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Der Amphibien-Wanderverkehr nimmt deutlich zu
28. März 2021 – „Nach viel zu kühlen Tagen gab es Donnerstag, Freitag und Samstag ein hohes Aufkommen von Erdkröten am Fuße des Wiehengebirges zwischen Porta Westfalica und Bad Oeynhausen“, freut sich Marion Kühr. Doch „Die Nacht zu Sonntag war wieder sehr kalt. Mal sehen wie es sich diese Woche entwickelt.“ Genau das ist die Frage, denn frühlingshafte Tage reichen nicht, wenn es nachts wieder stark abkühlt.
Es bleibt also vielerorts spannend. Ganz ähnlich wie im Wiehengebirge in NRW sah es in Neustadt bei Coburg, unweit des Thüringer Waldes aus, wo der Schutzzaun am Muppberg in immerhin rund 600 Metern Höhe steht. „Am Freitag hatten wir die ersten Tiere im Eimer – Kröten und Frösche, trotz niedrigen Temperaturen. Am Samstag war es nachts aber wieder so kalt, dass wir erneut vor leeren Eimern standen“, berichtet Angela Drutschmann
Weit im Nordosten im Kreis Märkisch Oderland ist es auch ohne Höhenlage weiter recht frisch. „Immer noch nachts zu kühl und bei etwas wärmeren kurzen Perioden nur vereinzelte Tiere anzutreffen, dazu leider allzu oft nur tot“, lautet das wenig erfreuliche Zwischenfazit von Thorsten Schönbrodt vom NABU Müncheberg. Noch mehr macht den Amphibien dort die Trockenheit zu schaffen: „ Unsere Gruppe hat noch einmal eine Begehung durchgeführt und es wird leider der Trend bestätigt, dass von 446 Kleingewässern jetzt schon 317 ausgetrocknet sind – 71 Prozent!. Das lässt nichts Gutes ahnen.“ Als Ursache sieht Schönbrodt aber nicht nur den Regenmangel der letzten Jahre. Er sieht auch politische Fehler: „Seit den 1950er Jahren besteht dieser Zwang ‚Wasser muss weg‘. Es muss endlich gegengesteuert werden.“
26. März 2021 – Die Amphibienwanderungen kommen jetzt deutlich in Schwung. Im Flachland sind jetzt bundesweit Molche, Frösche und Kröten zu beobachten. „Seit Anfang der Woche läuft hier die Hauptwanderphase der Erdkröten, nachdem es abends nicht mehr so kalt war“, berichtet zum Beispiel Amphibienexperte Christian Fischer aus dem nordöstlichen Niedersachsen.
„Zwar ist es bisher weiterhin trocken, aber das macht zumindest den Kröten jetzt auch nichts mehr – die wollen unbedingt los. Mit jedem Tag wurden und werden es mehr; inzwischen gibt es schon einen erhöhten Weibchen- und Paaranteil. Auch Teichmolche findet man dazwischen hin und wieder. Soweit der einigermaßen normale, funktionierende Teil.“
Bei Amphibien hängt die Körpertemperatur stark von der Außentemperatur ab. Das haben sie mit den Schlangen und Echsen gemein, aber auch mit allen wirbellosen Tieren, zum Beispiel den Insekten. Ist es zu kalt, kommen ihre Lebensgeister nicht richtig in Schwung. Selbst wenn die innere Uhr sagt, dass Fortpflanzungszeit ist, kann es ein, dass tiefe Temperaturen es den Tieren physisch unmöglich machen. Normalerweise wandern Amphibien weitgehend im Schutz der Dunkelheit. Ist es schon sehr spät im Jahr und der „Laichdruck“ entsprechend groß, kommt es vor, dass Amphibien bei weiterhin kalten Nächten mit der Wanderung zunehmend in die Tagesstunden ausweichen.
