Ackerhummel auf Gewöhnlicher Kratzdistel - Foto: Helge May
Insektensommer: Gartenparty der Sechsbeiner
Die heimischen Gärten als Hotspot für Artenvielfalt
06. September 2024 - Während des Insektensommers zeigt sich, dass Gärten eine zentrale Rolle für den Schutz und Erhalt von Insekten spielen. „Auch wenn im Insektensommer fast überall gezählt werden kann, kommen die meisten Meldungen aus dem eigenen Garten”, erklärt NABU-Insektenexpertin Dr. Laura Breitkreuz.
Als unermüdliche Gärtner der Natur bestäuben sie, bereiten den Boden auf und wirken als natürliche Schädlingsbekämpfung. Ein wenig Unordnung im Garten, eine Wildblumenwiese oder Totholzhaufen bieten ihnen wertvollen Lebensraum. So sind diese privaten Grünflächen oft die letzten Rückzugsorte für viele Insektenarten und tragen damit zur Artenvielfalt bei.
Wir geben Tipps, wie Sie Ihren Garten insektenfreundlich gestalten können >>
Insektenvielfalt im Garten: Gewinner und Verlierer
In diesem Jahr wurde die Feuerwanze am häufigsten gemeldet, gefolgt von der Ackerhummel und der Honigbiene.
Schmetterlinge hingegen wurden wie im vergangenen Jahr selten gesichtet. Wetterextreme, ein mangelndes Nahrungsangebot und schrumpfende Lebensräume machen es den Tagfaltern schwer, in den gewohnten Gebieten zu überleben. „Vielen Tagfalterarten scheint es zunehmend zu warm und zu trocken zu werden, weshalb sie sich vermutlich in kühlere Regionen zurückziehen”, so Breitkreuz.
Gleichzeitig gibt es aber unter den Insekten auch Gewinner in der Klimakrise. Arten wie die Europäische Gottesanbeterin und die Blaue Holzbiene breiten sich zunehmend in Deutschland aus, da sie von den wärmeren Temperaturen profitieren. Insbesondere die Blaue Holzbiene, die früher selten war, wird inzwischen vermehrt auch in Norddeutschland gesichtet.
MEhr zum Insektensommer 2024
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07. August 2024 - Die Hochsommerzählung beim NABU-Insektensommer hat gerade erst Halbzeit, doch es zeichnen sich erste Trends ab. Bis Sonntag (11.) kann noch beobachtet werden, Meldungen sind online bis einschließlich 18. August möglich.
Einen großen Aufmerksamkeitsvorteil haben beim Insektensommer die per Entdeckungsfrage gesuchten Arten. Dieses Jahr ist es die Feuerwanze. Kein Wunder also, dass die Feuerwanze in der Rangliste der am häufigsten beobachteten Arten weit vorne liegt. Anders als bei der ersten Zähletappe im Juni scheint es für die Spitze allerdings nicht ganz zu reichen. Dort findet sich mit jetzt schon recht bequemem Vorsprung die Ackerhummel, die Hochsommer-Seriensiegerin der letzten Jahre. Auf dem zweiten Platz liegt die Feuerwanze, gefolgt von Grünem Heupferd, Siebenpunkt-Marienkäfer und Blauer Holzbiene.
Der Reiz des Unbekannten
Die Top-Arten sind nicht nur häufig, sondern auch vergleichsweise bekannt und nicht so winzig oder unscheinbar, dass sie leicht übersehen werden. Dabei ist der Reiz der Insektensommer-Aktion, neben den vertrauten Faltern oder Käfern auch Unerwartetes und Unbekanntes zu entdecken. Wer eine Stunde lang genau hinschaut, kann direkt vor der Haustür bizarre Wesen aufspüren. Etwa die kleine, ursprünglich aus Nordamerika stammende Pfauenfliege, deren Männchen mit den Flügeln wie ein Pfau um die Weibchen werben. Oder die in vielen Regionen verbreitete Büffelzirpe, einst ebenfalls unabsichtlich aus Amerika nach Europa importiert, die tatsächlich wie ein grünes Mini-Büffelchen aussieht (siehe Bildergalerie).
