Ganz schön mühsam für die Erdkrötendame: den Bauch voller Laichschnüre und auf dem Rücken auch noch das Männchen – immerhin aber gefahrlose Überquerung dank gesperrter Straße. Aufgenommen in Springe. - Foto: Bernd Schönebaum
„Es ist wunderbar, wenn sich am Zaun etwas rührt“
Ende März herrschte noch dichter Wanderverkehr, jetzt ist wieder weitgehend Pause
*** Prognose vom 9. April: In den Nächten zu Samstag und Sonntag (10./11.) im Westen und Südwesten vorübergehend sehr gute Wanderbedingungen; abgeschwächt auch im Nordwesten und Norden. Danach auch dort wie zuvor bereits im Osten deutlich kältere Nächte, teils mit Frost. Durchgreifende Besserung frühestens am folgenden Wochenende. ***
06. April 2021 – Nein, das ist nicht der Klimawandel, das ist der April – und der macht wettermäßig bekanntlich „was er will“. Bis Ende der Nachosterwoche heißt das: Es bleibt ausgesprochen frisch, in Regionen ohne schützende Wochendecke nachts auch frostig. Auch wenn vor allem im Norden gelegentlich Regen fällt, sind die Wanderbedingungen für die Amphibien damit ausgesprochen schlecht.
Viel stabiler waren Februar und März allerdings auch nicht. Statt einer kontinuierlichen Entwicklung gab es viel Hin und Her, wie Elisabeth und Wolfgang Postler am Beispiel Kamener Galgenberg schildern: „Bis Anfang März hatten wir schon über 1000 Erdkröten sowie 200 Teich- und Bergmolche. Dann kam aber die große Kältewelle und wir befürchteten schon, dass es mit der Wanderung vorbei sei. Ab 22. März wurde es endlich wieder warm und die Straße saß voller Kröten. Auffällig viele Doppeldecker, also verpaarte Krötenpaare waren unterwegs. In dieser großen Anzahl haben wir es in den ganzen Jahren noch nicht erlebt. Das Laichgewässer ist voller Tiere und Laichschnüre sind auch zu sehen. Wir haben nun über 2000 Erdkröten gezählt und die ersten Rückwanderer konnten wir auch schon beobachten.“
In den Flusslagen des Südens und Westens ist die Wanderung von Braunfröschen und Erdkröten zu den Laichgewässern wohl vielerorts schon beendet. Allerdings mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. „Bei uns in Langenhagen haben wir alle Rekorde seit Beginn der Betreuung im Jahr 2014 gebrochen“, berichtet etwa Ricky Stankewitz. „Ein schönes Beispiel, dass ein Schutzzaun dazu beitragen kann, eine Population wieder erstarken zu lassen. Ein paar Tiere werden sicherlich noch dazu kommen.“ Auch Monika Habermann zieht für das niederbayerische Oblfing eine gute Bilanz: „Es ist wunderbar, wenn sich am Zaun etwas rührt. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Anzahl der Kröten wieder ansteigend. Wir hoffen doch, dass sich dies in ganz Deutschland so verhält.“ Leider nein. Hier einige Beispiele:
„An unserer Strecke war die Wanderung in diesem Jahr leider sehr überschaubar“, beklagt Regine Carl vom Verein für Umwelt- und Naturschutz Untergrombach. „Wenige Regennächte und anhaltend kalte Nachttemperaturen sorgten für extrem schlechte Wanderzahlen. An unseren künstlich angelegten Laichgewässern hatten wir zwar trotzdem sehr erfreuliche Mengen an Frosch-Laichballen, aber ich konnte bisher keine Kröten-Laichschnüre entdecken. Die Spring- und Grasfroschquappen sind durch die sommerlichen März-Temperaturen schon teilweise geschlüpft, ob die Kröten noch zum Laichen kommen, wird sich zeigen müssen.“
Am Leverkusener Hornpottsee zählte Martin Wielens bei den Erdkröten bisher nur rund ein Viertel des mehrjährigen Mittels. „Wir befürchten, dass der Bestand sich hier aufgrund der langen Dürreperioden und gegebenenfalls aufgrund Wildschweinfraß deutlich dezimiert hat .“ Wildschweine hat auch Heinz-Werner Steckhan vom NABU Walddörfer in Hamburg in Verdacht: „Seit über 30 Jahren baue ich nun den Amphibienzaun in Volksdorf. Im letzten Jahr brach die Anzahl der aus den Eimern geholten Tiere geradezu zusammen. Hatten wir bisher weit über tausend Amphibien, waren es nun ganze 80, überwiegend Grasfrösche. Als ich mir in diesem Frühjahr das Winterhabitat mal etwas genauer anschaute, sah ich plötzlich keine zehn Meter von mir entfernt vier Wildschweine. Die Schweine haben dort in dem Bruchwaldgebiet ihren Einstand. Und wenn nach dem Winter die Amphibien an zu wandern fangen – was gibt es für ein besseres Eiweißangebot für die Wildschweine?“
Helfende Hände gesucht
Es gibt wohl kaum eine Naturschutzgruppe, die nicht dringend weitere Helfer*innen sucht, denn Amphibienschutz ist aufwändige Handarbeit. Um mitzutun, sind Vorkenntnisse nicht zwingend nötig. Die Saison erstreckt sich in der Regel über zwei bis drei Monate, mit dem Höhepunkt gegen Mitte März. Es ist schön, wenn jemand an vielen Tagen mit anpacken kann, wer nur einmal oder zweimal Zeit hat, ist aber auch willkommen.
