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Jetzt NABU-Mitglied werden!„Bleifrei? Nichts einfacher als das!“
Fragen an NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger
02. September 2020 – Der NABU hat erstmals einen aktiven Jäger an der Spitze. Brechen damit neue Zeiten im Verhältnis zur Jägerschaft an?
Dazu gehören immer beide Seiten. Jedenfalls habe ich Verständnis für die Jäger*innen in dem Sinne, dass ich die Jagd auch von der praktischen Seite her kenne. Das war übrigens der Grund, als Naturschutzreferent des NABU Niedersachsen vor beinahe 20 Jahren den Jagdschein zu machen. In meiner Familie wurde nicht gejagt, aber auf dem Hof meiner Großeltern war es ganz normal, dass es vom Nachbarn zum Beispiel frisch geschossene Enten gab. Und dass man als Junge auch mal beim Rupfen des Federviehs half.
Jörg-Andreas Krüger ging also durchs „grüne Abitur“, wie die Jäger*innen das nennen. War es schwer?
Nicht der grüne Teil, nicht für einen einigermaßen erfahrenen Naturschützer und außerdem habe ich ja „grün“ studiert. Die Waffen und das Schießen, das war Neuland. Hat aber ja geklappt.
Wie läuft das heute mit der Jagd, mit Wohnsitz Berlin, Prenzlauer Berg?
Es macht natürlich etwas Umstände. Nicht nur deshalb zieht es den Jungen vom Dorf über kurz oder lang wieder zurück aufs Land. Für mich hat das Landleben tolle Qualitäten. Umso bedauerlicher ist es, wenn die Leute ständig gegeneinander ausgespielt werden. Das seien die Wolfskuschler*innen aus der Stadt, heißt es dann über den NABU. Dabei wohnen unsere Mitglieder mehrheitlich auf dem Land. Übrigens ist eines ‚meiner‘ Reviere auch Teil des Lebensraums eines Wolfsrudel. Verändert hat sich dadurch kaum etwas, weder im Verhalten des Wildes, noch bei der Jagd.
Was macht den Reiz der Jagd aus?
Naturschutz sind für mich auch Fernglas, Gummistiefel und Spaten, bei der Jagd kommt noch die Waffe hinzu. Ich engagiere mich gern in Gebieten, in denen ich mich auskenne, wo ich Veränderungen von Natur und Landschaft wahrnehmen kann. Und wo ich mit Leuten ins Gespräch komme, mit den Jäger*innen, den Förster*innen, den Landwirt*innen.
Geschossen wird aber auch…
Ja, aktuell habe ich für drei Reviere Begehungsscheine, darf dort also unbegleitet jagen. Sie liegen alle in großen Schutzgebieten, in denen Wälder von Monokulturen zu vitalen Wäldern entwickelt werden sollen. Um der Naturverjüngung eine Chance zu geben, müssen die hohen Bestände von Hirschen und Rehen jetzt erst einmal reduziert werden. Ich will schließlich etwas im Sinne der Natur verändern.
Was passiert mit den erlegten Tieren?
Die werden verwertet – entweder persönlich oder durch den Wildhandel. Das reicht für mich und für die Familie und Freund*innen. Ich wüsste nicht, wann ich das letzte Mal ein Stück Fleisch gekauft hätte. Selbst geschossenes Fleisch ist für mich so selbstverständlich geworden wie für andere Leute Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten.
Das klingt nach dem NABU-Präsidenten als neuen Botschafter der deutschen Jägerschaft.
Nein, eher möchte ich sehen, wie sich unsere Anforderungen an eine zeitgemäße Jagd auch in der Praxis bewähren und wie man Jagd im Sinne einer nachhaltigen, naturverträglichen und tierschutzgerechten Landnutzung weiterentwickelt.
Zum Beispiel die Verwendung bleifreier Munition?