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In Deutschland noch sehr selten, aber in Ausbreitung: Kirbys Heuschreckenjäger mit erbeuteter Schönschrecke - Foto: Eric Fischer/www.naturgucker.de
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Die Larve des Rainfarn-Schildkäfers tarnt sich mit der abgestreiften Haut der vorigen Larvenphase. Hier hat sie sie gerade hochgeklappt. Aufgenommen am ersten Beobachtungswochenende in Potsdam-Golm - Foto: Helge May
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Und so sieht der ausgewachsene Rainfarn-Schildkäfer aus. Larven und Käfer kann man oft zeitgleich beobachten (Potsdam-Golm) - Foto: Helge May
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Mit zusammengeklappten Flügeln sieht die Pfauenfliege recht unscheinbar aus (Hochbeetumrandung im Stadtgarten am Obelisken, Potsdam) - Foto: Helge May
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Klappt das Pfauenfliegen-Männchen die Flügel hoch und winkt damit, wird es spektakulär (Stadtgarten am Obelisken, Potsdam) - Foto: Helge May
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Grün auf grün ist die Büffelzirpe am Brennnessel-Fruchtstand gut getarnt (Katharinenholz Potsdam) - Foto: Helge May
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Hier ist das Insekt nicht direkt zu sehen, in der Kombination von Galle und Pflanzenart aber eindeutig zu bestimmen. Die rötlich Galle enthält Larven der Möhrenfrucht-Gallmücke - Foto: Helge May
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Auch hier ist das Insekt in der Pflanze versteckt. Die gelbgrünen Knubbel beherbergen Larven der häufigen Brennnessel-Gallmücke - Foto: Helge May
Wer sich etwas weiter in die Natur hinaus wagt – drei Viertel der Insektensommer-Beobachtungen kommen aus dem eigenen Garten – kann sogar seltene Arten wie Kirbys Heuschreckenjäger notieren. Diese südeuropäische Grabwespe gibt es in Deutschland erst seit 2019. Sie wurde beim Insektensommer vom Mainzer Sand gemeldet, von wo auch der deutsche Erstnachweis stammt. Nach nur fünf Jahren hat sich der Heuschreckenjäger bereits über weite Teile der oberrheinischen Sandgebiete verbreitet. Heuschrecken gibt es dort genug, der Tisch ist reich gedeckt.
Weniger Schmetterlinge als üblich
Nach den ersten August-Beobachtungstagen scheinen sich viele Trends der Juni-Zählung zu bestätigen. So liegt die Artenvielfalt, also die Zahl der pro Stunde gesehenen Arten, ungefähr im Durchschnitt der Vorjahre. Artengruppen wie Schmetterlinge und Hummeln haben aber ein eher schlechtes Jahr. Auch mit einem besonderen Wespen- und Hornissenjahr ist nicht mehr zu rechnen. Zwar erreichen deren Völker erst im Laufe des Monats ihre volle Größe, aber es wird alles im normalen Rahmen bleiben.
Bei Steinhummel, Erdhummel und Ackerhummel waren die Junizahlen so niedrig wie noch nie. Wahrscheinlich hat das regenreiche Frühjahr die Entwicklung der Hummelvölker behindert. Diesen Entwicklungsrückstand scheinen sie nicht mehr aufgeholt zu haben. Bei der Ackerhummel ist das allerdings Jammern auf hohem Niveau, denn sie kann den Titel als am häufigsten beobachtetes Insekt wohl knapp verteidigen.
Blick nach Europa: Schmetterlinge im Regen
Zur Einordnung lohnt ist ein Blick ins benachbarte Ausland. Vor allem in Großbritannien und den Niederlanden wird intensives Schmetterlings-Monitoring betrieben und in beiden Ländern sehen die Daten 2024 sehr schlecht aus. Beim britischen „Big Butterfly Count“ wurden die niedrigsten Schmetterlingszahlen seit 14 Jahren gemessen. In den Niederlanden sind aufgrund des regenreichen Frühjahrs wärme- und trockenheitsliebende Arten wie Brauner Feuerfalter, Kleiner Sonnenröschen-Bläuling oder Rostbinde besonders betroffen. Der Kleine Perlmutterfalter ist laut niederländischem Schmetterlingsmonitoring („Meetnet Vlinders“) 2024 im Binnenland nahezu komplett verschwunden und hat sich nur auf den Nordseeinseln gehalten. Auch im belgischen Flandern wurden kaum Perlmutterfalter gesichtet.
