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Jetzt NABU-Mitglied werden!Dinosaurier des Jahres 2022: Fischsterben in der Oder
Umweltkatastrophe droht auch anderen Flüssen
28. Dezember 2022 - Es ist für den NABU die größte Umweltsauerei des Jahres: Der NABU zeichnet das Fischsterben in der Oder mit dem „Dinosaurier des Jahres 2022“ aus. Damit ist der durch Deutschland und Polen verlaufende Fluss der 30. Träger des Negativpreises.
Allerdings geht es dabei nicht nur um die Oder: Viele Fließgewässer in Deutschland befinden sich in einem schlechten ökologischen Zustand. In der Oder ereignete sich in diesem Sommer aber die Katastrophe: Die Einleitung von stark salzhaltigen Abwässern und der niedrige Pegelstand während der langen Dürre führten zu einer hohen Schadstoffkonzentration und Versalzung des Flusswassers.
Wer in diesem Jahr nach der größten Umweltsauerei sucht, hat sofort die Umweltkatastrophe an der Oder vor Augen.
Jörg-Andreas Krüger
NABU-Präsident
Diese Kombination begünstigte das Wachstum einer giftigen Brackwasseralge und sorgte schließlich für massive ökologische Schäden am Flussökosystem. Auf einer Länge von rund 500 Kilometern starben zahlreiche im Wasser lebende Arten, darunter viele Fische und Muscheln. Schätzungen zufolge sind etwa die Hälfte der Fische in den kontaminierten Oder-Abschnitten betroffen. Es wird mehrere Jahre dauern, bis sich die Bestände im Fluss wieder auf das Vorniveau erholt haben.
Die Oder-Katastrophe
NABU fordert Ausbau-Moratorium
„Wer in diesem Jahr nach der größten Umweltsauerei sucht, hat sofort die Umweltkatastrophe an der Oder vor Augen“, begründet NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger die Auszeichnung. „Besonders ins Gedächtnis gebrannt haben sich die Bilder der geschätzten 200 bis 400 Tonnen an totem Fisch, die entlang des Flusses geborgen wurden.“
Der Dinosaurier stehe stellvertretend für die kritische Situation an vielen anderen Flüssen in Deutschland und verdeutlicht das lange prognostizierte Verfehlen der Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. „Durch Begradigung, Uferbefestigung und Fahrrinnenvertiefungen steigen Fließgeschwindigkeiten, gehen wichtige Lebensräume verloren und Flüsse verlieren an Widerstandsfähigkeit“, so Krüger weiter.
Deswegen fordert der NABU, dass alle schädlichen Umwelteinflüsse an deutschen Flüssen sofort gestoppt werden. Dafür nimmt der NABU nun die Bundesländer in die Pflicht und fordert mit einer Online-Petition die Umweltminister*innen auf, die Flüsse besser zu schützen.
Mit dem „Dinosaurier des Jahres“ zeichnet der NABU seit 1993 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus, die sich durch besonders rückschrittliches öffentliches Engagement in Sachen Natur- und Umweltschutz hervorgetan haben. Seit 2020 werden nicht mehr Personen, sondern konkrete Projekte als Umweltsauerei des Jahres ausgezeichnet. Preisträger 2020 war das Autobahnprojekt A26 Ost, im Jahr 2021 wurde das Baugebiet Conrebbersweg in Emden stellvertretend für den Flächenfraß in ganz Deutschland ausgezeichnet.
Flüsse an Folgen der Klimakrise anpassen
Vor dem Hintergrund der sich rapide beschleunigenden Klima- und Naturkrise müssen Oberflächengewässer in Rekordzeit an die Folgen angepasst werden. Das bedeutet, dass sie widerstandsfähiger gemacht werden müssen, um den neuen Anforderungen begegnen zu können.
Vor allem nach Starkregen führen Versiegelungen, Drainagen und Ableitungen in Böden zu starken Wasseransammlungen und Überschwemmungen bei Gewässern, die nicht mehr in ihrer natürlichen Form vorliegen. In Trockenzeiten fehlt das Wasser wiederum, weil es kaum mehr auf Flächen und in Böden gespeichert werden kann.
Ausbaupläne auf polnischer Seite gestoppt
Seit der Katastrophe im Sommer konnten Umweltverbände in Deutschland und Polen bereits eine Veränderung an der Oder erwirken: Weitere Ausbaupläne auf polnischer Seite wurden im Dezember vorläufig gestoppt. Geklagt hatten auch die deutschen Umweltorganisationen NABU, DNR und BUND Brandenburg. Die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Baumaßnahmen auf geschützte Arten und Lebensräume konnten so zunächst verhindert werden.
Stattdessen fordert der NABU für die Oder, aber auch andere Flüsse in Deutschland:
- Flüsse wieder in einen möglichst naturnahen Zustand versetzen
- natürliche Ufergestaltung
- Wiederanbindung von verzweigten Altarmen
- Überschwemmungsflächen wiederherstellen
Polens Oberstes Verwaltungsgericht hat die Genehmigung des Oder-Ausbaus vorläufig gestoppt. Damit darf die Oder auf polnischer Seite vorerst nicht weiter ausgebaut werden. Mehrere Umweltverbände, darunter auch der NABU, hatten gemeinsam zuvor geklagt. Mehr →
Ein aktueller Bericht zeigt, wie es zu dem dramatischen Fischsterben in der Oder kommen konnte: Erhöhter Salzgehalt führte zum Wachstum einer Alge, die giftige Substanzen erzeugte. Für den NABU ist klar: So eine Katastrophe kann sich jederzeit an jedem anderen Fluss in Deutschland wiederholen. Mehr →
Das „Aktionsbündnis lebendige Oder” fordert von Politik und Verwaltung eine lückenlose Aufklärung der Umweltkatastrophe an der Oder sowie einen sofortigen Stopp des Oder-Ausbaus. Höchste Priorität ist Wiederherstellung und Renaturierung des Flusses. Mehr →
Mit dem „Dinosaurier des Jahres“ zeichnet der NABU seit über 30 Jahren Persönlichkeiten oder Projekte aus, die sich in Sachen Umweltschutz als besonders rückwärtsgewandt und schädlich erwiesen haben. Mehr →