In Afrika kommen zehn Geierarten vor. - Foto: NABU/Slawo Glanda
Die Altwelt-Geierpopulationen sind dramatisch im Bestand bedroht
Die NABU International Naturschutzstiftung engagiert sich in Kenia
26. Mai 2020 - Was einst in Indien geschah, wiederholt sich jetzt in Afrika: Das Tiermedikament Diclofenac vergiftete ab Mitte der 1990er Jahre beinahe den gesamten Geierbestand. 99 Prozent der indischen Geierpopulation wurde auf diese Weise ausgerottet – mit dramatischen Folgen für Mensch und Natur. Ihre Funktion als „Gesundheitspolizei“ unserer Ökosysteme, die Millionen Geier als Aasfresser erfüllen, entfällt. Dadurch breiten sich Krankheiten wie Tollwut und Milzbrand ungehemmt aus. In Indien ist es mittlerweile gelungen, das veterinärmedizinische Medikament Diclofenac, das Geiern indirekt schadet, indem sie es beim Fressen von Tierkadavern aufnehmen, durch geierverträgliche Präparate zu ersetzen. Doch in Afrika sind die Ursachen für das dramatische Geiersterben vielfältiger.
Wilderei fordert zahlreiche Todesopfer
Geier verlieren ihren Lebensraum, sind durch Windparks und Überlandleitungen bedroht oder werden für die traditionelle Medizin gejagt. Vor allem sind es jedoch Wilderer und Viehbesitzer, die den Geiern in Kenia zusetzen. Von den zehn in Afrika vorkommenden Geierarten sind vier bereits vom Aussterben bedroht, drei sind stark gefährdet. Wo Geier landen, da wurde meist ein Tier gewildert. Die Vögel sind für Wildhüter ein guter Anhaltspunkt, um Wilderern auf die Schliche zu kommen – was diese zu vermeiden versuchen. Sie überschütten daher getötete Elefanten oder Nashörner mit starken Kontaktgiften, so dass die Geier augenblicklich an Ort und Stelle verenden. In Botswana wurden an nur einem gewilderten Elefanten mehr als 500 tote Geier gezählt. Auf diese Weise wurden in Afrika bereits ganze Regionen geierfrei und Wilderer können ihrem Geschäft ungestört nachgehen.
Wenn Löwen, Hyänen oder Leoparden das Vieh der Nomaden oder Bauern reißen, führt dies oftmals zu Vergeltungsaktionen. Die getöteten Tiere werden ebenfalls mit Gift übergossen. Nicht nur die Prädatoren fallen diesen Aktionen zum Opfer, sondern unbeabsichtigt auch Geier und Greifvögel. In Ostafrika werden typischerweise hochtoxische Pestizide wie Furadan, Marshal, Strichnin oder Carbofuran genutzt, die problemlos in sogenannten Agro-Shops gekauft werden können. Der Verlust an Beutegreifern, Geiern und Greifvögeln ist erheblich.
Die NABU-Partnerorganisation Nature Kenya und Cranes Conservation Volunteers sowie weitere NGO beraten die betroffenen Bevölkerungen, damit sie nicht selbst Opfer der eingesetzten Gifte werden. Zudem leisten sie Hilfestellungen, um die Viehverluste gering zu halten.
Schutzzonen und Fütterungsstellen sollen die Überlebenschancen der Geier erhöhen
Mit Hilfe von Satellitensendern haben Naturschützer herausgefunden, dass Geier sehr große Gebiete befliegen. Ein in Kenia besenderter Geier flog 7.400 Kilometer, bis in den Tschad und wieder zurück. Aus der Masai Mara flogen Geier 1.800 Kilometer bis in den Südsudan oder nach Südäthiopien. Vögel mit solch großem Radius durch Artenschutzmaßnahmen zu schützen, ist extrem schwierig.
Mit „Vulture Safe Zones“, also sicheren Gebieten für Geier, sollen die Überlebenschancen der Tiere erhöht werden. Seit 2019 unterstützt die NABU International Naturschutzstiftung den Geierschutz in der Provinz Laikipia im Norden Kenias. Dort sind zwei Mitarbeiter der NGO Crane Conservation Volunteers (CCV) unterwegs, um in Zusammenarbeit mit der Mugie Conservancy und lokalen Bauern und Viehzüchtern Geierfütterungsstellen mit garantiert unvergiftetem Fleisch einzurichten. Das Konzept soll auf weitere private Farmen in Nordkenia ausgedehnt werden, um die Versorgung der Geier mit sauberem Fleisch zu gewährleisten, damit sie ganzjährig in ihrem Brutgebiet bleiben.
Sogenannte Geierteams verschiedener NGO sind unterwegs, um der lokalen Bevölkerung beim Bau raubtiersicherer Umzäunungen für ihr Vieh zu helfen und sie über die Gefahren aufzuklären, die von den Gifteinsätzen ausgeht.
Geier in Afrika retten
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Text: Werner Schröder
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