In der EU werden jährlich mindestens 1,4 bis 2,2 Millionen Turteltauben abgeschossen. - Foto: Filip Wieckowiski
Jagd, verlorene Lebensräume und Hunger
Das gefährliche Leben der Turteltauben
Turteltauben können 13 Jahre alt werden, doch liegt ihre Überlebensrate bei nur 50 Prozent jährlich. Denn nur jeder vierte bis fünfte Jungvogel überlebt das erste Lebensjahr. Diese hohe natürliche Sterblichkeit wird bei vielen Vögeln eigentlich durch mehrere Bruten im Jahr ausgeglichen. Doch gefährden wir Menschen den Erfolg dieser Überlebensstrategie am meisten.
Jagd in zehn EU-Staaten erlaubt
Die EU-Vogelschutzrichtlinie ist das wirksamste Rechtsinstrument zum Erhalt der Vogelbestände in Europa. Jedoch erlaubt sie für 24 Vogelarten die Jagd in der gesamten EU und nach Artikel 7 für weitere 58 in einigen Ländern. Die Turteltaube gehört dazu und darf in zehn EU-Staaten gejagt werden. Die Mitgliedstaaten mit Lizenz müssen dabei eigentlich sicherstellen, dass die Art selbst und Schutzbemühungen für sie nicht gefährdet werden.
Dennoch kommen in der EU jährlich mindestens 1,4 bis 2,2 Millionen Turteltauben zum Abschuss. Die offensichtlich viel zu hohen Quoten sind nur ein Defizit der Richtlinie. In Österreich und Frankreich darf bis in die Brutperiode hinein gejagt werden. Besonders gravierend für die Bestandsentwicklung ist die Jagd auf dem Frühjahrszug, denn sie trifft Vögel, die den Winter überlebt haben und bald brüten würden.
Illegaler Abschuss
Eine weitere Gefährdungsursache für den Bestand der Turteltauben ist die Wilderei. Obwohl der Umfang des gesamten Zugvogelmords inzwischen langsam zurückgeht, werden viele Vögel noch immer zum Vergnügen geschossen oder auf Märkten zum Verzehr verkauft. BirdLife International geht davon aus, dass pro Jahr allein mehr als 600.000 Turteltauben im gesamten Mittelmeerraum der illegalen Tötung zum Opfer fallen – entweder in Ländern ohne Jagderlaubnis, außerhalb der erlaubten Jagdzeiten oder mit illegalen Methoden.
Diese Zahl birgt jedoch große Unsicherheiten, da aus vielen Staaten keine oder nur schwer belastbare Daten vorliegen. Die Schwerpunkte liegen in Nahost, Ägypten und, vorwiegend im Frühjahr, auf den Ionischen Inseln in Griechenland.
Mangelnder Wohnraum und Hunger
Die Intensivierung der Landwirtschaft verschlechtert die Lebensbedingungen der Turteltaube enorm – ein Schicksal, das sie mit vielen anderen Jahresvögeln bisher teilt. Die Ausweitung von Anbauflächen geht einher mit dem Verlust von Brachen, Ackersäumen, Feldgehölzen und Kleingewässern. Damit verschwinden Nistplätze sowie entscheidende Nahrungs- und Trinkstellen. Viele Äcker werden dazu verstärkt mit Herbiziden von den verbleibenden „Unkräutern“ befreit. Doch von den Samen genau dieser Ackerwildkräuter ernährt sich unser Jahresvogel.
Mangelhafte Nistplätze sowie fehlende oder durch andere Pestizide vergiftete Nahrung sind Hauptgründe für weniger Bruten und eine geringere Überlebenschance des Taubennachwuchses. Zahlen aus England verdeutlichen den großen Einfluss der Situation im Brutgebiet: Wurden 1960 pro Jahr noch 2,1 junge Turteltauben pro Paar flügge, waren es 1990 nur noch 1,3. In Deutschland ist die Situation sehr ähnlich einzuschätzen.
Auch in den afrikanischen Überwinterungsgebieten wird Lebensraum vernichtet. Zum einen in der Landwirtschaft, aber auch durch unkontrollierte oder gar illegale Waldrodungen für die Herstellung von Holzkohle, die etwa Nigeria in die EU exportiert.
Leere Tankstellen
Die Unwägbarkeiten des Klimawandels haben großen Einfluss auf Zugvögel wie Turteltauben. Denn sie sind besonders abhängig von Wasser- und Nahrungsquellen entlang der Zugrouten. Trocknen Oasen in der Sahara aus, fehlen die „Tankstellen“ für den kräftezehrenden Weiterflug. Die Ausbreitung der Wüsten aufgrund ausbleibenden Regens oder der Übernutzung der Lebensräume durch die Bevölkerung könnte den Zugweg für sie noch verlängern. Viele Zugvögel wie die Turteltaube werden sich nicht schnell genug anpassen können und auf der Strecke bleiben.
Gefährliche Trichomonaden
Seit einigen Jahren führt der Einzeller Trichomonas gallinae zu einem massiven Grünfinkensterben. Bei Turteltauben kann dieser Parasit ebenso hohe Infizierungsquoten auslösen. Eine hohe Ansteckungsgefahr besteht vor allem an den Futter- und Trinkstellen, da der Erreger von Vogel zu Vogel übertragen wird und meist tödlich für die Tiere ist.
Da die Turteltaube ein Zugvogel ist, müssen alle an einem Strang ziehen, um sie zu schützen. Die EU hat zwar einen Aktionsplan erarbeitet, aber das reicht nicht aus: Die Jagd auf Turteltauben muss sorfort gestoppt und die Landwirtschaft naturverträglich gestaltet werden. Mehr →
Die EU-weite Jagd auf Turteltauben muss ein Ende haben. Mit unserer Petition fordern wir Umweltministerin Svenja Schulze auf, sich bei der EU für ein Verbot stark zu machen. Danke an alle, die unsere Forderungen mit ihrer Stimme unterstützt haben! Mehr →