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Der Spatz: Vom Kulturfolger zum Kulturgut
Der Haussperling, besser als Spatz bekannt, ist dem Menschen in fast jeden Winkel der Erde gefolgt. Daher überrascht es kaum, dass er auch fester Bestandteil von Sprichwörtern oder Redensarten ist und es bis zur Titelfigur in Geschichten und Gedichten gebracht hat. Selbst Wolfgang Amadeus Mozart scheint der "Allerweltsvogel" beeindruckt zu haben, denn eine charakteristische Violinfigur brachte der unter KV220 verzeichneten festlichen Messe den Titel Spatzenmesse ein.
Der Spatz hat kein eindeutiges Image: Manchmal ist er klein und unscheinbar, manche halten ihn für diebisch und frech, andere trauen ihm aber auch eine gute Portion Raffinesse zu. Ohne Zweifel handelt es sich beim Haussperling um ein geselliges Wesen. Wer aber aus einem Spatzen eine Nachtigall machen will, ist wohl zum Scheitern verurteilt. Selbst Menschen, die mit Kanonen auf Spatzen schießen, werden von uns eher belächelt, weil sie mit zu großem Aufwand auf Geringfügigkeiten reagieren. War dort vielleicht ein Spatzenhirn am Werke, fragen wir uns dann. Möglicherweise hat die betreffende Person aber auch nur Spatzen im Kopf, was kaum besser als eine "Meise unter dem Pony" sein dürfte.
Das Wort Sperling ist aus dem althochdeutschen Wort "sparo" abgeleitet und hängt vermutlich mit dem indogermanischen spar wie "zappeln" zusammen. Doch ein Zappeln werden die wenigsten mit dem kleinen Singvogel verbinden. Auch wenn wir unseren Schatz mitunter "Spatz" nennen, die meisten Bezeichnungen für den Haussperling sind wahrlich keine Kosenamen. Für viele ist der Dreckspatz, der gerne Staubbäder nimmt, ein echter Mistfink, weil er selbst dort noch einen reich gedeckten Tisch vorfindet. Ob Mösche, Ötsch, Lüning oder Leps, trotz der vielen "lokalkolorierten" Namen stand der Haussperling früher gleichbedeutend für einen Korn- oder Speicherdieb, kurz einen frechen Gesellen.
In einem alten deutschen Kindervers wird ungezogenen Kindern humorvoll gedroht: Ich hab´ein bös Kindchen. Wenn´s immer so bleibt, so stell ich´s in Garten, dass´s die Spatzen vertreibt. Bis in die 50er Jahre hat der Mensch aus seiner Geringschätzung für den Haussperling keinen Hehl gemacht und den Singvogel sogar bekämpft. Heute "straft" man ihn eher durch Nichtbeachtung. Auch so manche Redensart und menschlicher Typus scheint durch Nichtbeachtung verloren zu gehen. Wer glaubt denn heute noch, dass jemand Spatzen unter dem Hut hat, nur weil er zu faul oder unerzogen ist, die Kopfbedeckung beim Grüßen abzunehmen? Bei schwierigen Entscheidungen jedoch erinnern sich viele Mitmenschen eines der bekanntesten deutschen Sprichwörter. Anstatt etwas Unerreichbarem nachzulaufen, besinnen sie sich dann darauf, dass ein Spatz in der Hand besser ist, als eine Taube auf dem Dach. Im Englischen bleibt der Sperling verschont, denn es heißt dort allgemeiner: A bird in the hand is worth two on the roof.
Seit der Mensch sesshaft wurde und Ackerbau betreibt, begleitet ihn der Spatz in Städten und Dörfern. Mehr Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Spatz hatte Karl Mayer (1786-1870) wohl entdeckt, als er in einem Scherzgedicht schrieb: Für den Spatz ist das Pläsier, für die Spätzin sind die Pflichten. Doch trotz möglicher Parallelen geht der Mensch eher auf Distanz. Platz für Vermutungen und Interpretationen erlaubt ein Satz des Dichterfürsten Goethe: Weiß denn der Sperling, wie dem Storch zumute sei, fragt er. Auch wenn wohl die meisten Menschen weder die Befindlichkeit des Storches noch des Spatzes ergründen können, ein Unterschied scheint offensichtlich und eines steht fest: Mit einer Spatzenmahlzeit will sich niemand abspeisen lassen.
Kontraspatz und Spatznit
Mit speziellen Futterhäuschen versuchte man früher, die Haussperlinge von der Winterfütterung auszuschließen, da sie aus damaliger Sicht eine große Konkurrenz für die übrigen Singvögel darstellten. Auch der NABU (damals noch DBV) macht bis 1965 mit und bot seinen Mitgliedern die Futterhäuschen "Antispatz", "Kontraspatz" und "Spatznit" zum Verkauf.
Stimme des Haussperlings anhören
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