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Jetzt NABU-Mitglied werden!NABU zum Koalitionsvertrag: Aufbruch mit Hausaufgaben
Noch viel Arbeit für die neue Bundesregierung
24. November 2021 - Die Ampel-Koalitionär*innen haben am Mittwochnachmittag den Entwurf für den Koalitionsvertrag vorgestellt. Das Motto des 177 Seiten starken Dokuments: Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
In dem Papier finden sich auch Themen aus den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz. So solle das fossile Zeitalter laut Entwurf Schritt für Schritt beendet werden. Idealerweise soll der Kohleausstieg auf das Jahr 2030 – und damit acht Jahre früher als bislang geplant – vorgezogen und die Technologie des Verbrennungsmotors hinter uns gelassen werden, heißt es weiter. Darüber hinaus wird die Artenvielfalt als Menschheitsaufgabe und ethische Verpflichtung bezeichnet. Die Koalitionär*innen wollen die biologische Vielfalt schützen und verbessern und auch ihre nachhaltige Nutzung sichern.
Als eine der größten Herausforderungen unserer Zeit bezeichnen die Koalitionär*innen den menschengemachten Klimawandel. Die Klimakrise müsse gemeinsam bewältigt werden. Darin liegen auch große Chancen für die Modernisierung Deutschlands, heißt es weiter. Außerdem werde die neue Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien zu einem zentralen Projekt machen. Darüber hinaus kündigen die Verhandler*innen an, dass Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene auf das 1,5-Grad-Limit ausgerichtet werden soll.
„SPD, Grüne und FDP haben zu Beginn der Verhandlungen eine klare Erwartungshaltung formuliert: Aufbruch, Erneuerung, Lösung der großen Krisen. Mit diesem Koalitionsvertrag ist ein ökologischer Aufbruch möglich, aber bei weitem nicht garantiert. Es kommt jetzt auf entschiedenes Handeln an. Zu den formulierten Zielen fehlen an vielen Stellen noch die passenden Instrumente. Hier muss gleich zu Beginn der Legislaturperiode nachgelegt werden, um die Wiederherstellung der geschädigten Natur tatsächlich zu gewährleisten und das 1,5-Grad-Limit bei der Erderhitzung einzuhalten. Die angekündigten umfangreichen Investitionen bei naturschutzbezogenem Klimaschutz und in Renaturierungsmaßnahmen begrüßen wir ausdrücklich.
Positiv bewerten wir große Teile des Landwirtschaftsteils, die Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans und den stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien. Die damit verbundenen Pläne bei der Planungsbeschleunigung dürfen jedoch ganz klar nicht zu Lasten von Natur und Artenschutz gehen. Der auf 2030 abzielende Kohleausstieg muss dann auch kommen. Mehr Entschlossenheit erwarten wir beim Abbau umweltschädlicher Subventionen. Das bedeutet künftig nur noch dort zu investieren, wo Klima, Natur und künftige Generationen auch wirklich profitieren.“
Jörg-Andreas Krüger, NABU-Präsident
Durch den Koalitionsvertrag sollen eine Reihe von Vorhaben, die dem NABU schon lange am Herzen liegen endlich Regierungshandeln werden, aber viele Punkte im Bereich Klima- und Naturschutz bleiben vage. Wir haben den Entwurf mit den NABU-Kernforderungen zur Bundestagswahl verglichen:
Zukunftslandschaften gestalten
Begrüßenswert ist es, dass die Ampel in den ersten zwei Jahren ein neues Konzept für EU-Agrarpolitik vorgelegen will. Dies könnte das Ende der schädlichen pauschalen Flächensubventionen bedeuten – vorausgesetzt die neue Bundesregierung setzt sich dafür ein. Ab sofort sollen verstärkt konkrete Klima- und Umweltleistungen honoriert werden. Ähnlich positiv sieht es beim Wald aus. Statt Gießkannenförderung will man ein gezieltes Vergütungssystem für Waldbesitzer aufbauen, als Anreiz für eine klimagerechte Bewirtschaftung auf Grundlage eines zu novellierende Bundeswaldgesetzes. Leider schweigt sich der Koalitionsvertrag aus wie die Umsetzung des europäischen Green Deals aussehen soll; ebenso beim Schutz von 10% der Fläche für den Erhalt der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft.
