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Jetzt NABU-Mitglied werden!Bayerischer Streuobstpakt
Freude über großen Schritt zur Sicherung der Artenvielfalt und des Kulturguts
23. Oktober 2021 - Der Pakt und die Maßnahmen sind das Ergebnis von zwei Runden Tischen und weiteren Arbeitsgruppentreffen, an denen verschiedene Akteure im Bereich Streuobst mitgewirkt haben. Der Trägerkreis des Volksbegehrens Artenvielfalt - „Rettet die Bienen!“ aus ÖDP, LBV, Bündnis 90/Die Grünen und Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS) sieht den Streuobstpakt als möglichen Wendepunkt zum Erhalt und der Weiterentwicklung der bayerischen Streuobstbaumbestände und begrüßt diesen wichtigen Schritt.
Der ökologische Wert von Streuobstwiesen ist vor allem aufgrund des Volksbegehrens Artenvielfalt - „Rettet die Bienen!“ wieder in das Bewusstsein von Bevölkerung und Politik in Bayern gerückt. Ihr Schutz war 2019 eines der Ziele der erfolgreichen Initiative. Zwei Jahre nach dem Volksbegehren zeigt sich (daher erneut): Es geht voran mit der Umsetzung und dem Schutz der Artenvielfalt in Bayern. Viele seltene und gefährdete Vogelarten wie Wiedehopf und Wendehals oder auch zahlreiche Fledermausarten finden in Streuobstbeständen einzigartige Lebensräume.
Nach dem Volksbegehren hatte die Staatsregierung den Schutz des Streuobstes zunächst sogar abgeschwächt. Durch eine Verordnung wurde der Schutz bestehender Streuobstbäume herabgesetzt, wogegen der bayerische Naturschutzverband LBV und BUND Naturschutz Klage einreichten. Auf Initiative der Bayerischen Staatskanzlei fanden deshalb zwei Runde Tische und weitere Arbeitsgruppentreffen unter der Leitung des ehemaligen Landtagspräsidenten Alois Glück hinsichtlich der Frage statt, wie man Streuobst in Bayern erhalten und fördern kann. Das Ergebnis ist der nun verabschiedete bayerische Streuobstpakt, mit dem sich die Staatsregierung zum umfassenden Erhalt und zur Neuanlage von Streuobstwiesen verpflichtet.
Der Trägerkreis des Volksbegehrens sieht darin eine große Chance, das Kulturgut Streuobst dauerhaft zu sichern und damit wertvolle Lebensräume für Vögel und Insekten zu wahren. Mit den im Maßnahmenkonzept vorgesehenen Mitteln und dem zusätzlichen Personal in Naturschutz- und Landwirtschaftsverwaltung wurde ein umfassendes Paket geschnürt, das erhebliches Potenzial hat, einen Gewinn für den Naturschutz in Bayern darzustellen. Ausschlaggebend für den Trägerkreis des Volksbegehrens bleibt allerdings die richtige und rasche Umsetzung dieses Maßnahmenpakets. Herausforderungen, an denen alle Akteure gemeinsam arbeiten müssen, sehen ÖDP, LBV, Grüne und GLUS in der Produktion qualitativ hochwertiger Streuobstbäume, der Flächenverfügbarkeit, der Organisation einer fachgerechten Baumpflege sowie der Stärkung regionaler Absatzwege für Streuobsterzeugnisse.
Agnes Becker, Beauftragte des Volksbegehrens und stellv. ÖDP-Landesvorsitzende: „Einer der zentralen Punkte im Volksbegehren ist: Biotopschutz für Streuobstwiesen. Den dramatischen Verlust dieses wichtigen Lebensraums konnten wir so auf die politische Agenda zwingen. Es war bitter nötig, denn seit den 1960er Jahren haben alle Regierungen mehr oder weniger zugeschaut, wie Millionen Bäume umgesägt wurden. Ich freue mich über den jetzt vorgelegten Pakt und noch viel mehr auf die tatsächliche Umsetzung. Darauf werden wir aufpassen. Naturschutz braucht einen langen Atem und den haben wir.“
Dr. Norbert Schäffer, LBV-Vorsitzender: „Mit den Zielen des Paktes ist die Zukunft der bayerischen Streuobstbäume gesichert. Damit wurde die Grundlage gelegt, den großen Schatz der Artenvielfalt, den der Lebensraum Streuobstwiese beherbergt, zu bewahren und zu fördern. Streuobstbestände prägen wie kaum ein anderer Lebensraum die unmittelbare Umgebung der Menschen. Dieses einzigartige Kulturgut wird nun erhalten und Bayern somit ein Stück schöner und lebenswerter gemacht. Aus diesem Grund ist heute ein wunderbarer Tag für die Natur und die Menschen im Freistaat. Staatsregierung und Verbände haben ein beeindruckendes Maßnahmenpaket für den Erhalt bestehender und die Anlage weiterer Streuobstflächen durch die Pflanzung von zusätzlich einer Million Streuobstbäumen in Bayern verabschiedet. Und seien Sie sich sicher: Wir werden jeden einzelnen neugepflanzten Baum nachzählen.“
Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag: „Der heutige Tag zeigt: Es lohnt sich, die Staatsregierung unter Druck zu setzen. Gerade wollte sie noch per Verordnung verhindern, die Streuobstwiesen und ihre Tierwelt zu schützen. Damit hätte sie 1,8 Millionen Unterzeichnende des Volksbegehrens Artenvielfalt missachtet. Der Pakt ist für künftige Streuobstbestände sehr fortschrittlich, wir müssen aber auch bestehende Bestände konsequent erhalten und für die erforderliche flächendeckende Erfassung sorgen. Ohne dieses Wissen besteht weiterhin die Gefahr, dass hochwertige Streuobstbestände und damit wertvolle Vogelarten, Wildbienen und Prachtkäfer verschwinden. Hier muss Markus Söder noch nachliefern, wenn es ihm mit dem Artenschutz ernst ist und er den Willen der bayerischen Bürgerinnen und Bürger wirklich umsetzen möchte.“
Claus Obermeier, Vorstand der Gregor Louisoder Umweltstiftung: „Entscheidend für die Umsetzung sind die im Maßnahmenkonzept genannten Stellen in der Naturschutz- und Landwirtschaftsverwaltung und das Budget. Sie müssen im Haushalt 2022 entsprechend beschlossen werden – dann kann der Streuobstpakt ein großer Erfolg werden und Maßstäbe setzen. Sie machen den Unterschied zwischen einer großen Naturschutzshow und echtem Naturschutz in der Fläche.“
"Das Ziel der nachhaltigen Pflanzung von einer Million Hochstämmen bis 2035 ist bundesweit vorbildlich", kommentiert der Sprecher des NABU-Bundesfachausschuss Streuobst den bayerischen Streuobstpakt. „Wichtig wird es sein, durch rechtzeitige Planung einerseits die Pflanzung mit Hochstamm-Obstbäumen nach den bundesweiten Qualitätsstandards mit Stammumfang von 7 cm, mindestens 180 cm Stammhöhe und drei oder vier geeigneten Leitästen abzusichern. Außerdem bedarf es einer auch finanziellen oder vertraglichen Absicherung der Pflege der Bäume über mindestens 30 Jahre, wozu in Zeiten des Klimawandels insbesondere in den ersten zehn Jahren auch das Wässern in trockenen Jahren gehört", so Rösler.