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So hilft F.R.A.N.Z. der Feldlerche
Dichtes Getreide und große Maisflächen: So sehen die Landschaften in vielen Gegenden Deutschlands aus. Solche Agrarwüsten machen es Arten wie der Feldlerche schwer, ausreichend Nahrung und Brutplätze zu finden. Darum gehen die Bestände zum Teil dramatisch zurück. Naturschützer und Landwirte wollen das ändern – und zwar gemeinsam.
F.R.A.N.Z. heißt ein Projekt, in dem Menschen zusammenarbeiten, die sonst wenig miteinander zu tun haben. Die Abkürzung steht für „Für Ressourcen, Agrarwirtschaft und Naturschutz mit Zukunft“. Auf zehn Höfen in ganz Deutschland erproben konventionell wirtschaftende Landwirte, Landwirtschaftsberater und Wissenschaftler verschiedene Maßnahmen, beispielsweise Blühstreifen, Feldvogelinseln oder Feldvogelstreifen.
Bauern überzeugen Bauern
Getragen wird das Projekt von der Umweltstiftung Michael Otto und dem Deutschen Bauernverband. Das Michael-Otto-Institut im NABU (MOIN) begleitet das Projekt wissenschaftlich, zusammen mit der Universität Göttingen und dem bundeseigenen Thünen-Institut. Geld kommt unter anderem vom Bund.
Naturschützer und Agrarlobby in einem Projekt – kann das funktionieren? Philip Hunke, beim MOIN für das F.R.A.N.Z.-Projekt zuständig, sieht in der Zusammenarbeit einen Schlüssel für mehr Naturschutz. Nach wie vor werden über 90 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland konventionell bewirtschaftet. „Wenn hier keine neuen Lebensräume für Feldvögel entstehen, ist es bald zu spät“, sagt Hunke. Bei F.R.A.N.Z. werden die Landwirte selbst zu Botschaftern für den Artenschutz. „Es bringt mehr, wenn ein Landwirt seinem Kollegen sagt, dass eine Maßnahme funktioniert, als wenn wir vom NABU das machen“, so Hunke.
Kleine Lücken im Acker
Einer dieser Landwirte ist Sven Borchert. Er leitet die Landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaft Groß Germersleben in Sachsen-Anhalt, die am Projekt beteiligt ist. Auf seinen Äckern hat Borchert unter anderem Lerchenfenster angelegt, das sind 20 Quadratmeter große Flächen, bei denen eine Getreideausaat unterbleibt. Diese Lücken dienen den Vögeln als Landeplätze im Getreide, wo sie ihre Nester bauen.
Feldlerchenfenster haben sich auf sehr großen Äckern bewährt, wenn die Landwirte außerdem Blühstreifen anlegen. Dort finden die Vögel Nahrung. Dank der Landeplätze können die Feldlerchen im Jahr mehrere Bruten aufziehen, was zwingend nötig ist, um die Bestände zu erhalten.
Breite Schneisen im Mais
Das in vielen Gegenden vorherrschende Wintergetreide, das bereits im Herbst gesät und im Frühling rasch dichter wird, ist für Feldlerchen ein Problem. „Zur Zeit der zweiten und dritten Brut ist das Getreide schon so dicht, dass die Vögel nicht mehr landen können“, so Hunke. Viele Paare weichen dann auf die noch nicht bestellten Maisflächen aus – mit fatalen Folgen. Wenn die Landwirte Mitte April beginnen, den Boden für die Aussaat vorzubereiten, brüten die Lerchen bereits und kommen buchstäblich unter die Räder. „Im Mais ist der Bruterfolg sehr gering“, sagt Hunke.
Um den Vögeln hier einen Schutzraum zu schaffen, erproben Sven Borchert und andere Landwirte eine noch wenig bekannte Maßnahme: Feldvogelstreifen. Die mindestens 18 Meter breiten Schneisen ziehen sich wie Vogelschutzstraßen durchs Maisfeld. Sie können entweder als Brache belassen oder ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel mit Sommergetreide bestellt werden. Die jüngsten Vogelzählungen im Projekt stimmen Hunke optimistisch. In den ersten beiden Jahren gab es auf den Feldvogelstreifen fünf- bis zehnmal mehr Feldlerchen als auf der umgebenden Maisfläche.
Lerchen bevorzugen Erbsen
Damit die kleinen Vögel sich auch im Wintergetreide wieder wohlfühlen, legen Borchert und andere Landwirte außerdem sogenannte Erbsenfenster an. Mit 1.600 Quadratmetern sind diese deutlich größer als herkömmliche Lerchenfenster. Den Vögeln sollen sie nicht nur als Landeplatz, sondern auch als Lebensraum und Kinderstube dienen.
Nach den ersten Zählungen kommen die mit Erbsen bestellten Flächen bei Feldlerchen gut an. Borchert ist allerdings skeptisch, ob er seinen Kollegen die Maßnahme schmackhaft machen kann. Wegen ihrer Größe müssen die Erbsenfenster nämlich als eigener Ackerschlag ausgewiesen werden, und das ist für die Landwirte mit viel Verwaltungsaufwand verbunden. „Hier bräuchten wir mehr Flexibilität bei den Vorgaben“, meint auch Hunke.
Zehn Jahre lang soll das F.R.A.N.Z.-Projekt laufen. Während dieser Zeit erhalten die Landwirte einen finanziellen Ausgleich für alle erprobten Maßnahmen. Aber ob der Naturschutz auch noch funktioniert, wenn es kein Geld mehr gibt?
Rechnet sich das?
Borchert sieht den Image-Gewinn durch blühende Randstreifen und artenreiche Brachen durchaus als Argument, um zumindest einige Maßnahmen weiterzuführen. Viele Radfahrer und Spaziergänger läsen die Schilder, die am Rand seiner Äcker über Lerchenfenster, Feldvogelstreifen oder Blühstreifen informierten. Auch mancher Kollege sei interessiert. „Einige Nachbarn fangen an, von sich aus Blühstreifen zu machen, ohne Geld dafür zu bekommen“, sagt Borchert.
Generell sollten sich Lerchenfenster und Co. aber rechnen, da sind sich Naturschützer und Landwirte einig. Ein Ziel des Projektes ist es daher, genau zu beziffern, was die verschiedenen Maßnahmen den Landwirt kosten. Auf dieser Basis sprechen die Forscher dann Empfehlungen für die zukünftige Förderung aus. Auch rechtliche Hürden wollen sie unter die Lupe nehmen und gegenüber der Politik benennen. Schließlich sollte der Schutz der Feldlerche nicht am Verwaltungsaufwand scheitern.
Ann-Kathrin Marr
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