Die Schwarzrückige Gemüsewanze mag Pflanzen aus der Familie der Kreuzblütler wie Rauke, Kohl und Rettich - Foto: Helge May
Sechsbeiner an der Küste, im Wald und in den Bergen
Tipps für die Insektenbeobachtung am Urlaubsort
„Insektensommer? Tut mir leid, da habe ich Urlaub.“ Die Sommerferien sind eine feine Sache. Für die zweite Zähletappe des Insektensommers Anfang August bedeutet das aber regelmäßig, dass weniger Menschen teilnehmen als bei der ersten Etappe zu Sommerbeginn. Fast drei Viertel der Insektensommer-Beobachtungen werden im Garten gemacht. Und wer verreist, kann natürlich nicht schauen, was sich im eigenen Garten tut.
Garten-Anregungen und raus in die Natur
Dabei ist die Ferienzeit ideal. Man muss nicht auf das freie Wochenende warten, um nach den Sechsbeinern zu schauen. Auch wenn es nicht der eigene ist: Gärten gibt es überall und damit auch die bekannten Garteninsekten. Beobachten lässt sich am Urlaubsort beim Blick über den Bauerngartenzaun oder in privaten Schaugärten ebenso wie in Parks und Grünanlagen. Besonders ergiebig sind botanische Gärten. Hier erhält man nicht nur gärtnerische Anregungen, es blühen oft Wildpflanzen aus der ganzen Welt, was Insekten in großer Zahl anlockt.
Insektensommer-Teilnahme auch im Auslandsurlaub: Geht das?
Im Prinzip ja. Auch wenn der NABU den Insektensommer als „nationale“ Mitmachaktion konzipiert hat. Die Ergebniskarte auf der NABU-Homepage zeigt daher nur die in Deutschland gemachten Beobachtungen. Beim Meldeformular auf der Website und in der Insektensommer-App gibt es aber keine Beschränkungen, es funktioniert weltweit.
Und die internationalen Beobachtungen gehen natürlich nicht verloren. Wie alle Insektensommer-Meldungen fließen sie in die große Datenbank von www.NABU-naturgucker.de ein, bereichern so die Kenntnis der Insektenverbreitung. Die Beobachtungen können für jede Art offen auf weltweiten, frei zoombaren Karten eingesehen werden.
Wer will, kann auch direkt im NABU-Naturgucker melden. Hier die Vor- und Nachteile der Optionen:
Insektensommer-Formular und -App in der Grundeinstellung. Vorteile: Übersichtlich, durch Konzentration auf die häufigsten Arten für Anfänger*innen gut geeignet, keine Registrierung notwendig. Wer sich nicht traut, kann auch nur der Entdeckungsfrage (Hummeln) nachgehen oder sich auf die acht Kernarten beschränken. Nachteile: Begrenzte Artenauswahl, keine Bilder hochladbar und daher keine Bestimmungs-Unterstützung durch die Naturgucker-Community.
Insektensommer-Formular und -App erweitert. Vorteile: Vollständige Artenauswahl, Bilder hochladbar und damit auch Bestimmungs-Unterstützung durch die Naturgucker-Community. Nachteil: große Artenzahl kann Anfänger*innen überfordern. Kostenlose Registrierung notwendig, mit einem Zusatzklick im Formular.
Direktmeldung beim NABU-Naturgucker. Vorteile: Volles Artenspektrum, auch über Insekten hinaus, komplette Tier- und Pflanzenwelt. Keine räumliche oder zeitliche Beschränkung. Sozialer Austausch in der mehr als 160.000 Naturfreund*innen starken Community via Kommentar-Funktion, auch über Bestimmungshilfen hinaus; eigene Freundeskreise erstellbar. Nachteil: Meldungen zahlen nicht auf den Insektensommer ein. Kostenlose Registrierung nötig.
