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NABU und Boston Consulting Group stellen Studie zu Biodiversität und Wirtschaft vor
23. September 2020 – Der NABU und die Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) haben eine gemeinsame Studie zur Wichtigkeit der Biodiversität und den Auswirkungen und Chancen von wirtschaftlichen Aktivitäten veröffentlicht. Über Ökosystemleistungen wie Bestäubung, Klimaregulierung oder die Bereitstellung fruchtbarer Böden erbringt die Biodiversität weltweit einen jährlichen Wert in Höhe von 170 bis 190 Billionen US-Dollar. Doch durch den immer schneller fortschreitenden Rückgang der Biodiversität geht dieser Wert jedes Jahr um sechs bis 30 Billionen US-Dollar zurück.
Besonders stark – ingesamt zu etwa 60 Prozent – tragen die Sektoren Land- und Forstwirtschaft, der Ausbau von Infrastruktur, Rohstoffabbau sowie die Industrieproduktion zum Biodiversitätsverlust bei. Aber sie spielen auch eine große Rolle für ihren Schutz und Wiederaufbau. Somit sind Unternehmen entscheidende Akteure im Kampf für die Biologische Vielfalt. Auch wenn es Aufgabe der Politiker*innen ist, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, so ist es letztlich doch der Privatsektor, der eine biodiversitätsverträgliche Wirtschaft umsetzen muss. Zudem können Unternehmen oft schneller und zielgerichteter agieren als die Politik. Der NABU engagiert sich deshalb schon lange gemeinsam mit Unternehmen für mehr Umwelt- und Naturschutz.
Die vorliegende Studie „Wirtschaften im Einklang mit der Natur – Handlungswege zur Sicherung der Biodiversität“ zeigt auf, wie die Belastungen der Biodiversität entstehen und wie sie gemindert werden können.
„Wir freuen uns sehr über die Zusammenarbeit mit der BCG, denn sie zeigt, dass der Erhalt der Biodiversität auch für große Unternehmen immer mehr in den Fokus rückt. Intakte Ökosysteme und die Artenvielfalt sind unsere Lebensgrundlage, die wir schützen müssen. Ein biodiversitätsfreundliches Handeln von Unternehmen ist dabei ein wesentlicher Faktor. Die Politik muss durch Regulierung und Anreize den nötigen Rahmen dafür und faire Wettbewerbsbedingungen schaffen.“
(NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger)
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The Biodiversity Imperative for Business
Joint study by NABU (BirdLife Partner in Germany) and the Boston Consulting Group (BCG)
The publication „The Biodiversity Imperative for Business – Preserving the Foundations of Our Well-Being“ addresses the importance and value of biodiversity as well as the role of economic activities in contributing to biodiversity loss. It gives recommendations to businesses and other stakeholders on how to address the biodiversity crisis. With a preface by Patricia Zurita, CEO of BirdLife International.
Die wichtigsten Ergebnisse und Empfehlungen der Studie
Ergebnis 1: Der monetäre Wert der Biodiversität ist mindestens doppelt so groß wie das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP)
- Die Ökosystemleistungen auf Grundlage einer intakten Biodiversität erbringen weltweit einen jährlichen monetären Wert von 170 bis 190 Billionen US-Dollar.
65 Prozent dieses Wertes erschließen sich aus den regulierenden Funktionen unserer Ökosysteme, wie zum Beispiel CO2-Regulierung, Abfallverwertung und Erosionsvermeidung.
Hinzu kommt, dass sich nur ein kleiner Teil der Biodiversität wirklich als Geldwert ausdrücken lässt. Denn Werte wie geistige Ruhe, Wohlergehen oder Freude lassen sich nur schwer quantifizieren und können individuell und kulturell unterschiedlich wahrgenommen werden.
Ergebnis 2: Wirtschaftliche Aktivitäten sind die Haupttreiber des Biodiversitätsverlusts
- Durch den Rückgang der Biodiversität verlieren wir bis zu 30 Billionen US-Dollar im Jahr. Besonders stark – insgesamt etwa 60 Prozent – tragen Land- und Forstwirtschaft, der Ausbau von Infrastruktur, Rohstoffabbau sowie die Industrieproduktion zu diesem Verlust bei.
- Gerade die Wertschöpfung der Sektoren Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei, die aktuell bei 3,5 Billionen US-Dollar weltweit liegt, hängt ganz wesentlich von einer funktionsfähigen Biodiversität für Bodenfruchtbarkeit, Bestäubung und der Bereitstellung von Ressourcen ab.