Klimaschutz vorantreiben
Mit diesem Koalitionsvertrag ist das 1,5°C-Limit wieder in Sicht. Ein schnellerer Ausstieg aus der Kohle wird nicht nur "idealerweise" sondern auch tatsächlich kommen müssen. Genauso wie der schnellere und naturverträgliche Ausbau der erneuerbaren Energien. Beides ist im Koalitionsvertrag angelegt, die genaue Ausgestaltung und die notwendigen Maßnahmen sind allerdings höchstens angerissen. Die angestrebte "Planungsbeschleunigung" könnte Konflikte mit dem Artenschutz verstärken statt sie zu entschärfen. Der Abbau von klimaschädlichen Subventionen kommt deutlich zu kurz. Auch beim Klimaschutz im Gebäudesektor bleibt es unkonkret. Denn auch wenn es gut ist, dass die Standards im Neubau und im Bestand erhöht werden, bleibt völlig unklar, wie auch die notwendige Erhöhung der Sanierungsquote erreicht werden kann.
Natürliche Klimaretter stärken
Ein kompletter Renaturierungsplan wurde nicht vorgelegt, erfreulich ist aber, dass mit einem "Aktionsprogamm Natürlicher Klimaschutz" die Wiederherstellung von Ökosystemen angegangen werden soll. Eine Reihe von Bundesprogrammen sollen in einem Bundesnaturschutzfonds gebündelt werden, eine nationale Moorschutzstrategie soll verabschiedet und zügig umgesetzt werden. Der zeitliche Horizont und der finanzielle Umfang dieser Maßnahmen ist leider unklar.
Unsere Meere sauber halten
Positiv ist, dass es ein Sofortprogramm zur Bergung und Vernichtung von Munitionsaltlasten geben soll, deren naturverträgliche Bergung aber sichergestellt werden muss. Außerdem wird mit einer Meeresstrategie deren Schutz verankert, im gleichen Zug zerstören die Ausbauziele für Offshorewindenergie jedoch die Naturverträglichkeit der Energiewende.
Ländlichen Raum lebenswert gestalten
Die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität soll bis 2030 auf eine Million Ladepunkte erweitert werden, dabei muss der Ländliche Raum aber berücksichtigt werden, ebenso wie bei der Förderung privater Solaranlagen und Dachbegrünungen. Statt eines Zuschusses für den Ersatz von Heizungen durch Wärmepumpen wird bis 2025 ein Ziel von 65 Prozent erneuerbaren Energie bei neuen Heizungen gesetzt. Dies muss aber ohne Gas und Holz erreicht werden.
Mobilität für alle
Erfreulich ist, dass umweltfreundliche Mobilität mit der Bahn, dem ÖPNV, dem Rad oder zu Fuß gestärkt wird. Ein Tempolimit oder einen Neubaustopp für Autobahnen soll es leider nicht geben, dafür soll der Bundesverkehrswegeplan überprüft werden. Das Aus für Verbrennerautos wird in Deutschland vor 2035 angestrebt. Insgesamt fällt der Verkehrsbereich mit den formulierten Maßnahmen und Zielen schwach aus. Wie die Emissionen in diesem Sektor nachhaltig gesenkt werden sollen bleibt überwiegend unklar.
Demokratie stärken und nachhaltige Bildung für alle
Obwohl bei Planungsverfahren die Beteiligung von Bürger*innen sowie Naturschutzverbänden angestrebt wird, ist bedenklich, dass aufgrund einer Schutzgüterabwägung zugunsten des Klimaschutzes der Natur- und Artenschutz übergangen werden könnte.Die Verankerung und Stärkung von Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist positiv, ebenso wie die Beteiligung von Bürgerräten im Bundestag. Freiwilligendienste und die Beteiligung der Zivilgesellschaft werden gestärkt.
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