Stunde bei ausreichend milden Temperaturen. Am Ziel angekommen, patrouillieren paarungsbereite Erdkrötenmännchen schon vor den Gewässern, so dass die ankommenden Weibchen meist schon vor Erreichen von den schwärzlichen Brunftschwielen der Männchen fest umklammert werden.
Streit um die Weibchen
„Der Klammerreflex der Erdkrötenmännchen ist legendär. Er beruht auf einem Instinktverhalten, das nur einen geringen Auslösereiz benötigt“, erklärt Tom Kirschey vom NABU-Bundesfachausschuss Feldherpetologie. Anders ausgedrückt: Wenn erwachsene Männchen einen gewissen Hormonstatus erreicht haben, wird alles geklammert, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. So kann es auch schon mal zu amüsanten Irrläufern kommen: „Ich konnte mal beobachten, wie ein Erdkrötenmännchen ein großes Hechtweibchen besteigen wollte und seine Daumen in die Augengruben gedrückt hat. Dass der Hecht wild um sich schlug, hat das heißgewordene Erdkrötenmännchen kaum beeindruckt“, schildert Kirschey.
Fehlpaarungen kommen also häufiger vor. Wenn die Männchen aber richtig liegen, dann werden sie von ihren größeren Damen nach erfolgreichem Andocken ins Wasser getragen, wo die Eiablage und -befruchtung stattfindet. Da die Weibchen nur alle zwei bis drei Jahre ablaichen, ist der Männchenüberschuss an den Laichgewässern erheblich. Dieser führt zu vielen Kämpfen, aus denen die Stärkeren hervorgehen, die sich dann mit dem Paarungsruf (Achtung, ich bin bereit!) oder einem Befreiungsruf (Vorsicht, die gehört mir!) bemerkbar machen. Wer dabei ein lautes Konzert erwartet, irrt jedoch. Das öök öök klingt recht verhalten, da Erdkröten anders als Frösche keine äußere Schallblase besitzen und immer nur wenige Männchen rufen.
Giftige Schutzschicht
Die abgelegten Laichschnüre und die sich daraus entwickelten Larven könnten ein attraktiver Happen für Fressfeinde sein. Erdkröten sondern allerdings ein verschiedene Gifte enthaltendes Hautsekret ab, das nicht nur ungenießbar ist, sondern für einige Tiere auch tödlich, wie Kirschey zu berichten weiß. „Es gab mal einen Unfall im Hagenbeck-Zoo, bei dem Erdkröten ins Seelöwen-Gehege geraten sind. Die Seelöwen waren verwundert über die seltsam anmutende Speise, verzehrten sie aber trotzdem, und starben an dem Gift.“ Selbst als Kaulquappen werden Erdkröten dank ihres toxischen Schutzschildes von vielen Feinden wie Molchen oder Fischen verschmäht.
Vor dem Eingriff des Menschen in die Natur ist die Erdkröte jedoch nicht gefeit: So ist sie von unserer verstärkten Versiegelung, dem Straßenbau, der zunehmenden Verkehrsdichte und dem Abnehmen der Gewässerlebensräume betroffen. Selbst ein Anpassungskünstler wie die Erdkröte hält nicht alles aus. „Wenn es der Erdkröte schlecht geht, dann ist fast alles zu spät. Auch wenn ihr Bestand bisher nicht gefährdet ist, ist sie in Ballungszentren wie im Ruhrgebiet schon seltener geworden“, so Tom Kirschey.
Krötenschutz ist Handarbeit
Die größte Gefahr geht vom Straßenverkehr aus, der regelmäßig Opfer hervorruft. „Wenn auf einer Straße neun Autos pro Stunde fahren, was man wohl eher nicht als dicht befahrene Straße bezeichnen würde, liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit der wanderden Erdkröten schon bei unter 20 Prozent. Man kann sich überlegen, wie viel da noch übrig bleibt, wenn die Verkehrsdichte höher ist“, macht Kirschey deutlich.
Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) hat, unterstützt vom NABU, die Erdkröte zum „Lurch des Jahres 2012“ gekürt. Erdkröten zählen zu den Arten, die am direktesten vom ehrenamtlichen Engagement profitieren. Kein anderer Verband betreut so viele Amphibienschutzzäune und stationäre Anlagen wie der NABU. Abertausende ehrenamtliche Arbeitsstunden werden so Jahr für Jahr geleistet. Zäune aufstellen, Eimer eingraben, über die Straßen tragen – wichtige Aktivitäten wie diese, hat die Erdkröte viele Male vor dem Straßentod gerettet und vor größeren Bestandszusammenbrüchen bewahrt, was die Arbeit rund um die „NABU-Kröte“ so unentbehrlich und achtungswürdig macht.
von Jasmin Singgih
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