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Die Goldammer - ein typischer Vogel der Kulturlandschaft
"Wie, wie hab ich dich so lieb" so hat der Volksmund das Lied der Goldammer, "Vogel des Jahres 1999", gedeutet. Dieser Gesang wurde nicht nur von Beethoven in seiner 5. Symphonie aufgegriffen, sondern war auch Joseph von Eichendorff wohl vertraut. In seiner Erzählung: "Aus dem Leben eines Taugenichts" spiegelt die Strophe der Goldammer die unterschiedliche Stimmung der Jahreszeiten wider: "Immer betrübt" singt sie in Herbst und Winter: "Bauer, miet mich, Bauer miet mich!", während sie "ganz stolz und lustig" das Frühjahr einläutet: "Bauer, behalt deinen Dienst!"
Der Gesang der Goldammer, der jahreszeitlich länger als der anderer Singvögel zu hören ist, gehört einfach zur Kulturlandschaft. Denn außer dem Gesang der Feldlerche, dem "Vogel des Jahres 1998" ist wohl keine Vogelstimme in unseren Feldfluren so markant wie das Lied der Goldammer. Wenn man den Werdegang dieser Art verfolgt, ist ihre weite Verbreitung auch nicht verwunderlich: Kaum ein Vogel hat so von der Landnutzung durch den Menschen profitiert wie die Goldammer. Als ursprünglicher Bewohner der Waldsteppen und ähnlicher halboffener Landschaften ist sie dem Menschen nach Mitteleuropa gefolgt. Überall dort, wo die Elemente der traditionellen Landbewirtschaftung noch vorhanden sind, ist die Goldammer zu Hause: in abwechslungsreichen Landschaften mit Hecken und Sträuchern, Obstbäumen und kleinen Gehölzen, an Waldrändern und Lichtungen, an Windschutzstreifen, an Dämmen und Böschungen. Sie ist ein typischer Bewohner von Rand- und Saumbiotopen.
Hört man das Lied, das viele als leicht melancholisch empfinden, ist der gut sperlingsgroße Sänger meist leicht auszumachen, denn er sitzt mehr oder weniger exponiert, gerne auf einem Baum, einem höheren Strauch oder auch einem Leitungsdraht. Das Männchen ist durch seine Gefiederfärbung unverkennbar, wobei besonders im Brutkleid der Kopf und die Brust goldgelb leuchten können. Weibchen und Jungvögel sind von unscheinbarerer Färbung mit mehr Grau- und Grüntönen und insgesamt stärkerer Streifung. Charakteristisch für alle Geschlechter und Kleider ist der rotbraune Bürzel, der die Goldammer von ihren Verwandten, die manchmal sehr ähnlich aussehen können, sicher unterscheidet.
Ein Großteil der heimischen Goldammern überwintert auch bei uns, oft gesellig in Schwärmen. Bereits Ende Februar lösen sich einzelne Männchen von den Trupps, besetzen ein Revier und beginnen zu singen. Bei Schlechtwettereinbrüchen kann dies wieder aufgegeben werden, das Männchen kehrt in den Schwarm zurück. Mitunter können sich Goldammern sogar schon im Winter verpaaren, in der Regel geschieht dies aber erst am Brutplatz. Das Weibchen wählt den Nistplatz, in dem es sich einen vom Männchen angebotenen Neststandort aussucht. Es baut das recht einfache Nest allein, meist am Boden oder in bodennaher Vegetation. Gemessen am frühen Gesangsbeginn erfolgt die Eiablage spät, nicht vor Anfang April, oft erst im Mai und kann in den Sommer hinein ausgedehnt werden. Das Gelege besteht im Schnitt aus vier blaßgrauen oder -braunen Eiern. Nach einer Brutdauer von 12 bis 14 Tagen schlüpfen die Jungen, die nach weiteren 12 bis 13 Tagen das Nest verlassen. Wie bei allen bodenbrütenden Arten sind die Verluste an Gelegen und Jungvögeln recht hoch, wobei die Hauptursachen die landwirtschaftliche Bodenbearbeitung durch direktes Zerstören oder Vergiften durch Spritzmittel, aber auch schlechte Witterungsbedingungen und tierische Beutegreifer sind.
Das Verbreitungsgebiet der Goldammer reicht vom nördlichen Mittelmeergebiet bis zum Nordkap, von Westeuropa bis Sibirien. Die Bestände der Goldammer sind in weiten Teilen ihres großen Verbreitungsgebietes stabil. Für Europa (ohne Rußland) rechnet man mit etwa 19 Millionen Brutpaaren, für Deutschland dürfte eine Zahl von 2 Millionen realistisch sein. In vielen Gebieten Mitteleuropas sind jedoch starke Rückgänge zu verzeichnen. Dramatische Einbrüche werden etwa aus landwirtschaftich intensiv genutzten Regionen wie Norddeutschland, Belgien und den Niederlanden gemeldet, wo die Art schon in die Rote Liste aufgenommen werden mußte.
Die Ursachen sind bei der Goldammer grundsätzlich die gleichen wie bei ihrer Vorgängerin als Vogel des Jahres, der Feldlerche: In der intensiv genutzten Agrarlandschaft findet sie weder Platz zum Brüten noch genügend Nahrung. In vielfältigen und strukturreichen Landschaften konnte die Goldammer ihre Bestände halten, mancherorts gelang es sogar, sie durch gezielte Anpflanzungen noch zu steigern.
Die Vögel des Jahres 1998 und 1999, Feldlerche und Goldammer, sind in die NABU-Kampagne "Landwirtschaft schmeckt" eingebettet, die sich vor allem an die Verbraucher richtet. Je größer die Nachfrage nach ökologisch erzeugten Lebensmitteln ist, desto größer wird der Anreiz für Landwirte, auf biologischen Landbau umzustellen. Das Ergebnis ist unter anderem eine abwechslungsreiche Landschaft, eine Heimat für Mensch und Natur.