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Haussperling vor Blaumeise und Star
Der milde Winter beeinflusste auch Großbritanniens Vögel
27. März 2014 - Nun liegen die Ergebnisse der diesjährigen Zählung vor. Wie der NABU-Partner Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) mitteilt, haben sich 2014 erneut fast eine halbe Million Vogelfreunde am Big Garden Birdwatch beteiligt. Dabei wurden mehr als sieben Millionen Vögel gezählt.
Gegenüber dem Vorjahr sind die Vogelzahlen allerdings rückläufig. Wie bei der Stunde der Wintervögel von NABU und LBV machte sich auch in Großbritannien der sehr milde Winter bemerkbar. Viele Vögel fanden in Feld und Flur genügend Nahrung und waren nicht auf den Besuch der Futterstellen in Gärten und Parks angewiesen. Die Liste der häufigsten Arten wurde daher kräftig durcheinandergewirbelt. So fiel die Amsel vom Silberrang auf den vierten Platz zurück und das Rotkehlchen schaffte es noch geradeso in die Top 10.
Ganz vorne blieb der Haussperling, der auch in Deutschland die am häufigsten beobachtete Art war. Das Artenspektrum ist in beiden Ländern zwar recht ähnlich, dennoch gibt es auffällige Unterschiede. Kohlmeisen etwa sind in Großbritannien viel seltener in Gärten zu sehen als in Deutschland und der Feldsperling, unsere Nummer 4, rangiert in Grioßbritannien nur auf Rang 25. Umgekehrt ist der Stieglitz auf der Insel im Winter deutlich häufiger, gleiches gilt für den Star und die Heckenraunelle. Einen Vergleich zeigt die untenstehende Tabelle.
Die 15 häufigsten Arten des Big Garden Birdwatch (Vögel je Garten) | ||
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Art | Big Garden Birdwatch 2014 | Stunde der Wintervögel 2014 (Platzierung in Klammern) |
1. Haussperling | 3,79 | 5,36 (1) |
2. Blaumeise | 2,46 | 3,66 (3) |
3. Star | 2,38 | 0,37 (21) |
4. Amsel | 2,17 | 2,99 (5) |
5. Ringeltaube | 1,69 | 0,74 (11) |
6. Buchfink | 1,5 | 1,62 (7) |
7. Stieglitz | 1,43 | 0,3 (23) |
8. Kohlmeise | 1,25 | 5,25 (2) |
9. Türkentaube | 1,16 | 0,39 (18) |
10. Rotkehlchen | 1,1 | 0,86 (10) |
11. Elster | 0,92 | 1,54 (8) |
12. Heckenbraunelle | 0,81 | 0,12 (35) |
13. Schwanzmeise | 0,77 | 0,53 (14) |
14. Straßentaube | 0,62 | 0,21 (28) |
15. Grünfink | 0,56 | 2,15 (6) |
Spannend sind die durch den Big Garden Birdwatch nachgewiesenen Entwicklungen über die Jahrzehnte. Zu den großen Gewinnern seit Beginn der Aktion im Jahr 1979 zählen vor allem Tauben, Krähen und Elstern, während zum Beispiel die Starenbestände um 80 Prozent abgenommen haben. Auch der Haussperling musste trotz weiter gehaltener Spitzenposition einen Verlust von inzwischen über 60 Prozent hinnehmen; Rotkehlchen, Dohle, Amsel und Buchfink nahmen um 45 bis 50 Prozent ab.
Massenvergnügen mit erstaunlichen Ergebnissen
Seit 32 Jahren veranstalten die Briten die größte Vogelzählung der Welt
14. Dezember 2011 - 62 Millionen Einwohner hat das Vereinigte Königreich. An gefühlten 364 Tagen im Jahr regnet es auf der Insel. Man fragt sich: Was tun all diese Menschen in all dem Regen? Einen festen Programmpunkt gibt es zumindest im Januar. Wenn es wahlweise regnet oder schneit, nehmen jedes Jahr mehr als eine halbe Million Inselbewohner an der größten Vogelbeobachtung der Welt teil, dem „Big Garden Birdwatch“. Am 28./19. Januar 2012 findet er nun bereits zum 32. Mal statt.
Was 1979 zunächst als kleines Projekt für die Kinder des „Young Ornithologist’s Club“ der Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) begann, hat sich im Vereinigten Königreich zu einem riesigen Event entwickelt. In Parks, botanischen Gärten und Schulen werden am Birdwatch-Wochenende flächendeckend Veranstaltungen mit kleinen Aktionen rund um die Vogelbeobachtung organisiert. Ausdrücklich eingeladen sind Familien, denn der Spaß am „twitchern“ (Vögel beobachten) steht hier an erster Stelle. Jede und jeder darf und soll die Vögel zählen und melden, die sie oder er meint, gesehen zu haben.
