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Eine Geschichte im Jahr des Zaunkönigs
Lange Jahre lebten die Elefanten, die wilden Ziegen, Löwen, Strauße, Tauben, Wölfe und Füchse, Rehe und Hirsche ungestört auf der Erde - bis der Mensch kam. Auch er brauchte Land und Nahrung, genau wie die Tiere. Die ersten Menschen waren genügsam. Mal töteten sie ein Reh, dann ein Schwein. Sie töteten nicht mehr, als sie brauchten. Später dann wollten die Menschen auch Land.
Und weil sie kein Land hatten, nahmen sie das Land der Tiere. Sie vertrieben Schwein und Hirsch, Elefant und Antilope um Weizen und Mais anzubauen. Die Menschen aber wurden mehr und wollten auch mehr. Sie bauten große Städte, sie bauten Fabriken und Autobahnen. Und die Tiere? Ihnen blieb immer weniger Platz zum Leben.
Wachtelkönig und Luchs, Wolf und Bär fanden überhaupt keinen Platz mehr. Sie legten sich zum Sterben. Ein paar gab es, die fanden bei den Menschen neue Wohnungen: der Haussperling, die Hausmaus, die Hausratte und der Mauersegler. Doch den meisten Tieren ging es schlecht. Rebhühner und Fische starben an Giften, die Menschen in der Landschaft versprühten. Stare wurden vertrieben, weil ihnen die Trauben der Menschen mundeten, die Wölfe getötet weil sie Fleisch fraßen. Da sagte der Rabe: " So kann es nicht weitergehen. Wir müssen unseren König um Rat fragen. Der muss uns erzählen, was wir tun können."
Aber wo war der König der Tiere zu finden? Der König der Tiere ist nämlich nicht besonders groß, reich oder mächtig. Der König der Tiere ist winzig klein - aber sehr weise. Es ist der Zaunkönig. Der Zaunkönig war über die Gier der Menschen schon lange beunruhigt. Er hatte sich in eine stille Ecke im Brombeergerank neben dem Wasserturm zurückgezogen. Er überlegte und überlegte, was die Tiere tun könnten.
Der Rabe war"s, der ihn dort entdeckte. Lange sprachen der Rabe und der Zaunkönig miteinander und suchten nach einer Lösung. Der Rabe war weit herumgekommen. Es gibt eine Insel, erzählte er, weit im Meer, da gibt es keine Menschen, wenn wir Tiere dorthin zögen?
Das war mein Traum, sagte der Zaunkönig. Eine Insel ohne Menschen, eine Insel im fernen Meer. Dann ist es also wirklich wahr? Sie saßen noch viele Stunden zusammen und planten. "Flieg," sagte der Zaunkönig dann zum Raben, "flieg und ruf alle Tiere zusammen. Wir wollen ein Floß bauen, hier unten am Fluss. Dann werden wir rudern und segeln, bis wir die Insel erreicht haben."
In den nächsten zwei Wochen war am Fluss bei den großen Eichen und Pappeln heftiges Treiben. Die Biber und die Spechte fällten die Stämme, die Pirole verrieten, wie man sie zu einem riesigen Floß zusammenbindet. Der Zaunkönig wuselte überall herum und überprüfte die Arbeiten.
In einer Vollmondnacht war das Floß fertig. Laut und deutlich schmetterte der Zaunkönig: "Alle Tiere an Bord." Und sie kamen angeströmt: Hasen und Hamster, Marder und Igel, Grasmücken und Störche, Gänse und Bussarde, Käfer und Schnecken, Spinnen und Libellen, sogar Fische und Wale.
Endlich um Mitternacht legte das Floß ab. Es trieb den Strom abwärts. Als sie am Morgen das Meer erreichten, war die See ruhig. Die Störche und Kormorane breiteten ihre Schwingen als Segel aus, und die Enten paddelten mit ihren Schwimmfüßen. Die Ottern schoben das Floß voran. "Rabe," sagte der Zaunkönig, "flieg du voran und schau, dass wir den richtigen Kurs steuern."
Gegen Abend kam der Rabe wieder. "Ihr segelt gut," sagte er. "Wenn wir so weiter kommen, haben wir in zwei Tagen die Insel erreicht." Und er erzählte dem Zaunkönig von den Wäldern und Wiesen, die es auf der Insel gab.
Der Zaunkönig überlegte, wie er die Tiere auf der Insel verteilen könne. Tatsächlich, alles ging gut. In einer Bucht machten sie die Anker fest. Die Tiere waren froh, wieder Land zu sehen. Sie gingen an die Plätze, die ihnen ihr König zugeteilt hatte. Reh, Fuchs und Buntspecht gingen in den Wald, Maulwurf und Storch auf die Wiese, die gelben Ameisen richteten sich unter einem flachen Stein ein. Die Bienen durften in einer Baumhöhle ihre Waben bauen.
Den Raben ernannte der Zaunkönig wegen seines Weitblicks zu seinem Minister. Er bezog einen riesigen Baum von dem aus er aufs Meer hinauschauen konnte
Noch leben die Tiere auf der Insel, und jedes hat seinen Platz. Und die Menschen? Zuerst bemerkten sie gar nichts. An einem Morgen aber fragte der kleine Junge: "Mutter, wo ist denn die Amsel, die immer da drüben auf dem Dach singt?"
Und als die Menschen zu Ostern in den Wald gingen, da war es da seltsam still und leer. Kein Specht lachte, keine Drossel sang, keine Bienen waren zu hören, kein Fuchs zu sehen und kein Reh.
Woran mag das liegen, dachten die Menschen. Lange grübelten sie. Der kleine Junge fragte seine Mutter, kann es sein, daß es den Tieren bei uns nicht mehr gefiel, kann es sein, daß die Amsel bei uns keinen Wurm mehr fand?
Doch als die Menschen überlegten, warum sie von den Tieren verlassen wurden, da war es schon zu spät.
Klaus Ruge