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Jetzt Informieren!„Ein König gab mir heut die Ehre...“
Zaunkönig-Lyrik von Profidichtern und Amateuren
Ein Klick auf den blau hinterlegten Titel führt direkt zum jeweiligen Gedicht:
Der Zaunkönig von Eugen Roth
Der Zaunkönig von Joachim Heinrich Campe
Zaunkönig von Robert Hughes
Wer kennt seinen Namen? von Elsbeth Degler
Der Zaunkönig von Manfred Lieser
Zum neuen Jahr von Heinz Schoke
Zaunkönig von Werner Peter
Kinderrätsel von Ernst-Ulrich Jaeger
Zaunkönig von Dietrich Bentzien
März von William Hathaway
Zaunkönig von Gudrun Eberhardt
Mei Zauköneg! von August Mohn
Jahresvogel 2004 von Herwig Zillen
Königlicher Besuch von Johanna Stoeckor
Der Zaunkönig
Man trifft heut manchen Zaungast zwar,
doch der Zaunkönig, der wird rar,
der durch die Gärten, grün umbuscht,
so winzig wie ein Mäuschen huscht.
Eugen Roth (1895-1976), aus "Die Vögel"
Zaunkönig
Es wollten einst die Vögelein
beherrscht von einem König sein
und luden alle groß und klein
zum königlichen Wettflug ein.
Und alle schwangen sich empor,
doch allen tat´s der Adler vor.
Schon huldigt ihm der Vögel Chor,
als plötzlich unter ihm hervor
der allerkleinste Vogel flog
und ihn ums Königtum betrog.
Es hatte nämlich dieser Kleine
euch zwischen seine großen Beine,
von ihm und allen unentdeckt,
bis dahin listig sich versteckt
und flog gar kecklich jetzt hervor,
tat´s sonder Müh dem Adler vor
und wollte selbst nun König sein.
Er ward´s - allein zu seiner Schande.
Denn alle Vögle, groß und klein,
verhöhnten ihn im ganzen Lande.
Wohin er flog, da flog die Schmach
dem kleinen Vogel spottend nach.
Da fühlte seine Majestät,
wie schlecht erlogne Würde steht;
und wohnt seitdem, um vor
der Spötter Necken
geschützt zu sein, in Zäunen
und in Hecken.
Joachim Heinrich Campe (1746-1818)
Zaunkönig
Schimpfend, frech und kühn
aus dem Gestrüpp,
nicht weit
vom felsigen Ufer
des stürzenden Bachs
kommt der Gesang.
Staunen muß man immer,
wenn sein Lied erklingt,
daß so was Kleines
so laut singt!
Robert Hughes, aus: "Es wird doch wieder Frühling", DBV-Verlag 1986
Wer kennt seinen Namen?
Huschen, schlüpfen sich verstecken
und so gern die andern necken,
das macht dem Winzling riesig Spaß.
Oh Schreck, oh Schreck! wie eine Maus
läuft er und schlüpft, geht ein und aus,
die feuchte Wiese ist sein Reich.
man hört sein fesches zeck, zeck, zeck
dann ist er wieder im Versteck
als hätt die Erde ihn verschluckt.
Pilot der Lüfte ist er nicht,
der hecke rötlich braune Wicht,
weil er nur kurze Flügel hat.
Auch fehlt ihm etwas äußre Pracht,
doch die Natur hat´s wettgemacht
und ihm mit lauter Stimm gekrönt.
Oft sieht man ihn am Gartenzaun
doch selten auf dem hohen Baum.
Warum? Das weiß nur er allein.
Vom Pfahle her aus voller Brust,
vollmundig und mit Liebeslust
erschallt sein unverkennbar Lied.
Bald wird am Zaun die Hochzeit sein,
man zieht dort in die Wohnung ein,
sie muss nur unauffällig sein,
ein Nestersatz erfüllt den Zweck,
und schon ist eine Sorge weg.
Man lebt bescheiden, angepasst,
jüngst hat die Postbotin entdeckt,
dass sein Genist im Kasten steckt,
der ausgedient am Zaune hing.
Selbst aus dem alten Kupfertopf
ein Kleines stupste seinen Schopf,
der Frühspitz seiner Kinderschar.
