Machen Sie der Natur ein Geschenk.
Spenden Sie für den Natur- und Artenschutz!
Der Turmfalkenflüsterer
124 Nistkästen in Oldenburg installiert
„Manchmal ist die Farbe noch nicht trocken, da sitzt schon ein Turmfalke drin“, erzählt Johannes Bartner. Mit Begeisterung steht er mit seiner Kollegin Sabine Damke, die mit ihm zusammen das NABU-Turmfalkenprojekt beim NABU Oldenburg betreut, auf einer Arbeitshebebühne – sie werden in 20 Metern Höhe einen Nistkasten an einen Kirchturm anbringen. Dafür muss der Kasten von außen und innen an die Lamellen des Glockenturms geschraubt werden. Die Arbeit im Inneren des Turms haben Kollegen des NABU-Vechta übernommen.
Der Termin in Lutten im Landkreis Vechta in Niedersachsen gehört nicht zur Routine der beiden. Er ist eher außergewöhnlich. „Normalerweise bringen wir die Nistkästen von innen an, das ist bei dieser Kirche jedoch nicht möglich“, erklärt Bartner. Premiere hat außerdem eine neue Konstruktion, die Kirchenprovisor Arnold Arkenau gemeinsam mit Bartner entwickelt hat. Normalerweise kann in die Fensterschlitze der Glockentürme eine maßgetreue Öffnung für den Nistkasten geschnitten werden, so dass er dann von innen angebracht werden kann. Da der Nistkasten an der Kirche in Lutten auch manchmal gereinigt werden muss, aber von außen an der Kirche hängt, hatten sie die Idee, den Kasten über eine Handkurbel nach unten zu lassen. Dafür hat Bartner Rollen am Kasten angebracht, damit er nicht an die Kirchenmauer stößt, und ein Stahlseil am Kasten befestigt, das zur Handkurbel führt. Denn jedes Mal einen Steiger, also eine Arbeitshebebühne, für eine Reinigung zu bestellen, wäre zu teuer.
Auf Turmfalken spezialisiert
Der 57-Jährige Arzt aus Oldenburg hat in seiner Freizeit innerhalb von zehn Jahren 78 Kirchen in Oldenburg und den umliegenden Landkreisen mit Nistkästen für Turmfalken bestückt. Genauso lange gibt es die Aktion „Lebensraum Kirchturm“ des NABU-Bundeverbandes. Dabei erhalten Kirchen, die Lebensraum für Vögel oder andere Tiere schützen, eine Plakette und Auszeichnung. Von den 78 Kirchen erhielten 70 die NABU-Auszeichnung – ein paar Kirchen haben auf die Plakette verzichtet.
Bartner hatte sich aber schon vor der Einführung der Aktion mit dem Thema Naturschutz an Kirchen beschäftigt, da er schon immer in seiner Kirchengemeinde aktiv war. Vor zehn Jahren beschloss er, sich auf Turmfalken zu spezialisieren. Neben den an den Kirchen hat er auch 46 Nistkästen an hohen Gebäuden wie Fabrikhallen, Klärwerks- oder Sendetürmen angebracht. Und das mit Erfolg: 30 bis 35 Prozent sind von Turmfalken besetzt .
Die Kästen kann Bartner natürlich nicht alle allein kontrollieren. Aber er steht in gutem Kontakt mit den örtlichen NABU-Gruppen, den Küstern der Kirchen und den Arbeitern an den anderen Standorten. Sie übernehmen die Pflege und schicken Fotos, wenn Turmfalken eingezogen sind. „Besonders schön ist, wenn die Klärwerksmeister oder Hausmeister auf einmal total fasziniert sind und Fotos und Mails schicken, obwohl sie vorher kein Interesse an dem Thema hatten“, freut sich Bartner.
Ein Nistkasten, den Dohlen nicht wollen
Johannes Bartner war schon als Kind begeistert von Nistkästen. Einige, die er im Wald aufgehängt hat, gibt es heute noch. Warum er sich letztlich auf Turmfalken spezialisiert habe, könne er gar nicht sagen. „Ich habe einfach nach einer neuen Herausforderung gesucht, auch mal Nistkästen in größeren Höhen zu installieren, und bin dann beim Turmfalken gelandet“, erzählt Bartner.