Nichts einfacher als das. Mehr oder minder auf der ganzen Welt kann man heute gut geeignete bleifreie Munition erhalten. Nur einige Ewiggestrige in der deutschen Munitionsindustrie und in der Jägerschaft halten noch am giftigen Blei fest und finden dabei leider auch Gehör im Bundeslandwirtschaftsministerium. Dass der Entwurf zum neuen Bundesjagdgesetz statt eines Verbotes nur eine „Bleiminimierung“ vorsieht, ist inakzeptabel und unverständlich. Das erinnert an die Einführung des bleifreien Benzins oder des Katalysators, auch wenn das eine andere Dimension hatte. Sicher, nicht jede vom Großvater geerbte Büchse kann bleifrei vertragen, aber dann wird es eben Zeit für eine neue und die alte kommt ins Jagdzimmer. Die Umweltbelastung mit Blei muss umgehend beendet werden.
Update: Ein erster Schritt auf dem Weg zur bleifreien Jagd
03. September 2020 – In letzter Minute hat sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner doch noch bewegt. Mit Zustimmung Deutschlands beschloss die EU ein Verbot von Bleischrot in Feuchtgebieten. Das ist allerdings nur der Einstieg in den Ausstieg, ein generelles Bleiverbot in Jagdmunition muss nun folgen.
Nach jahrelangen Verhandlungen und einer Reihe von Abschwächungen und Übergangsfristen, die unter anderem Deutschland durchgesetzt hatte, wurde heute im Chemikalien-Ausschuss der EU über einen Vorschlag der Europäischen Kommission abgestimmt, der ein Verbot von bleihaltiger Schrotmunition in Feuchtgebieten vorsieht. Ohne Einigung mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium hätte sich das federführende Umweltministerium in Brüssel enthalten müssen. Hiermit wäre die erforderliche Mehrheit für das Verbot wohl nicht zustande gekommen und die Blamage für die amtierende deutsche Ratspräsidentschaft perfekt gewesen.
In den letzten Wochen hatte der NABU gemeinsam mit Wissenschaftler*nnen, und Umweltverbänden aus ganz Europa Ministerin Klöckner zum Einlenken im Sinne des Natur- und Umweltschutzes aufgerufen.
Dissens gibt es ebenso beim Umgang mit dem sogenannten Raubwild.
Ja, das geht auch stark ans traditionelle Selbstverständnis. Da ist einerseits der unselige Hegeauftrag aus dem Jagdgesetz, der auch zu den überhöhten Schalenwildbeständen beigetragen hat. Und andererseits stehen Arten wie Fuchs und Waschbär unter Generalverdacht, weswegen sie reguliert und möglichst kurz gehalten werden sollen. Dem Rebhuhn und anderen Bodenbrütern hat diese Art von Regulation bislang allerdings nicht geholfen. Lokal lassen mit einem intensiven Management von Raubwild sicher auch positive Effekte für Bodenbrüter erreichen, aber eben nur mit viel Aufwand. Jährlich sterben hunderttausende Tiere, ohne dass sie genutzt werden und ohne dass es nennenswerte ökologische Effekte gäbe.
Wo liegt die Lösung?
Zum einen in einer besseren Faktenbasis für viele Diskussionen. Es gibt zu viele Mythen. Zum anderen muss das Verständnis in allen Teilen der Jägerschaft dafür wachsen, dass eine zeitgemäße Jagd auch ökologisch nachhaltig sein muss. Umweltschäden wie die durch das Blei in der Munition gehen da einfach nicht mehr klar.
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Wald oder Wild? Natürlich beides, möchte man meinen, zum Wald gehört immer auch das Wild. Doch um das richtige Verhältnis wird seit Jahrzehnten heftig gerungen. Nun erhöht der Klimawandel den Lösungsdruck. Mehr →
In seinem Positionspapier bekennt sich der NABU ausdrücklich zu einer naturverträglichen Jagd – vorausgesetzt, sie entspricht den Kriterien der Nachhaltigkeit und den ethischen Prinzipien. So muss das erlegte Tier zum Beispiel sinnvoll genutzt werden. Mehr →