Auch die Tasche einer Jacke,
glaubt´s ich habe keine Macke
wird oft zum Nistplatz ausgebaut.
Sagt nun wie heißt das Vögelein
mit dem spitzen Schnäbelein,
diesen Lied vom Zaune schallt
und lautstark durch die Lüfte hallt?
Man sagt, dass er ein König sei.
Elsbeth Degler
Der Zaunkönig
Bald ist schon März und neuer Schnee!
Der Winter will und will nicht weichen!
Und plötzlich doch ein Frühlingszeichen,
als ich aus meinem Fenster seh:
Dort thront ein kleiner Prinzregent
auf der Umfriedung hinterm Garten
und schmettert laut und vehement
vor freudigem Erwarten.
Er singt sein Liedchen als Solist -
ja so was Wunderbares -
und weiß genau, daß er es ist,
das Vögelchen des Jahres!
Manfred Lieser
Zum neuen Jahr
Im Januar beginnt das Jahr,
sehr kalt ist oft der Februar.
Im März der Winter scheiden will,
der Osterhas kommt im April.
Mit Blumenduft erfreut der Mai.
der Juni lockt mit Akelei.
Gelegentlich macht Julius
August jedoch fast nie Verdruss.
Und schon ertönt´s: O child, remember
the beauty blue days in september!
Die Ernte ist spät im Oktober
und im November längst im Schober.
Nun folgt vom Jahr nur noch der Rest:
Dezember mit dem Weihnachtsfest.
Bleibt ihr schön fix mit Kopf, Bein, Händen
vom Anfang bis das Jahr will enden.
Und damit ihr dazu auch Gelegenheit habt, füge ich eine Rätselaufgabe an, die übrigens auf eine wahre Begebenheit in unserm Garten zurückgeht:
Ein König gab mir heut die Ehre,
vielleicht auch nur des Königssohn,
recht klein, mir selber schien er wäre
noch kleiner als Napoleon.
So schien´s nicht nur er ist tatsächlich
ein unbedeutend kleiner Wicht;
nicht königstark, in Wahrheit schwächlich,
nur selber sieht er so sich nicht.
Er mag nicht majestätisch thronen,
viel lieber hockt er auf dem Zaun,
und Zepter oder güldne Kronen
sich auch bei ihm nicht anzuschaun.
Du siehst die Würde gilt ihm wenig.
Wie heißt wohl dieser kleine König?
Heinz Schoke
Zaunkönig
Das winzigkleine Königlein,
wie macht es sich so groß,
wie zwitscherts mit seim Stimmelein
und ist so schlau und los,
wie lieblich tut es singen
nach Wunsch und nach Begehr,
wie lustig tut es springen,
wie hüpft es hin und her.
Werner Peter
Kinderrätsel
Kannst du, Kind, mir sagen, welchen
König ich wohl meine?
Die Gestalt: ein leichtes Bällchen,
wunderflink und feine!
Fragst du nach des königlichen
Purpurs Leuchtgepräge?
Ach, der ist ins Braun verblichen
und liegt knapp und enge.
Hoch geschweift des Röckleins Schöße,
steif, gestutzt die Ecken? -
Fragst du nach des Reiches Größe?
Herr ist er der Hecken!
Dort sein Schlößlein, ohne Zinnen,
zierlich-klein bemessen,
aber weich gebettet drinnen
Prinzen und Prinzessen.
Keine Krone sah ich blitzen,
Sorgen hat er wenig,
und sein fröhlich Herz besitzen
möchte mancher König.
Will dir einst der Frohsinn sinken
unter Ämterbürde,
denke, Kind, des Leichtbeschwingten
mit der Königswürde!
Ernst-Ulrich Jaeger
Zaunkönig
Von Statur her nur ein kleiner Wicht,
daher findet er die Beachtung nicht.
Frustriert setzt er Alles auf eine Karte,
und meldet sich lauthals von hoher Warte.
Vom Schöpfer auch farblich nicht reich bedacht,
es fehlt dem Gefieder die bunte Pracht.
Doch als Vogel des Jahres gewann er das Rennen,
mit Recht darf er sich jetzt Zaunkönig nennen.
Dietrich Bentzien
März
Auf der gefrorenen Knospe
ein Zaunkönig, aufgeplustert dem Schneeregen zu trotzen,
singt und stelzt seinen Schwanz.
