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Aus Conrad Gesners Vogelbuch von 1598
Aus Conrad Gesners Vogelbuch von 1598
Der Züricher Mediziner und Naturforscher Conrad Gesner (1516 bis 1565) hat mit seiner ab 1551 erschienenen "Historia Animalium" erstmals in Mitteleuropa eine Tier-Enzyklopädie herausgegeben. Die darin enthaltene Seite über den Zaunkönig aus der Frankfurter Ausgabe von 1598 haben wir zur besseren Lesbarkeit sprachlich etwas modernisiert.
Der Originaltext steht unten auf der Seite, die illustrierte Buchseite kann - wie das gesamte Vogelbuch - beim so genannten HUMI-Projekt der japanischen Kejo-Universität betrachtet werden.
Von dem Zaunschlüpflein
"Aetius, da er von den gemeinen Arzneien des Steins in der Blasen oder in den Nieren schreibt, da spricht er: Das Zaunschlüpflein ist das allerkleinste Spätzlein, welches seine Nahrung in den Mauern und Hecken sucht, und ist unter allen Vögeln das kleinste - das ausgenommen, so ein Königlein genannt wird [gemeint ist das Goldhähnchen, Anm. d. Red.], es ist aber dem Königlein in vielen Stücken gleich, außer dass es an der Stirn nicht goldfarbene Federlein hat, es ist auch etwas größer und schwärzer und hat allzeit einen aufgereckten Schwanz und hinten weiß gestreift. Es ist viel geschwätziger denn das Königlein, hat zuoberst auf den Flügeln mehr Flecken und fliegt nicht weit.
Man muss sich aber ob seiner natürlichen Kraft und Wirkung verwundern. Dann wenn es eingesalzen oder roh gegessen wird, heilt es die obengenannte Krankheit kräftiglich. Und ich erkenne Etliche, die von diesen ganz gesund worden sind. Man bereitet aber dies am besten so man es rupft und mit viel Salz besprengt, und wenn es gar ist, so isst man es für die obengenannte Sucht. Man wird sie aber nützlicher gekocht essen, für aus des Geschlechtes, das im Winter allenthalben gesehen wirt.
Es wird auch auf ein andere Weise gebraucht: Das wirft man ungerupft in ein Töpflein, und so man es bedeckt, wird es gebrannt: Doch muss man fleißig aufpassen, dass du nicht betrogen werdest, so es zu Aschen worden, dass es nicht gar verbrenne. Denn dies widerfährt dem und andern Stücken so dann gebrannt werden. Darum ist es besser, dass man den Deckel nicht verstreiche, damit man stets dazu sehen könne. Die Aschen aber so von einem kommt, soll man alle auf ein Mal brauchen für sich selbst, oder ein wenig Kerbel oder Pfeffer darunter vermengt, damit es desto wohlgeschmackter werde.
Dies Spätzlein gebacken ist Nutz denen so über Feld gehen. Dies kann man in Honig stets bei sich bereit tragen. Doch bedünkt mich, dass die Gattung am besten sei, wenn einer dem die Federn ausrupft und also lebendig einsalzt, welches ich auch tu, spricht Philagrius. Es wird dies auch gebraten, und also ganz, allein die Federn davon getan, gegessen.
Dieses Vogels Nest hab ich ein mal am Herd [gemeint ist wohl der Vogelherd, also die Vogelfanganlage; Anm. d Red.] in den Brennnesseln gesehen. Ich hab dazu die Jungen, ehe dann sie fliehen mochten, oft unter dem Kraut hin und her gesehen kriechen. Es gelebt der Würmlein, und rauschet vor dem Abend mehr, und schläft fast zuletzt von allen andern Vögeln, sagt Turnerus.
Glaubwürdige Leute bezeugen, dass dieser Vogel für den Stein sehr dienlich sei. Wie man aber ein jedes Tier recht zu der Arznei zu brauchen, brennen solle, ist in der Lerchen gesagt worden [gemeint ist das Kapitel über die Lerche in Gesners Vogelbuch, Anm. d. Red.]. Dies Vögelein wird zu deutsch auch ein Turnkönig, Schneekönig, Zaunkönig, Nesselkönig, Winterkönig und Mäusekönig genannt.