Zunächst müssen Zäune aufgestellt werden – teils übernimmt das die Kommune oder die Straßenbauverwaltung. Stehen die Zäune, müssen diese jeden Tag kontrolliert werden, am besten am frühen Abend und am frühen Morgen. Befinden sich Amphibien in den Eimern, werden diese in Transporteimer umgefüllt und über die Straße getragen. In der Regel werden dabei auch Anzahl, Arten und Geschlechter notiert. Wie die Hilfe funktioniert, wie man die Tiere richtig anfasst, wie man Grasfrösche von Springfröschen oder Bergmolche von Teichmolchen unterscheidet, ist schnell gelernt.
Wer weiß, dass im Heimatort oder in der Nachbarschaft Krötenzäune betreut werden, kann sich einfach an die jeweilige Naturschutzgruppe wenden. Ist dies nicht bekannt, lohnt es sich, auf den lokalen NABU-Websites nachzuschauen. Fast tausend Schutzzäune samt Kontaktadressen sind zudem in der Schutzzaundatenbank des NABU-Bundesfachausschusses Feldherpetologie versammelt.
Noch mehr als Wildscheine, Marderhunde oder Waschbären macht den Amphibien allerdings die Trockenheit zu schaffen, die sich auf fast alle Gewässertypen auswirkt. „Die Zahlen an unserem NABU-Zaun bei Kapern im Landkreis Lüchow-Dannenberg sind ein einziges Desaster, insbesondere die Moorfrösche sind anscheinend fast vollständig weggebrochen“, berichtet Christian Fischer aus der niedersächsischen Elbtalaue. „Da wird wohl auch nicht mehr viel passieren. Ich rechne dort höchstens noch mit einigen Knoblauchkröten, die ja immer etwas später kommen als die Braunfrösche. Im Vergleich zu Brandenburg haben wir an der Elbe zwar den Vorteil, dass der Fluss auch mal Niederschläge von woanders mitbringt und zumindest die auennahen Gewässer wieder auffüllt. Dies passiert aber auch nur unregelmäßig und in den letzten Jahren eher zu schwach. Es hat wohl fast alle Amphibienarten hart getroffen, ganz besonders aber nach meinem Eindruck die Gras- und Moorfrösche.“
„Neben Trockenheit und Klimawandel wirken natürlich auch andere Faktoren auf die Bestände ein“, so Fischer weiter. „Die fatale Mentalität, anfallendes Wasser als Problem zu betrachten und sofort aus der Landschaft loswerden zu wollen, ist sicher einer der wesentlichsten. Dazu die intensive Landnutzung. Es kommt halt eines zum anderen.“
Rückblick März
In dem sich dahinschleppenden Frühlingsbeginn ist der große Startschuss mit Idealbedingungen für Kröten und Frösche bisher ausgeblieben. Die Tageslänge und die Hormone signalisieren den Tieren aber, dass nun Fortpflanzung angesagt ist. Und so laufen sie los, sobald die Temperaturen es auch nur einigermaßen zulassen. Mehr →
Verwandte Themen
Immer wieder finden Amphibienschützer bei ihren Einsätzen tote und angefressene Erdkröten, Gras- und Moorfrösche sowie stellenweise auch Molche. Oft sind die Tiere stark verstümmelt, es fehlen die Gliedmaßen, die Haut ist auseinandergerissen oder einem Handschuh gleich umgestülpt. Mehr →
Sie laichen im Wasser, verbringen ihre erste Lebensphase dort und haben ein wasserdurchlässige Haut: Amphibien sind stark an Feuchtbiotope gebunden. Durch die weitgehende Zerstörung und Verkleinerung ihrer Lebensräume sind die Bestände stark zurückgegangen. Mehr →
Kröten, Frösche, Molche, Unken, Salamander: In Deutschland leben 21 Amphibienarten. Während manche eher unauffällig gefärbt sind, haben andere kräftige und bunte Färbungen. Auch in ihrer Lebensweise und Verbreitung gibt es viele Unterschiede. Der NABU stellt die heimischen Arten in Einzelporträts vor. Mehr →
Bei den vier heimischen Molcharten haben Aktive immer wieder Schwierigkeiten, sie am Zaun schnell und sicher zu bestimmen. Carlo Fuchs von der NABU-Bezirksgruppe Braunschweig hat nun gut nachvollziehbare Unterscheidungsmerkmale zusammengestellt. Mehr →