Gedicht im japanischen Haiku-Stil von William Hathaway
Zaunkönig
Auf stillem Waldpfad, ganz allein,
bestaun ich junge Winterpracht.
Ein zarter Schnee hat silberfein
die Welt verzaubert über Nacht.
Ein Sonnenstrahl steht in den Zweigen -
ringsum herrscht Schweigen.
Da horch! Ein muntrer Vogelschlag
durchjubelt laut den Wintertag!
Zaunkönig, dieser kleine Wicht,
mit seinem Vers das Schweigen bricht.
Noch einmal jauchzt sein Lied empor -
dann wieder Schweigen wie zuvor.
Es klang so froh, so keck, so hell:
Hab Dank, du winziger Gesell!
Gudrun Eberhardt
Mei Zauköneg!
Äll Johr wenn"s Laub schau gfalla ischt,
dr Wald so kahl und groo,
konnt er zua mir her uff da Mischt:
Mei Zuaköneg ischt do!
Er hot a prächtegs Wintr-Kloid,
so schö, so gschilblat brau;
und wiea nen so betracht, da Hoid,
noch schlupft er dur da Zau.
I ma da kleina, flinka Tropf
Und sorg für ihn au sacht.
So freut mi, dass er in eisem Schopf
Sei Winter-Herberg macht.
Noch pfitzt er, wusleg, wiea er ischt,
dur d Spelta und durs Strau
und frisst diea Mückla mo im Mischt;
glei älle asa rau.
Wenns streng und neana nix maih geit
Und d Mischte au no zua,
dass er noch jo itt Hunger leid,
drum fuattra i mein Bua.
Steigt d Sonna, isch um Liachtmeß romm;
Bald päckt da Siacha d Luscht.
Dr juckt und pfludrat romm und nomm,
singt lauter aß wiea suscht.
Goht noch im Mäz a loher Wind,
noch isch um ihn au gscheha:
Do hot dr noch a Weib em Grend
Und du, du hoscht da gseha!
August Mohn (von 1982)
Jahresvogel 2004
Zwischen Hecke, Beet und Zaun
stöbert unser Gartenclown.
Rund-possierlich die Erscheinung,
liebenswert nach aller Meinung,
wieselflink und mäusegleich
huscht der Zwerg durchs Pflanzenreich.
Gradlinig strebt der kleine Mann
im Schnurrflug sichre Deckung an.
Ordnung ist nicht seine Sache,
dass man"s ihm behaglich mache
wünscht er sich, ganz nach Belieben,
Buschwerk, Dickicht, Kraut und Rüben.
Auch der Bachlauf ist willkommen,
Moos wird gern für"s Nest genommen.
Zehn Gramm kaum wiegt die Winzigkeit
mit Bänder-braunem Federkleid
und keckem Schwänzchen, das zumeist
vorwitzig Richtung Himmel weist.
Von hoher Warte singt der Wicht
sein schmetternd Lied im Morgenlicht,
wie fröhlich es so hell im Wald
und weithin durch die Feldmark schallt!
Der Hausbau geht das Männchen an,
in größrer Stückzahl, so der Plan.
Bei altbewährter Kugelform
ist hier der Seiteneinschlupf Norm.
Hört"s Frauchen dann sein Sing-Signal
Fliegt sie herbei, trifft ihre Wahl.
Bald macht sich auch der Nachwuchs breit:
Sechs Junge keine Seltenheit!
Ging mit der ersten alles gut,
folgt meist die zweite Jahresbrut,
Ihr Koboldwesen, putzig klein,
sollt uns hier stets willkommen sein.
Troglodytes Troglodytes, Schöpfung heiteren Gemütes,
erfreu uns, kleine Majestät, solange sich die Erde dreht.
Herwig Zillen
Königlicher Besuch
Am Fenster sitze ich ganz versonnen,
auf einmal ist er gekommen.
Vom Himmel kam er angeflogen,
ich spreche ganz laut "wo kommst du denn her"?
Er sagt kein Wort und ist wie gekommen
so schnell wieder fort.
Es ist noch niemals geschehen,
ich werde nun öfter nach ihm sehen.
Sein gefiederter Leib so winzig und klein,
das muss wahrhaftig ein Zaunkönig sein.
Johanna Stoeckor (von November 1998)