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Historische Ansichten über den Mauersegler
Im 13. Jahrhundert beschrieb der mittelalterliche Universalgelehrte Albertus Magnus in seinem naturgeschichtlichen Werk "Über die Tiere" unter dem sonst unbekannten Namen "Driacha" einen Vogel, bei dem es sich nur um den Mauersegler handeln kann. Der exzellente Aristoteles-Kenner und Gelehrte, der sich sonst gern auf das beruft, was er mit eigenen Augen gesehen hat, behauptet, dieser Vogel habe keine Füße, krieche, wenn er auf die Erde gefallen sei, mit den Ellbogen seiner Flügel und auf der Brust wie eine Fledermaus und trete erst zu Beginn des Sommers in Erscheinung. Er brüte dann, und wenn die Jungen herangewachsen seien, sterbe er, "die Jungen als Nachfolger seines elenden Lebens zurücklassend".
Entweder schweben oder liegen
An diesen Beobachtungen ist viel Richtiges, wenn Albertus auch, was das Fehlen der Füße betrifft, seinen Aristoteles nicht genau genug gelesen hat. Der antike Philosoph aus dem 4. Jahrhundert vor Christus weist ausdrücklich darauf hin, dass der Name des Vogels (Apus = der Fußlose) nicht wörtlich zu nehmen sei, sondern im übertragenen Sinn für seine "schlechten" Füße stehe. So sieht es auch der Römer Plinius der Ältere, wenn er schreibt, die Apodes (Fußlosen) könnten ihre Füße nicht gebrauchen. "Die übrigen Vogelarten setzen sich oder stehen; diese dagegen haben nur Ruhe im Nest: entweder schweben sie in der Luft oder sie liegen."
Als Sterben der Mauerseglereltern nach der Brutzeit deutet Albertus Magnus offensichtlich das plötzliche Verschwinden der Segler im Hochsommer. Andere Autoren erklären dies noch viel abenteuerlicher: Der Schweizer Arzt Konrad Gesner berichtet von der zu seiner Zeit noch herrschenden Meinung, die Segler würden den Winter nahe aneinander geschmiegt in Bächen, Seen oder Weihern und in Felsen an der Meeresküste verbringen.
Lange als Schwalbe betrachtet
Die Zuordnung zu den Schwalben hat sich lange gehalten. Kaiser Friedrich II. hält es dabei im Mittelalter genauso wie Konrad Gesner in der beginnenden Neuzeit in seinem Vogelbuch ("Er ist der gröste und schwärtzeste unter allen Schwalben"). Marcus zum Lamm berichtet in seinem "Thesaurus Picturarum" (Bilderschatz) von einem Exemplar, das am 23. Mai 1590 im Kornhaus von Heidelberg gefangen wurde. Auch er nennt ihn eine Art Schwalbe, an welcher er die "kurtzen füßlin" bemerkenswert findet.
Über das Schlafen im Flug bestand lange Zeit Unklarheit, aufgrund der schweren Nachweisbarkeit. Das gemeinsame Aufsteigen von Mauerseglertrupps in wärmere Luftschichten zum Übernachten hat zum ersten Mal der Italiener Lazzaro Spallanzini schon im Jahr 1797 beschrieben. Noch bis ins 20. Jahrhundert wird dies von Vogelkundlern bestritten, und die englischen Biologen Martin und Lucy Duncan betrachten in ihrem 1965 erschienenen Werk "The book of the Countryside" die Tatsache, dass man Mauerseglerpaare nachts Seite an Seite auf ihrem Nest gefunden hat, als Gegenbeweis.
Mauerseglerfang mit Angelrute
Als Mitglieder der Schwalbenfamilie blieben die Mauersegler bei uns in historischer Zeit ohne Verfolgung. Aus südlichen Ländern, aus dem Piemont, aus Savoyen und von Sardinien ist allerdings bekannt, dass sie dort gefangen und gegessen wurden. In diesem Zusammenhang wird von einer interessanten Fangmethode berichtet: Jungen hielten aus einem hohen Turm heraus eine Angelrute mit einer Feder oder einem Insekt als Köder und konnten auf diese Art bis zu sechs Dutzend Vögel an einem Tag fangen.
Bei uns aber wurden die Mauersegler laut dem Zeugnis des "Großen Universallexikons" von 1732 nicht gegessen, wohl aber in der Medizin verwendet. Sein Fleisch wurde verordnet gegen die "schwere Noth", zur Stärkung der Sehkraft, gegen das Lendenweh und wegen seiner diuretischen Wirkung.
Kampf mit scharfen Krallen
Zwar sind die Füße des Mauerseglers zum Sitzen und Gehen wirklich ungeeignet, aber im Kampf mit Brutplatzkonkurrenten bilden sie mit ihren scharfen Krallen, die alle nach vorn gerichtet sind, eine sehr wirksame Waffe. In der älteren Vogelliteratur werden viele gewaltsame Hausbesetzungen des Mauerseglers ausführlich geschildert. Als Beispiel sei ein Bericht von Karl Theodor Liebe, des Begründers des "Deutschen Vereins zum Schutze der Vogelwelt", angeführt:
"Ein Staar, welcher bei Vertheidigung seiner Burg gegen einen Mauersegler von diesem arg verletzt und zuletzt, als der Garteneigenthümer ihm zu Hülfe kommen wollte, verendet in dem Kasten gefunden worden war, zeigte tiefe Risse in der Haut der Flügelbeuge und des Rückens, namentlich aber auch am Kopfe, wo sogar die Haut theilweise abgelöst war. Solche Wunden kann der Segler unmöglich mit seinem weichen, biegsamen Schnabel beibringen; sie lassen sich nur erklären, wenn man annimmt, dass sie mit ihren zwar kleinen, aber scharf bekrallten Füßen kämpfen, falls Schnabel und Flügel nicht mehr ausreichen wollen."
Hymne auf die Flugkunst
Weil diese Kampfeslust Ende des 19. Jahrhunderts im Raum Heilbronn dazu führte, dass die Mauersegler die Stare aus ihren Nistkästen verdrängten, sah sich der Ornithologe König-Warthausen gezwungen, "energisch einzugreifen". Bei der aus dem Jahr 1891 berichteten Aktion wurden 58 Mauersegler getötet. Den aufgekommenen Widerwillen gegen den Vogel versucht Brehm mit den folgenden Bemerkungen zu dämpfen: "Der Flug ist so wundervoll, dass man alle uns unangenehm erscheinenden Eigenschaften des Seglers darüber vergisst und immer und immer wieder mit Entzücken diesem schnellsten Flieger unseres Vaterlandes nachsieht."
Fast hymnisch wird dieses Flugverhalten von dem französischen Naturforscher Jean-Henri Fabre geschildert: "Wie räumen die Mauersegler unter den Insekten der Dämmerung auf, wenn ihre aufgeregten Scharen endlos im Kreis hin- und herfliegen, in der Heiterkeit des rötlichen Abendhimmels, wenn die Sonne untergeht! Was für ein Ungestüm im Flug! Was für überraschende Wendungen im Raum! Welche Lebhaftigkeit!" Fabre wäre sicher damit einverstanden gewesen, dass der Mauersegler Vogel des Jahres wird.
Karl Wilhelm Beichert
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