Sorgen machen Fischer dagegen die Grasfrösche und Moorfrösche. Mehrere extrem trockene Jahre hintereinander haben deutliche Spuren hinterlassen: „Wie es scheint, ist ein erheblicher Teil von deren Beständen in der Region Wendland und niedersächsische Elbtalaue – und weit darüber hinaus, vor allem nach Osten und Südosten hin – ein Opfer der extremen Trockenheit geworden und schlicht nicht mehr vorhanden. Noch ist es allerdings zu früh, bereits ein Fazit für das Frühjahr 2021 zu ziehen. Dazu fehlten bisher gute Wanderbedingungen mit Regen bei gleichzeitig nicht zu niedrigen Temperaturen und/oder kaum Wind.“
„An Moorfrosch-Laichgewässern – soweit sich diese Gewässer im Zuge eines Elbhochwassers in der zweiten Februarhälfte wieder einigermaßen mit Wasser gefüllt hatten – tat sich bis Donnerstag jedenfalls anscheinend noch nichts in Sachen Balzrufe oder Laich. Den ersten Grasfroschmann konnte ich gestern Abend immerhin rufen hören. Und aus einem Moorgebiet bei Celle wurde mir zeitgleich auch erstes ‚Moorfroschgeblubber‘ gemeldet. Mal schauen, was das Wochenende mit den angekündigten Niederschlägen noch bringt. An frühere Zahlen werden die regionalen Gras- und Moorfroschbestände aber mit Sicherheit nicht mehr anknüpfen können. Von Knoblauchkrötenwanderungen ist mir bisher nichts zu Ohren gekommen. Auch das könnte sich mit dem nächsten Regen ändern.“ [Nachtrag von Samstag (27.): Inzwischen wurden in der Elbtalaue die ersten Knoblauchkröten in den Zauneimern gefunden und auch vereinzelte Moorfroschrufe sind zu hören.]
Kurzfristig stehen die Aussichten ganz gut. Um im Wendland zu bleiben: Dort verspricht vor allem die Nacht zu Montag mit Regen und milden Temperaturen Einiges. Auch der Wochenbeginn sieht noch amphibienfreundlich aus, während es an Ostern noch einmal nahe an den Gefrierpunkt gehen wird. Ein ähnlicher Temperaturverlauf ist für die meisten Teile Deutschlands vorhergesagt, wobei im Südosten die mildesten Nächte eher zur Mitte der Karwoche erwertet werden. Vielerorts wird es zu Beginn der Karwoche um die 20 Grad warm, die Restwärme des Tages könnte die Amphibien zu abendlichen Wanderetappen verlocken.
Nach dem Frost ist vor dem Frost
Amphibien nutzen aktuelles mildes Wetter, doch es wird wieder kälter
12. März 2021 – Wer glaubte, nach dem Ende der starken Frostperiode Mitte Februar laufe nun alles auf ein zeitiges Frühjahr zu, sieht sich getäuscht. Momentan wechselt das Wetter fast wöchentlich die Richtung und meist weht dabei ein kräftiger Wind, der mal milde Temperaturen und mal Frost bringt. Zuletzt bescherte Sturmtief „Klaus“ vor allem dem Norden Deutschlands Regen und orkanartige Böen. Am Wochenende drohen bereits die nächsten Tief-Ausläufer.
Dass die Tiefs viel Feuchtigkeit bringen, kommt den Amphibien entgegen. Nach dem recht munteren Auftakt der Wanderungen in der letzten Februar-Dekade waren im März zunächst nur in wenigen Regionen Kröten, Frösche oder Molche unterwegs. „Freitag den 5. hatten wir unsere ersten Amphibien in den Eimern: drei Grasfrösche und zwei Erdkröten“, freute sich zum Beispiel Franz-Josef Schudell vom NABU Weiskirchen-Losheim im nördlichen Saarland. Selbst im vergleichsweise hoch gelegenen Gerstetten auf der Schwäbischen Alb ging „bei Schneeregen und fünf Grad Celsius die Krötenwanderung los“, so Stephanie Krause vom örtlichen NABU. Im Osten der Republik dagegen war daran nicht zu denken, hier kamen noch einmal kräftige Nachtfröste.
