Rückwärtsgewandtes Verkehrsprojekt
Autobahnprojekt A26 Ost ist „Dinosaurier des Jahres“
29. Dezember 2020 - Erstmals seit 1993 zeichnet der NABU mit dem Negativ-Preis „Dinosaurier des Jahres“ keine Person, sondern ein konkretes Projekt als Umweltsünde des Jahres aus. Die geplante A26 Ost erfüllt alle Kriterien: extrem klimaschädlich, unglaublich teuer und naturzerstörend.
Ursprünglich wurde die A26 Ost als Pendlerautobahn für den Hafen und das nahegelegene Airbus-Gelände von der Stadt Hamburg beim Bund bestellt. Damals noch unter Bürgermeister Ole von Beust und mit Beteiligung der Grünen – bereits vor 20 Jahren. Nun, zwei Jahrzehnte später, wurden die Gelder bewilligt.
Ein Stopp der A26 Ost ist ökonomisch, ökologisch und sozial sinnvoll. Die als „Hafenpassage“ bezeichnete Stadtautobahn ist an ein extrem hohes Hafenwachstum gekoppelt – nur basieren diese Zahlen auf völlig überzogenen Umschlagserwartungen für den Hamburger Hafen. Statt der für 2025 prognostizierten 25 Millionen Containern Umschlag geht ein aktuelles Gutachten der Hamburger Wirtschaftsbehörde noch von allenfalls elf bis 14 Millionen Containern 2035 aus.
Nutzlos und extrem klimaschädlich: die A26 Ost
Die A26 West wird bereits gebaut und zerstört so große Naturflächen und damit wichtige Lebensräume für gefährdete Tiere und Pflanzen. Der Bau beider Autobahnabschnitte von A26 West und Ost führt insgesamt zu einem Verlust von mehreren Hundert Hektar Lebensraumflächen – vor allem von wertvollen Niedermoorböden.
Der Ausbau der überflüssigen A26 Ost muss deshalb jetzt unbedingt vermieden werden, um die Restmoorflächen zu sichern. Moore leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt, sondern dienen auch als gigantischer Kohlenstoffspeicher. Sie speichern mehr Kohlenstoff als jedes andere Ökosystem der Welt.
Entgegen aller Klimaschutzziele
Der Bau der A26 Ost läuft gleich mehrfach den Klimazielen von Bund und Ländern entgegen: Er fördert (Individual-)Verkehr, der mit der Verkehrswende vermieden werden soll. Er zerstört den wertvollen Kohlenstoff-Speicher Moor und ist zudem durch die zementintensive Bauweise besonders klimaschädlich. Denn: Ein Großteil der Trasse muss aufgeständert werden, damit eine 50 Meter hohe Brücke die Süderelbe überqueren kann. Sie ist nur deshalb so hoch geplant, damit gigantische Kohleschiffe das dahinterliegende Kraftwerk Moorburg erreichen können. Das wiederum wird bereits 2021 abgeschaltet.
Auch für die Bewohner*innen im Hamburger Südosten hat der Bau der A26 Ost erhebliche Folgen. Östlich der A1 führt die geplante Autobahn an der Großwohnsiedlung Kirchdorf-Süd vorbei, für dessen Bewohner*innen sich die Lebensqualität weiter verringern wird. Hier will die Stadt Hamburg einen Tunnel finanzieren, der durch 16 Hektar Landschaftsschutzgebiet führt und die Anwohner*innen vor Autoabgasen und Lärm schützen soll. Dadurch würde gleichzeitig das wenige Grün der Umgebung verloren gehen.
