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Flächenentwicklungsplan auf Kosten von Naturschutz
27. Januar 2022 - Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) hat am 26. Januar den ersten Entwurf des neuen Flächenentwicklungsplans Offshore (FEP) vorgestellt. Er regelt den Ausbau der Windenergie auf See. Bereits am 18. Januar hat der NABU seine Stellungnahme zum Entwurf abgegeben. Wir befürchten eine Verschärfung der Natur- und Artenschutzkonflikte und fordern, dass der Schutz von gefährdeten Seevögeln und Schweinswalen angepasst wird.
Im Entwurf des BSH wird immer mehr Windenergie in die ohnehin überlastete Nordsee gepresst. Keine gute Entscheidung, wenn so wissenschaftlich abgesicherte Abstandsregeln aufgelöst und Schutzgebietsziele gefährdet werden. Klima- und Naturschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger
Die Frage, wie viele Windräder sich in Nord- und Ostsee drehen können, bleibt umstritten. Der nun vom BSH vorgelegte FEP-Entwurf sieht die Produktion von bis zu 57,5 Gigawatt Offshore-Windenergie auf dem Meer vor – damit ignoriert er bekannte Naturschutzkonflikte und setzt sich über Zusagen aus dem Fortschreibungsprozess zur marinen Raumordnung aus dem vergangenen Jahr hinweg.
Politisches Taktieren auf Kosten des Naturschutzes
Die Bemühungen des alten FEP, Schäden von Schutzgebieten durch einen Abstandspuffer von mindestens 5,5 Kilometern zu minimieren, sucht man im neuen Entwurf vergebens. Das ist in mehrfacher Hinsicht bitter und unverständlich: Streng geschützte Seetaucher, Trottellummen und Basstölpel verlieren so ihre Lebensräume. Auch die schwindende Schweinswal-Population in der Nordsee wird weiter leiden – der jetzt forcierte Ausbau der Windenergie erscheint unvereinbar mit dem seit 2013 geltenden Schallschutzkonzept. Zudem läuft bereits ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland.
Der NABU kritisiert insbesondere das Vorgehen des BSH und erinnert an den Prozess um die marine Raumordnung im vergangenen Jahr. Dort wurden Lösungen für widerstreitende Wirtschafts- und Naturschutzinteressen in die nachgeordnete Planungsebene, also den FEP verlagert, darunter auch die Abstandsregeln. Die damals von Umweltverbänden und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) geäußerten naturschutzfachlichen Bedenken wurden größtenteils vom BSH abgewiesen, mit Verweis auf das notwendige Ausbauziel von 40 Gigawatt bis 2040 nach dem Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG).
Dass die Raumplanung nun der Fachplanung vorgreifen soll, entgegen früheren Aussagen des BSH, ist inakzeptabel. „So sollen höchst kritische Windparkflächen entgegen wissenschaftlichen Empfehlungen realisiert werden. Der FEP droht seine notwendige Steuerungsmöglichkeit zu verlieren. Das darf nicht sein und muss politisch aufgearbeitet werden“, so NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff.
Klima- und Artenschutz zusammen denken
Der NABU steht zum Ausbau der Windenergie auch auf See. Gleichzeitig müssen aber auch die ökologischen Belastungsgrenzen eingehalten werden und mehr für das Erreichen des guten Umweltzustands der Meere getan werden. „Nord- und Ostsee geht es schlecht. Nur wenn wir die Überlastung zurückfahren, Schutzgebiete wirksam machen, Fischerei, Schifffahrt und Rohstoffabbau beschränken, haben wir auch den Raum für den Ausbau der Windenergie. Die Bundesregierung ist in der Pflicht, die Energiewende voranzutreiben, ohne Naturschutzstandards aufzuweichen“, so Krüger.
In unserer Stellungnahme fordern wir:
- Den stufenweisen Ausbau der Windenergie, auf Grundlage des WindSeeG.
- Die Beibehaltung der naturschutzfachlichen Abstandsregeln zu Schutzgebieten.
- Einen stärkeren Fokus auf Flächensparsamkeit und technische Innovation.
Hintergrund: Windenergie auf See
Die Windenergie ist eine zentrale Säule der Energiewende, auch auf dem Meer. Gleichzeitig wurden die politischen Ausbauziele in nur wenigen Jahren von 15 auf jetzt 70 Gigawatt im aktuellen Koalitionsvertrag erhöht. Ungelöst bleiben viele Naturschutzkonflikte: Habitatverluste, Barrierewirkungen oder Kollisionen von Zugvögeln und Fledermäusen mit den Windenergieanlagen. Gleichzeitig hat Deutschland 2020 die Ziele der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) verfehlt. Nord- und Ostsee und ihre Lebensgemeinschaften sind in einem schlechten ökologischen Zustand. Laut BfN liegt der Grund in der zu starken industriellen Nutzung durch Fischerei, Schifffahrt und die Offshore-Windenergie.
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