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Jetzt NABU-Mitglied werden!World Energy Outlook 2020 berücksichtigt Klima- und Artenkrise nicht
Klimaneutralität bis 2050 ist zu spät
15. Oktober 2020 – Im jährlich erscheinenden World Energy Outlook (WEO) wird errechnet, wie sich Energieverbrauch und Energieerzeugung in den kommenden zehn Jahren weltweit entwickeln. Neben einem Szenario, das auf den aktuellen poltischen Gegebenheiten (STEPS) basiert, wurden dieses Jahr erstmals auch zwei Szenarien entwickelt, die eine nachhaltige und eine klimafreundliche Zukunft beschreiben sollen.
Das traditionell konservative STEPS-Szenario der IEA prognostiziert, dass die energiebedingten jährlichen CO2-Emissionen dieses Jahr um rund sieben Prozent sinken und dass der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion im Jahr 2030 einen Anteil von 80 Prozent erreichen wird. Klingt zunächst gut. Allerdings: Der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen brechen laut Bericht nur Corona-krisenbedingt ein und werden in den kommenden Jahren wieder ansteigen.
Bereits 2023 wird der Energieverbrauch demnach wieder über dem Niveau von 2019 liegen. Durch den vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien werden die CO2-Emissionen etwas später wieder das Vorkrisenniveau erreichen, nämlich im Jahr 2027. Die Krise sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine naturverträgliche Transformation der Energiesysteme notwendig ist, um effektiv und langfristig Treibhausgase zu mindern.
Steigende Emissionen?
Genau, der World Energy Outlook geht davon aus, dass die Treibhausgasemissionen weiter ansteigen werden, nur langsamer und verzögert durch die Pandemie. Wenn die Politik keine zusätzlichen Maßnahmen einleiten wird, soll innerhalb der nächsten zehn Jahre das Wachstum im Ölmarkt zum Erliegen kommen – das Wachstum! Da die Internationale Energieagentur ursprünglich zum gemeinsamen Vorgehen gegen eine Ölkrise gegründet wurde und strategische Ölreserven bei Krisen wie im Jahr 2011 freigibt, ist diese Erkenntnis sicherlich ein Schock. Angesichts der Dringlichkeit der Klima- und Artenkrise ist es vielmehr erschreckend, dass überhaupt weiteres Wachstum prognostiziert wird. Der Verbrauch von Erdgas – und die damit einhergehenden CO2-Emissionen – soll laut den Prognosen sogar noch bis 2040 steigen.
Der NABU setzt sich für eine Energiewende ein, die ohne fossile Energieträger wie Öl, Kohle und fossiles Erdgas auskommt.
mehr InfosEin Lichtblick im Branchenbericht ist, dass Photovoltaik (PV) beim Anteil der Stromerzeugung in den nächsten Jahren deutlich zugewinnen soll. Denn PV-Strom ist schon heute in einigen Regionen der Welt deutlich günstiger als Strom aus Kohle und Gas. Neben Solaranlagen setzt die IEA – aus Naturschutzsicht unverständlicher – auf Wasserkraft. Den Bau neuer Wasserkraftwerke gilt es durch eine Abkehr von Subventionen auf EU-Ebene zu verhindern, denn die Auswirkungen auf die Naturräume stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Klima- und Artenkrise adressieren
Der World Energy Outlook macht in dem STEPS-Szenario die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zum Gelingen der naturverträglichen Energiewende deutlich. Für die Integration von erneuerbaren Energien in das Energiesystem braucht es naturverträgliche Stromnetze, die an den passenden Standorten ausgebaut werden. Unser zukünftiges Energiesystem muss auf naturverträglichen erneuerbaren Energien basieren. Nur so können wir unsere Lebensgrundlagen bewahren und die Klima- und Artenkrise gleichermaßen bekämpfen.
Die Diskussion über verfügbare naturverträgliche Standorte für Windenergie an Land und auf See zeigt eindringlich, dass eine naturverträgliche Energiewende nur möglich ist, wenn wir den Energieverbrauch stetig und konsequent senken. Das heißt, der Energieverbrauch muss minimiert und gleichzeitig die Energieeffizienz aller Anwendungen maximiert werden. Parallel dazu muss die Flexibilität vor allem der industriellen Stromverbraucher steigen. Ineffiziente und unflexible Prozesse in Verkehr, Industrie und Gebäudewärme können wir uns nicht mehr leisten.
Neben der Reduzierung von Treibhausgasen und der Anpassung an den Klimawandel muss ein drittes Handlungsfeld an Bedeutung gewinnen, damit die Ziele des Pariser Klimaabkommens noch erreicht werden können: Die Wiederherstellung und der Schutz von großen natürlichen Treibhausgas-Senken wie zum Beispiel Meeren, Wäldern und Moore. Diese natürlichen Kohlenstoffsenken müssen stabil bleiben oder revitalisiert werden, um ihre Abwehrkraft gegen die Klimakrise zu sichern und im besten Fall zu stärken. Weltweit absorbieren sie fast die Hälfte der CO2-Emissionen, die durch menschliche Aktivitäten jedes Jahr entstehen. Außerdem können sie, solange sie gesund sind, Risiken und Auswirkungen von extremen Wetterereignissen und Klimaschwankungen mildern.
CO2-Neutral bis 2035
Dass Energieszenarien auch ganz anders aussehen können, zeigt die Studie „CO2-Neutral bis 2035: Eckpunkte eines deutschen Beitrags zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze“ der Fridays for Future-Bewegung, die vom Wuppertal Institut erarbeitet und zeitgleich vorgestellt wurde. Zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die derzeit politisch angestrebte Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 nicht ausreicht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Wer sich schon mal mit dem CO2-Budget beschäftigt hat, das noch zur Verfügung steht, bis die 1,5°C Erderhitzung erreicht sind, weiß: Die Fridays for Futures haben absolut recht.
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