Und dann ist da natürlich noch die Welt außerhalb des Gartenzauns. Je nach Urlaubsregion kann sich auch das Insektenspektrum ganz unterschiedlich zusammensetzen.
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Echte Salzwiesen-Spezialistin: die Strandaster-Seidenbiene - Foto: Andreas Schäfferling/www.naturgucker.de
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Ob Dünensand oder Fels: Die Rostbinde (= Ockergelber Samtfalter) mag es kahl. - Foto: Karl-Heinz Römer/www.naturgucker.de
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Apollofalter - Foto: Christoph Bosch
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Alpine Gebirgsschrecke - Foto: Gerhard Schmidt/www.naturgucker.de
Wer an der Küste Urlaub macht, wird feststellen: Mit dem Meer tun sich Insekten schwer, sowohl das Wasser wie auch das Salz machen ihnen zu schaffen. Wer Insekten sucht, findet sie daher vor allem im Grenzbereich zwischen Wasser und Land und in den küstentypischen Lebensräumen wie Salzwiesen und Dünen. Viele der spezialisierten Küsteninsekten sind schwer zu bestimmen, manche auch sehr schwer zu entdecken. Dazu gehört eine Reihe von Kurzflüglern, das sind Käfer mit verkümmerten Flügeln. Etwa der Salzbank-Sandkäfer, der sich vom Algenbelag auf den Sandkörnern ernährt. Die meiste Zeit verbringt er versteckt in seiner Wohnröhre, so dass man seine Anwesenheit vor allem an den Kothäufchen an der Oberfläche erkennt.
Flieder und Astern: Insektenparadies Salzwiese
In Salzwiesen und Dünen tummeln sich zur Blütezeit von Strandflieder oder Strandaster dagegen viele „alte Bekannte“ aus dem Binnenland. Neben Hummeln und anderen Wildbienen fallen vor allem die Schmetterlinge auf. Zu den ausgewiesenen Sandliebhabern gehören die Rostbinde und der Mauerfuchs, dessen zweite Generation des Jahres im August fliegt. Dazu kommen allgemein häufige Falter wie Kleiner Fuchs oder Tagpfauenauge sowie durchreisende Wanderfalter. Zu letzteren zählen Admiral, Taubenschwänzchen und Gammaeule.
Müssen sich Insekten an der Küste auf Wasser und Salz einstellen, haben sie im Gebirge mit den oft niedrigen Temperaturen zu kämpfen. Die Monate, in denen sich gut leben lässt, sind gegenüber dem Flachland stark verkürzt. Mit der Fortpflanzung müssen sich die Tiere daher besonders beeilen oder die Entwicklung zum fertigen Insekt geht über mehrere Jahre – was je nach Art aber auch im Flachland nicht ungewöhnlich ist.
Was macht der Floh im ewigen Eis?
Auch hier gibt es besondere Anpassungskünstler. So hat sich der Gletscherfloh auf das Leben bei niedrigen Temperaturen im Eis spezialisiert. Ähnlich wie bei einigen überwinternden Schmetterlingen dient Glykol im Körper als natürliches Frostschutzmittel. Über einen Wärmeschutz verfügt der Gletscherfloh allerdings nicht. Angesichts immer weiter steigender Temperaturen droht er zum Opfer der Klimakrise zu werden.
Hoch hinaus: Apollofalter und Keulenschrecke
In den mittleren Gebirgslagen unterscheidet sich die Insektenwelt nicht allzu sehr vom Flachland. Lediglich besonders wärmebedürfte Arten sucht man hier vergebens. Je höher es hinaus geht, desto mehr Gebirgsspezialisten treten auf den Plan. Bei den Schmetterlingen der prominenteste ist wohl der Alpen-Apollofalter, wobei dieser in den deutschen Alpen nur sehr selten vorkommt. Eher begegnet man dem „gewöhnlichen“ Roten Apollo, wie man in auch von der Mosel oder aus dem Altmühltal kennt. Ebenfalls nicht häufig ist der Alpenweißling, ein Verwandter des Kohlweißlings. Recht zuverlässig lässt sich dagegen im gesamten deutschen Alpenraum die Alpine Gebirgsschrecke beobachten. Weitere Gebirgsspezialisten sind die Sibirische Keulenschrecke – der Name führt etwas in die Irre – mit ihren keulenförmigen Vorderbeinen sowie die Alpen-Strauchschrecke.