„Diese geplante Autobahn ist ein perfektes Sinnbild für eine verfehlte Verkehrspolitik sowie für antiquierte Infrastrukturplanungen in ganz Deutschland. Sie ist ein Planungs-Dinosaurier und muss verhindert werden. Hier soll wieder einmal Natur verbaut werden, obgleich sich die Bedarfsprognosen dramatisch verändert haben und sinnvollere Alternativen bestehen. Die Stadt Hamburg und der Bund sollten diese Planungen jetzt stoppen. Die A26 Ost macht deutlich: Wir brauchen eine grundlegende Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans, um solche Planungs-Dinosaurier zu stoppen. Die Infrastruktur der Zukunft muss auch helfen, die Pariser Klimaziele zu erreichen und Naturverluste zu vermeiden. Neubauten von Fernstraßen sollten bis zu dieser Überprüfung vollständig ausgesetzt werden.“
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger
Extrem teuer und unglaublich nutzlos
Der Bau der überflüssigen A26 Ost ist zudem enorm kostspielig: Rund 1,5 Milliarden Euro soll diese kosten, auch wegen der Aufständerung und der geplanten Brücke. Das sind rund 150 Millionen Euro pro Kilometer, und damit zehn- bis 15-mal mehr als für andere Autobahnen üblicherweise aufgewendet wird. Damit spielt die A26 Ost in der Top-Liga überteuerter Straßenbauprojekte, gemeinsam mit der Berliner Stadtautobahn A100 oder dem Freiburger Stadttunnel.
Wir fordern, den Planungsirrsinn zu stoppen. Insbesondere, da eine sinnvolle Alternativroute bereits vorhanden ist: Die bestehende Haupthafenroute auf dem Veddeler Damm sollte bedarfsgerecht ausgebaut werden. Das entspräche auch dem ausdrücklichen Ziel des Bundesverkehrswegeplans: Erhalt vor Neubau. Im Zuge dessen sollte der ohnehin für den Hafen notwendige Querungsneubau des Köhlbrands (Kostenschätzung: 3,2 Milliarden Euro) vom Bund bezahlt werden. So würde eine verkehrs- und klimapolitisch unsinnige Doppelinfrastruktur vermieden und die Gelder sinnvoll eingesetzt werden.
Mittlerweile liegt die Verantwortung für den Ausbau der A26 Ost beim Bund und damit bei Verkehrsminister Andreas Scheuer. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der die Hamburger Klimaplan- und Klimagesetzgebung eigentlich vorantreibt, ist derjenige, der das klimaschädliche Projekt jetzt beim Bund noch abbestellen könnte.
Hintergrund zum „Dinosaurier des Jahres“
Zum 28. Mal verleiht der NABU den „Dinosaurier des Jahres“, eine 2,6 Kilogramm schwere Nachbildung einer Riesenechse. Erstmals seit 1993 zeichnen wir keine Person aus, die sich durch besonders rückschrittliches öffentliches Engagement in Sachen Natur- und Umweltschutz hervorgetan hat, sondern ein konkretes Projekt – eine Umweltsünde.
Mit der Neu-Akzentuierung des Dino wollen wir den Blick auf ein konkretes Vorhaben oder Projekt richten und damit die Öffentlichkeit für ein spezielles Thema sensibilisieren. Preisträger 2018 war RWE-Chef Rolf Martin Schmitz. Er erhielt die Trophäe für die Rodung des Hambacher Forstes auf Kosten von Klima und Natur. 2017 ging der „Dinosaurier des Jahres“ an Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied für die Blockade einer umweltverträglichen Agrarpolitik.
Am 9.2. ab 18 Uhr beleuchtet der NABU Hamburg in einer Online-Veranstaltung den aktuellen Planungsstand zum Umweltdinosaurier A26 Ost und lädt zur Diskussion über bessere Alternativen ein. Mehr →
Der NABU Hamburg stellt sich entschieden gegen den geplanten Bau der A26 Ost. Die jahrzehntealte Planung entspricht nicht mehr den Anforderungen der Gegenwart und bedroht wertvolle Lebensräume im Hamburger Süden. Eine bessere Alternative ist zudem vorhanden. Mehr →
Mit dem „Dinosaurier des Jahres“ zeichnet der NABU seit über 30 Jahren Persönlichkeiten oder Projekte aus, die sich in Sachen Umweltschutz als besonders rückwärtsgewandt und schädlich erwiesen haben. Mehr →