Unser Zaunschlüpflein macht sein Nest in Wänden, aus Moos, Federn darein gelegt. Es jagt Spinnen und singt sehr lieblich. Es mag aber nicht gehalten werden. Es sing füraus im Mai. Es legt zwei mal im Jahr, auf ein mal fast neun Eier, als Albertus schreibt.
Für das schwer und triefend Harnen: Nimm ein Zaunschlüpflein, verbrenne dies also ganz, und nimm die rein gepulverte Aschen, und gib sie aus Wein zu trinken, eines Quintleins schwer. Dieses verkündigt mit seiner Stimme den Regen."
Originaltext aus Gesners Vogelbuch:
Von dem Zaunschlüpfflein
Passer Troglodytes
Aetius, da er von den gemeinen arzneyen des steins in der Blasen oder in den Nieren schreibt, da spricht er: Das Zaunschlüpfflein ist das aller kleinste Spätzlein, welches sein Nahrung in den Mauren und Hegen sucht, und ist das unter allen Vögeln das kleinste, das ausgenommen so ein Küngelein genannt wird, das ist aber dem Küngelein in vielen Stücken gleich, ohn allein dass es an der Stirn nicht goldfarbene Federlein hat, es ist auch etwas größer und schwärzer und hat allzeit einen auffgereckten Schwanz und hinten weiß gestreuft, es ist viel schwätziger dann das Küngelein, und hat zu oberst auff den Flügeln mehr flecken, und fleugt nicht weit. Man muß sich aber ob seiner natürlichen Krafft und Wirckung verwundern. Dann wenn es eingesaltzen oder rohe gessen wirt, heilet es die obgenannte Kranckheit kräfftiglich. Und ich erkenne etliche die von diesen ganz gesund worden sind. Man bereitet aber diß am besten so man es repfft, und mit viel Saltz besprengt, und wenn es dun worde so isset man es für die obgenannte Sucht. Man wirt sie aber nützlicher gekocht essen, für auß deß geschlechtes das im Winter allenthalben gesehen wirt. Es wird auch auff ein andere Weiß gebraucht: Das wirfft man ungeropfft in ein Häflein, und so man es bedeckt, wirdt es verbrennt: doch muß man fleißig warnehmen, daß du nicht betrogen werdest so es zu Aschen worden, daß es nicht gar verbrenne: dann diß widerfährt dem und andern Stücken so dann gebrennt werden: darumb ist es besser daß man den deckel nicht verstreiche, damit man stäts darzu sehen könne. Die Aschen aber so von einem kompt, sol man alle auff ein Mal brauchen für sich selbst, oder ein wenig Phyllon oder Pfeffer darunder vermengt, damit es desto wolgeschmackter werde. Diß Spätzlein gebrennt ist Nutz denen so über Feldt gehen. Diß kann man in Honig stäts beynn bereit tragen. Doch bedünckt mich die Gattung am besten seyn, wenn einer dem die Federn austropfft und also lebendig einsaltzt, welches ich auch thu, spricht Philagrius. Es wird auch diß gebraten, und also gantz, allein die Federn davon gethan, gessen, sehr nützen. Dieses vogels Nest hab ich ein mal am Herd in den grünnesseln gesehen, ich hab darzu die jungen, ehe dann sie fliehen mochten, offt under dem Kraut hin und her gesehen krichen. Es gelebt der Würmlein, und rauschet vor dem Abend mehr, und schläfft fast zuletzt auß allen andern vögeln, sagt Turnerus. Glaubwürdige Leut bezeugen, daß dieser vogel für den stein sehr dienstlich sey. Wie man aber ein jedes Thier recht zu der Arzney zu brauchen, brennen solle, ist in der Lerchen gesagt worden. Diß vögelein wirt zu Teutsch auch ein Thurnkönig, Schneekönig, Zaunkönig, Nesselkönig, Winterkönig, und Mäuskönig genennt.
Unser Zaunschlüpfflein macht sein Nest in Wänden, auß Mieß, federn darein gelegt. Es jagt Spinnen, und sungt sehr lieblich: es mag aber nicht erhalten werden. Es sing fürauß im Meyen. Es legt zwey mal im Jar, auff ein mal fast neun Eyer, als Albertus schreibt. Für das schwer und trieffend harnen: Nimb ein Zaunschlüpfflein, verbrenne diß also gantz, und nimb die rein gepulverte Aschen, unnd gib sie auß wein zu trincken, eines quintleins schwer. Dieses verkündigt mit seiner stimm den Regen.