Die für Insekten attraktivsten Gebirgslebensräume sind die staudenreichen Wiesen und Matten. Von Natur aus auf die Zone zwischen Waldgrenze und kahlem Fels beschränkt oder auf Sonderstandorte wie Moore, nehmen diese Lebensräume durch die Almbewirtschaftung wesentlich größere Flächen ein. Der Vorteil für Urlauber*innen: In der Höhe setzt der Sommer wesentlich später ein. Sind im Tal schon viele Pflanzen verblüht und die Wiesen gemäht, geht es hier noch bunt und blütenreich zu.
Das Vertraute suchen oder Neues entdecken?
Wer nicht direkt an der Küste oder in den Alpen urlaubt, kann für seine Naturerlebnisse aus einem großen Spektrum von Lebensräumen wählen. Wie beim Urlaub insgesamt stellt sich auch hier die Frage: Suche ich eher das Vertraute, nur eben ohne den üblichen Alltagsstress, oder will ich Neues entdecken? Insekten gibt es praktisch überall, in Mooren und Heiden, an See- und Flussufern, in Weinbergen und auf Brachflächen, entlang von Wegen, auf Wiesen und an Äckern. Wobei es bei sich Letztere nur lohnen, wenn noch nicht gemäht oder geerntet wurde. Eine radikal kurz geschorene Wiese oder ein Stoppelacker werden keine großen Erlebnisse bieten. Die Insekten trifft das natürlich ungleich härter. Für sie geht es nicht um Erlebnisse, sondern ums Überleben.
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Einige typische Sommer-Waldinsekten: Es beginnt der prächtige Kaisermantel - Foto: Frank Derer
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Der Braune Waldvogel - Foto: Helge May
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Das Waldbrettspiel - Foto: Helge May
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Die Gewöhnliche Strauchschrecke (Männchen) - Foto: Helge May
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Punktierte Zartschrecke (Weibchen), im Wald ebenso zuhause wie im Garten - Foto: Helge May
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Hornissenschwebfliege (= Große Waldschwebfliege) - Foto: Helge May
Besser als Stoppeläcker sind Wälder für hochsommerliche Insektenbegegnungen geeignet. Hauptvorteil ist das feuchtere Kleinklima; das tut sowohl den Pflanzen als auch den auf sie angewiesenen Insekten gut. Das gilt vor allem für Laubwälder, denn Buchen und Eichen verdunsten über ihre Blätter reichlich Wasser, was auch die Temperaturen angenehm kühlt. Ein Fichten- oder Kiefernforst kann da nicht mithalten.
Blüten- und insektenreiche Waldwege
Bäume machen aber auch Schatten – gut für die Temperatur, nicht so gut für kleinere Pflanzen. Ideal zur Insektenbeobachtung sind daher Waldwege, da dort zumindest stundenweise die Sonne reinscheint. Wenn dann noch Hochstauden wie Bärenklau, Disteln, Kletten, Behaarte Karde oder Wasserdost wachsen, sind Hummeln, Wildbienen und Schmetterlinge garantiert. Neben den Faltern des Offenlandes fliegen hier bevorzugt Brauner Waldvogel – auch als „Schornsteinfeger“ bekannt –, Waldbrettspiel und Kaisermantel. Immer noch Saison haben die brummenden Rosenkäfer, unter den vielen Schwebfliegen fallen besonders die großen Hummel- und Hornissenschwebfliegen auf.
Sommer-Beobachtungstipps Monat für Monat
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