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Jetzt NABU-Mitglied werden!Riffe im Fehmarnbelt: NABU-Klage abgewiesen
Bundesverwaltungsgericht erlaubt minimale Kompensationspläne
UPDATE 15. Dezember 2022 – Gestern wies das Bundesverwaltungsgericht die NABU-Klage gegen den Planänderungsbeschluss der Festen Fehmarnbeltquerung ab. Der NABU hatte im Oktober 2021 gegen die unzureichenden Wiederherstellungsmaßnahmen (s.u.) für geschützte Riffe, die durch den Bau zerstört werden, geklagt.
Der NABU ist enttäuscht über das Urteil und sieht es als gefährlichen Präzedenzfall für künftige schwerwiegende Eingriffe in die Natur: Das Gericht schreibt der Fehmarnbeltquerung eine herausragende Bedeutung für die Anbindung Skandinaviens zu, die die Zerstörung der wertvollen Riffe rechtfertige. Auch die 17,5 Hektar Ausgleichsfläche, die das Land Schleswig-Holstein bereitstellen muss, wurden als ausreichend anerkannt.
Der Ostsee geht es ökologisch schlecht, Deutschland hat sämtliche europäische Zielvorgaben gerissen. Umso wichtiger, dass so schwerwiegende Eingriffe wie der Tunnelbau wirksam kompensiert werden. Mit dem heutigen Urteil läuft dieser Anspruch ins Leere.
Jörg-Andreas Krüger, NABU-Präsident
Während der Aufbau von Riffen grundsätzlich die richtige Ausgleichsmaßnahme ist, muss mit diesen Plänen nur ein Viertel der zu kompensierenden Fläche wiederhergestellt werden. Das ist fatal und widerspricht dem Bundesnaturschutzgesetz. „Der Orientierungsrahmen des Landes Schleswig-Holstein fordert in Übereinstimmung mit der Bundeskompensationsverordnung und dem Bundesnaturschutzgesetz das umgekehrte Verhältnis von 3:1“, erläutert Dr. Kim Detloff. Der NABU erwartet jetzt die schriftliche Begründung des Urteils und wird fallübergreifende Aspekte analysieren.
14. Dezember 2021 – Gegen die Planänderung der Festen Fehmarnbeltquerung, besser bekannt als „Fehmarnbelttunnel“, hat der NABU heute seine Klagebegründung beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Das Amt für Planfeststellung Verkehr Schleswig-Holstein (APV) hatte am 1. September mit einer Planänderung die Zerstörung kostbarer, einzigartiger Riffe genehmigt – ohne ausreichende Kompensationsmaßnahmen durch die beauftragte dänische Staatsfirma Femern A/S. Dies widerspricht den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes und wird den Zustand der Ostsee weiter verschlechtern. Denn Riffe sind streng geschützte Hotspots der Artenvielfalt im Meer. Die Planänderung genehmigt nun deren Zerstörung und sieht vor, nur ein Drittel der durch die Baumaßnahmen zerstörten Riffe wiederherzustellen.
Schönrechnerei bei Ausgleichsmaßnahmen
Nach Bundesnaturschutzgesetz müssen durch Eingriffe verlorene Biotope wiederhergestellt werden. Die ermittelte Fläche, die bei der Planänderung zum Fehmarnbelttunnel kompensiert werden müsste, beträgt 36 Hektar Riffe. Die für Ausgleichsmaßnahmen vorgesehene Fläche umfasst aber nur knapp 17,5 Hektar. Zudem liegt sie an der Sagas-Bank im Bereich schon bestehender Riffe. Der tatsächliche Zugewinn durch die Kompensationsmaßnahmen ist also geringer, die Fläche darf nicht in vollem Umfang angerechnet werden – nach einem offiziellen Orientierungsrahmen nur mit knapp zwölf Hektar. Hinzukommt, dass durch die schlechteren Standortbedingungen auf der Sagasbank wohl nie die ökologische Qualität der Riffe im Fehmarnbelt erreicht wird.
Das wäre ein herber Verlust für die Artenvielfalt. Im Fehmarnbelt liegen laut Bundesamt für Naturschutz die artenreichsten Riffe in der südlichen Ostsee, mit wichtigen Funktionen: Kommt es durch Sauerstoffmangel zu einem Massensterben bodenlebender Arten in der Ostsee, wandern die Arten über den Fehmarnbelt wieder ein. 70 Prozent des Wasseraustauschs zwischen Nord- und Ostsee finden durch die Engstelle statt. Anne Böhnke-Henrichs, NABU-Meeresschutzexpertin, zur Gefahr der Planänderung: „Die Riffe im Fehmarnbelt sind wichtige ökologische Trittsteine für die gesamte Ostsee. Der Fehmarnbelt ist das ökologische Herz der Ostsee. Und das APV setzt dieses fahrlässig aufs Spiel.“
Hintergrund
Die NABU-Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss der festen Beltquerung wurde im November 2020 vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen. Aber das Gericht hatte damals schon auf die notwendige Planänderung wegen der auf der Trasse gefundenen Riffe hingewiesen. Eine Zerstörung der Riffe verstieße gegen Naturschutzrecht, der Planfeststellungsbeschluss sah keine Kompensationsmaßnahmen für diese Zerstörung vor. Identifiziert wurden die betroffenen Riffe erst 2019 nach Hinweisen des NABU, vorher fanden sie keine Berücksichtigung im Genehmigungsverfahren.
Ausgeprägte Riffe mit seltenen und geschützten Arten sind bei Kartierungen des NABU an der Ostseetunneltrasse gefunden worden. Damit verstößt die Baugenehmigung gegen EU-Naturschutzrecht. Wurden die Riffe im Gutachten von 2013 bewusst unterschlagen? Ein Blick zurück. Mehr →
Der NABU lehnt die umstrittene Fehmarnbeltquerung wegen der erheblichen Auswirkungen auf Natur und Umwelt sowie mangelnden Bedarfs ab und hat gegen den Planfeststellungsbeschluss geklagt. Anfang Juli 2019 wurde die Klagebegründung beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht. Mehr →
Der Schweinswal ist die einzige Walart, die dauerhaft vor unseren Küsten lebt. Die Tiere sind starken Gefahren ausgesetzt, weshalb für sie Schutzgebiete eingerichtet wurden. Eines davon liegt zwischen Fehmarn und Lolland, wo der Mega-Tunnel gebaut werden soll. Mehr →