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Hintergrundinfo
Wenn die Kröte nicht mehr zum Laichgewässer kommt, muss das Laichgewässer eben zur Kröte kommen. Nach dieser Methode wird heute immer öfter verfahren. Häufig werden Ersatzgewässer jedoch ohne die nötigen Vorkenntnisse in die Landschaft gesetzt und erfüllen - weil zu klein, zu beschattet oder zu naturfern angelegt - nicht immer den gewünschten Zweck.
Die An- oder Umsiedlung von Amphibien wird meist auf gut Glück und ohne die notwendigen Genehmigungen und Erfolgskontrollen durchgeführt. Selbst bei anpassungsfähigen Arten ist das Einbringen von Amphibien in künstlich angelegte Gewässer nicht unproblematisch, auch wenn es sich um eine Rettungsaktion handelt. Es kann zur Abwanderung der Tiere, gemindertem Fortpflanzungserfolg, geringen Überlebensraten der Larven und späteren Bestandseinbrüchen kommen.
Dabei besiedeln Amphibien neue Lebensräume relativ schnell von ganz alleine, auch die als ausgesprochen ortstreu bekannte Erdkröte. Die Spontanbesiedlung von neuen Teichen wird gefördert durch die Nähe bereits bestehender Gewässer, die Lage im Bereich traditioneller Wanderwege und eine möglichst geringe Entfernung zu den bevorzugten Landlebensräumen der Amphibien.
Bei der Wahl des Standorts sollten selbstverständlich schutzwürdige Flächen wie Feuchtwiesen nicht beeinträchtigt oder zerstört werden. Besonders günstig sind Flächen mit wasserstauenden Böden. Nicht geeignet sind - leider muss immer wieder darauf hingewiesen werden - Trockenflächen oder Hanglagen, bei denen keine natürliche Wasserführung möglich ist. Die Gewässer sollte ausschließlich von Grund- oder Niederschlagswasser gespeist werden, da die Einleitung oder der Stau von Fließgewässern durch den Eintrag von Nährstoffen und die Erwärmung des Wassers negative Folgen hat. Schwankungen des Wasserstandes und das Trockenfallen von Flachufern oder Tümpeln sind naturgegeben und sollten keinesfalls durch eine künstliche Wasserzuleitung aufgehoben werden.
Die Gewässergestaltung richtet sich nach den Ansprüchen der vorkommenden Lurche. Pionierarten wie Kreuz-, Wechsel- und Knoblauchkröte sowie Gelbbauchunke, besiedeln vegetationsarme, kleinere, seichte Gewässer, die häufig nur zeitweise Wasser führen. Die übrigen Stillgewässer-Lurche bevorzugen vegetationsreichere Gewässer. So profitieren alle Molcharten von dichtem Pflanzenbewuchs unter Wasser. Der Wasserfrosch bevorzugt große Wasserflächen mit Schwimmblattpflanzen und die Erdkröte benötigt Strukturen im Uferbereich. Wichtig ist die ausreichende Besonnung des Amphibiengewässers, da nur wenige "Waldarten" wie Erdkröte und Bergmolch Beschattung vertragen.
Es gilt immer der Grundsatz "naturnah und abwechslungsreich". Also: nur natürliche Materialien verwenden (keine Folien in der freien Landschaft), für einen nährstoffarmen Untergrund sorgen, den Wasserstand nicht regulieren, wechselnde Uferformen und Wassertiefen gestalten. Auf die "obligatorische" Insel kann ebenso verzichtet werden, wie auf eine übertriebene, unnatürliche Ausstattung des Lebensraumes mit Totholz, Steinhaufen oder Sandflächen. Die Umgebung des Gewässers sollte möglichst naturnah sein und einen Mindestabstand zu Äckern von 25 Metern und zu Straßen von 250 Metern haben. Ein erweiterter Straßengraben ist kein Ersatzlaichgewässer, auch wenn er durch eine Sperrvorrichtung zur Straße hin gesichert ist. Ebenso wenig haben Laichgewässer inmitten eines Ackers etwas mit wirksamem Artenschutz zu tun.
Bei der Teichneuanlage ist ein Vorlauf von zwei bis drei Jahren zu berücksichtigen, während der sich der Wasserchemismus einreguliert, erste Pflanzenstrukturen entstehen und sich ein ausreichendes Nahrungsangebot für Amphibienlarven entwickelt. Deshalb: bei der Anlage eines Gewässers keine Pflanzen und Tiere, sondern etwas Zeit mitbringen.
Kerstin Oerter
Beispiele für NABU-Projekte
Seit Anfang 2010 werden im Rahmen des Projektes in zwanzig Projektgebieten im mittleren Niedersachsen zahlreiche Laichgewässer für gefährdete Amphibienarten neu angelegt oder saniert. Mehr →
In einem ehemaligen Steinbruch siedelt der NABU Hessen seit 2016 parallel zum Wiederverfüllungsprozess Amphibien um und renaturiert wertvolle Lebensräume. Für viele Arten bieten die besonderen Bedingungen Zuflucht. Mehr →
Das Projekt „Stärkung und Vernetzung von Gelbbauchunken-Vorkommen in Deutschland“ des NABU Niedersachsen wird im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt vom Bundesamt für Naturschutz gefördert. Mehr →
Ehemalige Abbauflächen können wichtige Ersatzlebensräume für Amphibien, Vögel und Insekten bieten. Im Winter 2022 unterstützte die NABU-Stiftung als Eigentümerin die Aufwertung von zwei ehemaligen Gruben in Niedersachsen und Thüringen. Mehr →
Normalerweise werden Betonschachtringe im Kanalbau eingesetzt. Im Rahmen des EU-Amphibienschutzprojektes LIFE BOVAR des NABU Niedersachsen werden die Schachtringe jetzt „zweckentfremdet“. Mehr →
Das brandenburgische Felchowseegebiet ist mit seinen vielen natürlichen Seen und Kleingewässern ein Paradies für Amphibien. Zum Schutz der Rotbauchunke werden seit Ende August 2017 vier dieser eiszeitlichen Gewässer aufwendig wiederbelebt. Mehr →