Da es im Oldenburger Land viele Dohlen gibt und diese gerne mal einen Nistkasten von Turmfalken besetzen, der Turmfalke danach aber diesen nicht mehr benutzt, hat Bartner einen eigenen Kasten entwickelt, um die Dohlen abzuhalten. „Der Kasten ist relativ offen, hat trotzdem ein längeres Dach und ist so regen- und windgeschützt. Es gibt darin aber keine Nische, die Dohlen eben gerne zum Brüten haben“, so Bartner. Seine Konstruktion hatte Erfolg, die Dohlen verschmähten meist die Kästen, und die Turmfalken konnten sie besetzen.
Ein weiterer Tipp Bartners für Gegenden, in denen viele Dohlen vorkommen: Den Kasten bis April verschließen, und dann erst öffnen. Da die Dohlen früher brüten, hat dann der Turmfalke mehr Chancen auf freie Nistkästen. Die sucht sich der Turmfalke, seinem Namen entsprechend, gerne an hohen Bauwerken wie etwa Kirchtürmen. Um dort Nistkästen anbringen zu können, schneidet Bartner eine Lücke in die Lamellen der Fensteröffnungen der Glockentürme, die oftmals aus Holz oder Metall bestehen, in die der Nistkasten perfekt passt. Auf die unterste Lamelle kommt dann ein Brett, das mit Winkeleisen befestigt wird, auf dem dann der Nistkasten angebracht wird. Da es in den Türmen oft sehr eng und der Aufstieg schwierig ist, und manche Stellen nicht trittfest sind, muss jeder Schritt sorgfältig geplant sein. Auch ein Stromanschluss für die Beleuchtung und Maschinen sollte vorhanden sein. Und das Wichtigste: Die Glocken müssen für die Zeit ausgeschaltet werden.
Viele Stunden Arbeit
Ob es schwer war, die Kirchen als Partner zu gewinnen? Bartner nimmt mit jeder Kirche Kontakt auf, und erhält meistens eine positive Rückmeldung. Entweder läuft die Freigabe dann über den Pfarrer oder über den Kirchenausschuss, der neue Baumaßnahmen vorher genehmigen muss. Einmal im Monat bringt Bartner einen Kasten an oder kümmert sich mal abends nach der Arbeit ein paar Stunden um die Pflege. Den Nistkasten im Turm seiner eigenen Kirchengemeinde hat Bartner natürlich genau im Blick. Aber: „Es sollte schon nicht so weit gehen, dass die ehrenamtliche Arbeit das Familienleben stört, da sollte jeder wohl drauf aufpassen“, meint Bartner.
Wer Oldenburg mit dem Zug besucht, kann die Turmfalken direkt bei der Ankunft beobachten – sie brüten jedes Jahr in einem Nistkasten am Turm des Bahngebäudes, den Bartner angebracht hat. „Dieses neue Zuhause hat ein Turmfalkenpaar auch direkt nach der Fertigstellung in Beschlag genommen“, sagt er.
Nicole Flöper
Möchten Sie eine Kirche Ihrer Gemeinde zum Lebensraum für Dohlen, Turmfalken und Fledermäusen machen? Hier erfahren Sie, was möglich ist: Der NABU bietet viele Informationen und Tipps für Artenschutz im Kirchturm. Mehr →
Für viele seltene Vogel- und Tierarten sind Kirchtürme attraktive Unterkünfte. Im Rahmen der Aktion „Lebensraum Kirchturm“ schaffen Aktive Brutplätze mit Aussicht für Schleiereule, Turmfalke und Dohle. Sehen Sie hier, welche Arten im Kirchturm zuhause sind! Mehr →
Die Aktion „Lebensraum Kirchturm“ findet in ganz Deutschland Anklang. Über 1.000 Kirchen wurden seit 2007 mit der Plakette ausgezeichnet. Hier finden Sie eine Übersicht der Kirchen und können neu ausgezeichnete Kirchen melden. Mehr →