2024 spielt die Witterung im nässegeplagten Westen und Nordwesten Europas eine große Rolle. Aber auch mittel- und langfristig sieht es nicht gut aus. So unterschiedlich die Entwicklung bei manchen Schmetterlingsarten ist: Trotz einzelner erfolgreicher Schutzprojekte und der klimawandel-bedingten Zuwanderung von Arten gehen die Bestände insgesamt deutlich zurück. In Großbritannien etwa weisen 80 Prozent der Arten gegenüber den 1970ern Rückgänge aus. Für die Niederlande fasst es Chris van Swaay von „De Vlinderstichting“ so zusammen: „Bei einem Spaziergang hätten sie in den 1990ern zweieinhalbmal mehr Falter gesehen als heute. Diese Rückgänge gibt es seit Jahren, aber 2024 wird wohl eine neue Niedrigmarke setzen.“
Eine positive Ausnahme unter den Schmetterlingen deutet sich beim Kleinen Fuchs an. Er wird nach schleppendem Start ins Jahr momentan leicht überdurchschnittlich gemeldet. Das ist bemerkenswert, denn allgemein gelten die Bestände des Kleinen Fuchses als rückläufig. Auch bei Schwalbenschwanz und C-Falter werden immerhin Normalwerte erreicht. Zitronenfalter und Kleiner Kohlweißling kommen dagegen bisher nicht recht vom Fleck. Aber bis Sonntag wird ja noch gezählt.
Sie haben fleißig Insekten gezählt? Dann haben Sie folgende Möglichkeiten, Ihre Beobachtungen bis zum 11. August einzureichen. Nachmeldungen sind bis zum 18. August möglich:
Die Insektensommer-Kennarten im August
Insektenwissen: Käfer oder Wanze?
Der Insektensommer geht weiter
02. August 2024 – Vom 2. bis 11. August sind Naturbegeisterte in ganz Deutschland wieder aufgerufen, Insekten zu zählen und ihre Beobachtungen dem NABU zu melden.
Die auffällig rot-schwarz gemusterte Feuerwanze wird oft mit einem Käfer verwechselt, obwohl sie eigentlich eine Wanze ist. Deshalb dreht sich auch unsere diesjährige Entdeckungsfrage beim Insektensommer um das gesellige Insekt.
„Mit der Aktion wollen wir Artenwissen vermitteln und Menschen anregen, sich mit der für uns so wichtigen Tiergruppe zu beschäftigen“, so NABU-Insektenexpertin Dr. Laura Breitkreuz. „Die Insektenpopulation geht seit Jahren stark zurück. Wir brauchen dringend mehr Menschen, die sich mit den Tieren auskennen. Nur so können wir Insekten besser schützen.“
Mitmachen leicht gemacht
Gezählt werden nicht nur Feuerwanzen, sondern alle Insekten, die Sie entdecken können. Aufgrund des feuchten Sommers ist es ratsam, vor der Zählung den Wetterbericht zu checken, da viele Insekten warmes und trockenes Wetter bevorzugen. Eine sonnige und windstille Stunde ist ideal für die Beobachtungen.
Für die Zählung genügt es, eine Stunde in die Natur zu gehen – ob im eigenen Garten, auf dem Balkon, im Park, auf Wiesen, in Wäldern, an Feldern, Teichen oder Bächen. Das Beobachtungsgebiet sollte nicht größer als zehn Meter in jede Richtung sein. Ausgestattet mit Lupe, Stift und Block werden die gezählten Insekten notiert und anschließend online gemeldet. In der Zählhilfe finden Sie die häufigsten Arten, um die Tiere leichter bestimmen zu können.
Nützliche Materialien
Insekten beobachten, an einer bundesweiten Aktion teilnehmen und dabei die Natur vor der eigenen Haustür besser kennenlernen – all das vereint der „Insektensommer“. Ob Falter, Biene, Käfer oder Libelle: Ab dem 2. August geht es in die nächste Zählrunde. Mehr →
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Mit der kostenlosen Web-App „NABU Insektensommer“ lassen sich viele der in Deutschland heimischen Insekten per KI-Bilderkennung bestimmen und per Smartphone bei der Mitmachaktion „Insektensommer“ melden. Mehr →