Turteltauben leben hier gefährlich: Die Jagd auf sie wird auf Malta vor allem als Sport betrachtet. - Foto: Birdlife Malta
Einsatz für die Turteltaube
Wie Vogelschützer*innen auf Malta gegen die Jagd kämpfen
Die Turteltaube darf in zehn EU-Staaten gejagt werden. Die Mitgliedstaaten mit Lizenz müssen dabei eigentlich sicherstellen, dass der Bestand der Art und deren Schutzbemühungen nicht gefährdet werden. Dennoch kommen in der EU jährlich mindestens 1,4 bis 2,2 Millionen Turteltauben zum Abschuss. Wir sprachen mit Nicholas Barbara, der für BirdLife Malta seit etlichen Jahren als Naturschutzbeauftragter tätig ist, über die Jagd auf die Turteltaube.
NABU: Wer hat die Jagd auf Turteltauben in Malta eingeführt und warum?
Nicholas Barbara: Die Turteltaube wird auf Malta seit vielen Jahren bejagt. Da es sie häufig gab, konnten maltesische Familien ihre fleischarme Ernährung mit dieser Wildart ausgleichen. Vor dem EU-Beitritt Maltas im Jahr 2004 war die Jagd auf Turteltauben im Frühjahr und Herbst ohne Einschränkungen erlaubt, doch später übte die Europäische Kommission Druck aus, da die Jagd im Frühjahr nach der Vogelschutzrichtlinie nicht zulässig ist. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs 2009 hat Malta damit begonnen, eine Ausnahmeregelung anzuwenden, um die Jagd auf Turteltauben im Frühjahr trotzdem weiter zu ermöglichen.
Warum ist das so?
Die Jagd auf Turteltauben wird meist als Sport betrachtet. Erjagte Vögel landeten normalerweise auf dem Teller, aber das kommt mittlerweile immer seltener vor. Die Jagd besitzt in erster Linie Freizeitwert für Maltas 10.000 Jäger*innen. In der Jagdsaison profitiert jedoch die lokale Wirtschaft durch den Verkauf von Waffen und Munition bis hin zur Vermietung von Jagdanwesen in ländlichen Gebieten.
Wie ist die aktuelle Situation auf Malta?
Malta beantragt nach wie vor eine Ausnahmeregelung für die Turteltaubenjagd im Frühjahr. Da die Art jüngst von der Weltnaturschutzunion IUCN als „gefährdet“ eingestuft wurde, war die maltesische Regierung dazu veranlasst, ein Moratorium für die Frühjahrsjagd auf diese Vogelart zu verhängen, aus Angst davor, die Europäische Kommission würde Malta abermals aufgrund nicht nachhaltiger Bejagung dieser Art vor Gericht bringen. Da jedoch im Frühjahr Wachteln geschossen werden dürfen, haben Jäger*innen die Möglichkeit, mitten in der Zugzeit der Turteltaube in der maltesischen Landschaft Waffen zu tragen. Tatsache ist jedoch, dass vor Gericht keine Strafen für den illegalen Abschuss von Turteltauben verhängt wurden, obwohl BirdLife Malta der Polizei Beweise für solche Fälle vorgelegt hat.
Warum ist es so wichtig, die Turteltauben auf Malta zu schützen?
Turteltauben, die über Malta fliegen, sind mit nicht weniger als acht europäischen Ländern verbunden. Das zeigen Ringdaten von Vögeln, die in Malta gefunden wurden und in ihrem Herkunftsland beringt wurden. Wir wissen daher, dass die Turteltauben, die jeden Frühling und Herbst über die Inseln ziehen, in Italien, Tschechien, Ungarn, Deutschland, Polen, Frankreich, Kroatien und Österreich zur Brut geschritten wären bzw. ihr Leben begonnen haben. Die Jagd auf Turteltauben in Malta hat aufgrund der rückläufigen Bestände in Europa Auswirkungen auf diese Brutpopulationen.
Wie sieht es vor Ort als Vogelschützer aus?
Die Jagd auf Turteltauben ist ein heißes Thema in Malta, und jeder Widerstand gegen eine solche Praxis stößt in der Regel auf viel Kritik. Manchmal gibt es auch Konfrontationen mit der Jägerschaft. Obwohl diese ihr Image im Vorfeld des Referendums über den Beibehalt der Jagd 2015 verbessern wollte, fühlen sich die Mitarbeiter*innen und Freiwilligen von BirdLife Malta in bestimmten Situationen vor Ort bedroht. Die Ankunft majestätischer, charismatischer Vogelarten wie Weißstörche, Schwarzstörche oder Schmutzgeier weckt noch immer das Interesse der „schwarzen Schafe“ unter den Jäger*innen und erfordert es, dass Freiwillige Nachtwachen halten und die Vögel bewachen. Die Jägerschaft akzeptiert keinesfalls Vogelschützer*innen, die auf Streife gehen oder etwa illegale Abschüsse filmen und melden.
Außer Nachtwachen, wie sieht die Arbeit in Malta auf den verschiedenen Ebenen aus?
Unsere Arbeit in Malta reicht von Aktionen vor Ort, über Diskussionen mit Politiker*innen bis hin zu Öffentlichkeitsarbeit. Aufklärung über den Abschuss und das nicht nachhaltige Jagen und Fangen von Vögeln muss auf der Tagesordnung bleiben, um einen Meinungswandel herbeizuführen. Das kann nur erreicht werden, indem die Situation vor Ort sowohl der Öffentlichkeit als auch den Entscheidungsträgern geschildert wird.
Gibt es Verbündete im Kampf gegen die Jagd?
Wir haben den Eindruck, dass die Hälfte der Bevölkerung gegen die Jagd im Frühjahr ist, wobei möglicherweise ein beträchtlicher Teil dieser Gruppe auch für eine vollständige Abschaffung der Jagd im Laufe des Jahres steht. Das ganze Jahr über werden die Mitarbeiter*innen von BirdLife Malta häufig von Leuten kontaktiert, die auf dem Land oder auf ihrem Grundstück verletzte oder geschossene Vögel finden.
Wie können wir in Deutschland BirdLife Malta unterstützen?
Indem Sie der Organisation als Mitglied beitreten, um Neuigkeiten und Updates über die Arbeit der Organisation zu erhalten. Sie können als Freiwillige auf der Insel mitarbeiten oder einfach spenden. Das hilft uns, die notwendigen Mittel für unseren Kampf zum Schutz der letztlich europäischen Vögel zur Verfügung zu haben.
Nicole Flöper
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