Ergebnis 3: Ein systemischer Wandel ist notwendig.
- Um den Trend umzukehren, brauchen wir einen gesellschaftlichen Wandel hin zu einer Harmonisierung von wirtschaftlicher Wertschöpfung, die die Biodiversität erhält und auch wiederherstellt. Es ist dringend notwendig, dass alle Akteur*innen, also sowohl Unternehmen als auch Verbraucher*innen, Regierungen und die Finanzwelt, den Schutz der Natur als Schlüssel zum Erfolg verstehen.
- Grundsätzlich gilt: Biodiversität, also intakte Ökosysteme, Artenvielfalt und genetische Vielfalt, braucht gut vernetzte Schutzgebiete, aber auch ein integriertes Landnutzungsmanagement. Letzteres ist charakterisiert durch vielfältige Strukturen und einem Anteil von zehn Prozent Platz für die Natur, zum Beispiel für Bäume, Hecken oder Blühflächen aus lokalem Saatgut, durch eine große Vielfalt an Kulturpflanzen sowie verringerte Pestizid- und Nährstoffeinträge.
Was die Politik tun sollte, damit dieser Wandel gelingt:
- Die Politik ist in der Verantwortung, den nötigen gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben. Sie muss für einen klaren Rahmen, Transparenz und Planungssicherheit sorgen, damit die Wirtschaft auch mit den notwendigen Umweltstandards umgehen und Innovationen hervorbringen kann. Bei Innovationen ist das Vorsorgeprinzip ganz wichtig – schon zu oft haben wir in neuen Technologien ein Allheilmittel gesehen, was später zu enormen Kosten geführt hat, zum Beispiel bei der Atomkraft, Biokraftstoffen oder auch der traditionellen Gentechnik. Wir sollten die Digitalisierung als Chance begreifen, aber nicht glauben, dass sie uns ein Umsteuern in den Grundmustern unserer Wirtschaft ersparen kann.
- Handelsabkommen sollten strenge Auflagen zum Schutz der Biodviersität enthalten. Das sorgt für einen fairen Wettbewerb über Ländergrenzen hinweg und verhindert, dass Bemühungen von Unternehmen durch wirtschaftlichen Druck untergraben werden. Außerdem sollten naturschädigende Subventionen abgeschafft werden, wie beispielweise in der EU-Agrarpolitik. Stattdessen sollte das Steuergeld eingesetzt werden, um Gemeinwohlleistungen und biodiversitätsfreundliche Praktiken gezielt zu fördern.
Was Unternehmen ganz konkret und kurzfristig tun können, um zum notwendigen Wandel beizutragen:
- Daten über ihren ökologischen Fußabdruck sammeln und offenlegen oder sich zu freiwilligen Biodiversitätsstandards verpflichten: Wichtig ist, dass die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet wird, insbesondere die vorgelagerten Bereiche. Denn, wie die Studie zeigt, passieren die größten direkten Belastungen der Biodiversität im Primärsektor – in der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und bei der Gewinnung von Rohstoffen. Hier muss natürlich auch die Politik dafür sorgen, dass die transparenten Unternehmen nicht unter Wettbewerbsnachteilen gegenüber anderen Unternehmen leiden.
- Kreislauforientiert wirtschaften: Durch die Wiederverwendbarkeit und biologische Abbaubarkeit von Endprodukten kann der allgemeine Ressourcenbedarf und Flächenverbrauch auf ein Minimum reduziert werden.
- Sich in Projekten zum Schutz der Natur engagieren: Es kann zum Beispiel Land erworben und dem Naturschutz oder der Wiederherstellung der Natur als „Company Reserve“ gewidmet werden. So etwas wird zum Beispiel in einem EU-geförderten NABU-Projekt ausprobiert. Darin hat ein in Berlin ansässiges Unternehmen 35 Hektar Land gekauft und widmete es der Wiederherstellung der Artenvielfalt. In anderen Partnerschaften ermöglicht es der NABU Unternehmen, sich an der Renaturierung von Mooren zu beteiligen oder am Insektenschutz.
- Aufklären: Unternehmen sollten ihre Kundschaft über die Effekte der Produkte auf die Biodiversität aufklären, dies kann das Kaufverhalten der Menschen verändern. Auch Kommunikations-Kampagnen können hierfür genutzt werden, übrigens auch in Richtung der eigenen Mitarbeiter*innen.
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