Laien erforschen den Trend
Dabei ist klar, dass nicht alle Zählungen vollständig korrekt sind. In der Masse der Zahlen jedoch werden Trends erfahrungsgemäß deutlich, und insofern zählt jedes einzelne Ergebnis. Und deswegen freut sich die RSPB über Teilnehmer, die die meiste Zeit des Jahres keine Vogelexperten sind, genauso wie über Profi-Ornithologen, die schon beim Frühstück über die Unterschiede zwischen Buchfink und Grünfink sinnieren. Um weniger erfahrenen „Twitchern“ die Vogelbeobachtung zu erleichtern, gibt es, wie bei der Stunde der Wintervögel in Deutschland, einen „bird identifier“ – eine Zählhilfe, auf der die geläufigsten einheimischen Vögel abgebildet sind.
Obwohl „Big Garden Birdwatch“ nicht als strikter Vogelzähl-Marathon gedacht ist, brachten die Ergebnisse der letzten Jahre früh und erstaunlicherweise verlässlich Trends in der einheimischen Vogelwelt zutage. So wurde durch die Zählungen des „Big Garden Birdwatch“ der starke Schwund der Singdrosselpopulation aufgedeckt – bestätigt wurde dies durch darauffolgende wissenschaftliche Studien.
Seit 1979 ist bei den Auswertungen der Aktion auch der stete Rückgang von Star und Haussperling zu beobachten. Obwohl letzerer immer noch der meistgesichtete Vogel des „Big Garden Birdwatch“ ist, leben in britischen Gärten durchschnittlich nur noch 4,2 Haussperlinge – verglichen mit zehn im Jahr 1979. Für das Weiterbestehen dieser und anderer britischer Vogelarten sind die Ergebnisse künftiger Birdwatches von großer Bedeutung, denn nur sie zeigen, welchen Vogelarten es gut geht und welche Hilfe benötigen.
Entwicklung der Top 10 des „Big Garden Birdwatch" im Vereinigten Königreich, in Klammern das Ergebnis der Stunde der Wintervögel in Deutschland | ||
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Art | Durchschnitt pro Garten 1979 | Durchschnitt pro Garten 2011 (D in Klammern) |
Haussperling | 10 | 4,2 (5,7) |
Star | 15 | 3,9 (0,5) |
Amsel | 4 | 3.3 (4,7) |
Blaumeise | 2.4 | 3,1 (4,4) |
Buchfink | 3 | 2.3 (2,6) |
Ringeltaube | 0,2 | 1.9 (0,8) |
Kohlmeise | 0,9 | 1,6 (6,7) |
Rotkehlchen | 2 | 1,5 (1,2) |
Stieglitz | - | 1,5 (0,4) |
Türkentaube | 0,3 | 1,3 (0,4) |
„Big freeze, big problem"
Interessant wurde es für britische Vogelbeobachter auch im vorletzten Jahr: „The big freeze“, der härteste Winter seit 30 Jahren, machte die Futtersuche für viele Vogelarten besonders schwer. Vor allem kleine Vogelarten hatten unter Verlusten zu leiden – beim „Big Garden Birdwatch“ 2010 gab es zum Beispiel 73 Prozent weniger Wintergoldhähnchen-Sichtungen als noch im Vorjahr. In den Gärten der Briten tummelten sich ungewöhnlich viele Vögel, die normalerweise in ländlicheren Gebieten vorzufinden sind, auf der Suche nach Nahrung. Als große Gewinner des letzten Winters stellten sich die Greifvögel und Aasfresser heraus. Zuwachs bekam die Vogelpopulation der Insel aber von anderer Seite, denn „the big freeze“ lockte viele nichteinheimische Vögel an, vor allem aus Skandinavien.
2011 schlug das Pendel wieder in die Gegenrichtung. Anders als in Deutschland war der britische Winter recht mild und so konnten sich vor allem Kleinvögel von zehn Gramm Körpergewicht und darunter deutlich erholen. Tannenmeisenbeobachtungen etwa nahmen um ein Drittel zu, Schwanzmeisen um ein Drittel. Bei Wintergoldhähnchen und Waldbaumläufer verdoppelten sich die Sichtungen sogar.
Auch sonst war 2011 ein gutes Jahr. Die Teilnehmerzahl stiegt auf bisher unerreichte 609.000 Vogelfreunde, 10,3 Millionen Vögel wurden dabei gezählt.
Seit 1979 haben die Briten nun dreieinhalb Millionen Stunden damit zugebracht, ihre Wintervögel zu beobachten und zu zählen – in Regen und Schnee, bevorzugt von drinnen im Haus aus mit einer Tasse Tee vor dem Fenster. Den Briten geht es in der Hinsicht wie den Wintervögeln: So ganz immun gegen die Kälte sind beide nicht.