Nun haben aber Klaus & Co. den Frost weitgehend vertrieben Zumindest einige Tage stehen die Wander-Ampeln auf Grün. „Bislang läuft es eher zaghaft. Heut war das erste mal richtig Leben in den Eimern“, berichtet Ulrike Reiss vom NABU Goslar. Stark Fahrt aufgenommen haben die Wanderungen auch weit im Westen an der Nahe. Vorbote war am Mittwoch am Alten Steinbruch bei Monzingen ein einsames Krötenmännchen, am Donnerstag „trauten sich bei teils strömendem Regen 64 Erdkrötenmännchen und 3 Weibchen an den Schutzzaun“, so Irene Gellweiler vom NABU Bad Sobernheim. „Bei zunächst angenehmen plus neun Grad Celsius hatten wir Sammlerglück. Dass am zweiten Sammeltag bereits drei Pärchen unterwegs waren, erstaunt.“
Helfende Hände gesucht
Es gibt wohl kaum eine Naturschutzgruppe, die nicht dringend weitere Helfer*innen sucht, denn Amphibienschutz ist aufwändige Handarbeit. Um mitzutun, sind Vorkenntnisse nicht zwingend nötig. Die Saison erstreckt sich in der Regel über zwei bis drei Monate, mit dem Höhepunkt gegen Mitte März. Es ist schön, wenn jemand an vielen Tagen mit anpacken kann, wer nur einmal oder zweimal Zeit hat, ist aber auch willkommen.
Zunächst müssen Zäune aufgestellt werden – teils übernimmt das die Kommune oder die Straßenbauverwaltung. Stehen die Zäune, müssen diese jeden Tag kontrolliert werden, am besten am frühen Abend und am frühen Morgen. Befinden sich Amphibien in den Eimern, werden diese in Transporteimer umgefüllt und über die Straße getragen. In der Regel werden dabei auch Anzahl, Arten und Geschlechter notiert. Wie die Hilfe funktioniert, wie man die Tiere richtig anfasst, wie man Grasfrösche von Springfröschen oder Bergmolche von Teichmolchen unterscheidet, ist schnell gelernt.
Wer weiß, dass im Heimatort oder in der Nachbarschaft Krötenzäune betreut werden, kann sich einfach an die jeweilige Naturschutzgruppe wenden. Ist dies nicht bekannt, lohnt es sich, auf den lokalen NABU-Websites nachzuschauen. Fast tausend Schutzzäune samt Kontaktadressen sind zudem in der Schutzzaundatenbank des NABU-Bundesfachausschusses Feldherpetologie versammelt.
Bald wird die Wander-Ampel aber in vielen Regionen auf Rot umspringen, bestenfalls auf Gelb. Die Nachttemperaturen gehen bis auf den Gefrierpunkt zurück, oft auch darunter. Vor allem im Südosten wird es spürbar kalt. Am günstigsten sind die Aussichten bundesweit noch am Oberrhein. Mitte März steht in Normaljahren im Flachland der Höhepunkt der Laichwanderungen an. 2021 wird sich das wohl etwas verzögern. Noch dürfte der „Laichdruck“ nicht so stark sein, dass die Tiere in größerer Zahl bei schlechten Bedingungen oder verstärkt tagesüber wandern.
Rückblick Februar
Der starke Temperaturanstieg macht den Amphibien Beine. Von Tag zu Tag setzen sich in immer mehr Regionen Molche, Frösche und Kröten und Bewegung. Im Flachland, vor allem in den Flusstälern, sind inzwischen bundesweit Amphibien auf dem Weg zu den Laichgewässern. Mehr →
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