„Auf der Suche nach Grasfröschen ist uns nachmittags ein Bergmolch über den Weg gelaufen. Ungewöhnlich für die eher nachtaktiven Tiere. Bei zwölf Grad und nach leichtem Nieselregen waren es für Molche aber auch ideale Wanderbedingungen“, schreibt Rainer Pietsch vom NABU Wiesbaden zu diesem Foto.
Die erste Wanderetappe ist beendet
Kleiner Wintereinbruch stoppt die Amphibien vorläufig
28. Februar 2020 – Das war mehr als erwartet. Der zu Ende gehende Monat brachte im Flachland nahezu bundesweit die Amphibien auf die Straße. „Inzwischen gibt es deutliche Amphibienwanderungen – Klimawandel sei Dank“, konstatierte Ludger Frye schon Mitte des Monats. „Die Laichwanderungen haben mindestens drei Wochen früher als in den letzten Jahren begonnen.“
Es wurde nicht nur gewandert, auch die Fortpflanzung lief direkt an. „Am 15. habe ich den ersten Froschlaich bei uns im Schaubiotop entdeckt. Spontan konnte ich fünf Laichballen entdecken, aber die Lichtverhältnisse waren eher schlecht durch starke Spiegelungen. Die Ballen sind auch teilweise schon aufgequollen gewesen, also nicht ganz frisch“, berichtet Regine Carl vom Verein für Umwelt- und Naturschutz Untergrombach aus Bruchsal am Oberrhein. Laich von Gras- und Springfrosch wurde inzwischen vielerorts entdeckt, so etwa an der Nahe und in den Weilbacher Kiesgruben westlich des Frankfurter Flughafens.
Laichschnüre von Erdkröten gibt es noch keine zu sehen, aber nach den Männchen sind auch schon vereinzelte Weibchen unterwegs. „Es sind am Kamener Galgenberg schon über 200 Erdkröten-Männchen über die Straße gelaufen und am Montagabend kam das erste Krötenpaar“, freuten sich Elisabeth und Wolfgang Postler. „Überrascht sind wir von der großen Anzahl an Teichmolchen – über 120 Tiere – und der geringen Anzahl an Bergmolchen, nämlich nur sieben.“
Zäune und Tunnel können leider nicht alle Wanderungsabschnitte abdecken, teils stehen die Zäune auch noch nicht. „Für zwölf Erdkröten kam unser Einsatz zu spät. Sie waren platt gefahren oder die Lunge war geplatzt und die Zunge draußen“, heißt es in einem Bericht zum Alten Steinbruch bei Monzingen an der Nahe. „Was wir sehr bedauern, das sind zwei tote Bergmolche. Seit Jahren haben wir an diesem Streckenabschnitt keine Bergmolche mehr angetroffen. Und heute gleich zwei Verluste! Einer war überfahren, dem anderen war auch die Lunge geplatzt, obwohl er noch ganz am Straßenrand saß.“
Der erste frühe Wanderhöhepunkt steht bevor
Am Wochenende milde Nächte bei plus zehn Grad
14. Februar 2020 – So kann es weiter gehen. In den Flusstälern und im norddeutschen Flachland waren schon reichlich Amphibien unterwegs, auch wenn die Hauptwanderung so früh natürlich noch nicht eingesetzt hat. Die Temperaturen verlaufen in Wellen, so dass die Bedingungen nicht durchgehend gut sind. Jetzt am Wochenende werden sie aber von Nacht zu Nacht besser, von Samstag auf Sonntag soll es zum Beispiel am Niederrhein nicht kühler als plus zehn Grad werden.
In der Nacht zu Montag werden solche Bedingungen sogar nahezu im gesamten Flachland von Hamburg über Berlin bis an den Oberrhein herrschen. Es wird zwar windig bis stürmisch, aber in geschützten Lagen wird das die Molche, Kröten und Frösche kaum abhalten. Viele Amphibienschützer*innen haben auf die Reihe der letzten milden Winter reagiert und bereits früh ihre Zäune aufgebaut.
Milde Nächte und Regen machen den Kröten Beine
Ungewöhnlich starke Wanderungen / Am Wochenende droht Sturm
06. Februar 2020 – „ Schon am Sonntag, gleich nach dem vorgezogenen Aufstellen des Zaunes, waren die ersten zehn Erdkröten im Fangeimer“, berichtet der NABU Seeheim-Jugenheim auf seiner Website. Am Dienstag warteten an der B3 südlich von Eberstadt „sogar 64 Kröten – ein Viertel waren schon Weibchen – in den zum Teil schon überfluteten Krötentaxi-Warteeimern.“
Eine noch reichere Ernte als an der Hessischen Bergstraße fuhren die Aktiven im Moseltal ein. Der Regen führte nicht nur am Fluss zu rasch steigendem Hochwasser , auch die Amphibien wurden munter. Kurzentschlossen wurden am 31. Januar die ersten Zäune aufgestellt. „Das war knapp, aber gut so“, berichtet Werner Schumann vom NABU Wittlich. „Bereits in der Nacht auf den 1. Februar konnten an die 100 Tiere, Kröten, Grasfrösche, Molche, die sonst unweigerlich dem Straßenverkehr zum Opfer gefallen wären, in den eingegrabenen Eimern gefangen und ins Laichgebiet transportiert werden. In den folgenden Nächten ging die Zahl der Wanderer jeweils um die Hälfte zurück und kam mit Einsetzen der kalten Witterung ganz zum Erliegen. Insgesamt konnten so 230 gezählte Tiere gerettet werden. Wenige Totfunde lagen außerhalb der Schutzzone.“
Die Prognose: Ab dem Wochenende und zum Wochenbeginn wieder sehr mild. Es regnet dann auch wieder, die Bedingungen für die Amphibien sind insofern recht gut. Achtung: Von Sonntag an wird es sehr stürmisch. Das ist nicht nur für Frösche und Kröten schlecht, auch die Amphibienschützer*innen müssen sich vorsehen. Eigenschutz geht vor! Ab der Nacht zu Mittwoch gehen die Temperaturen runter, die Wanderungen werden dann deutlich zurückgehend oder ganz stoppen.
Auch die ersten Erdkröten wagen sich hervor
Amphibien nutzen die feucht-milde Witterung
02. Februar 2020 – Müncheberg am Rand der Märkischen Schweiz östlich von Berlin ist bereits deutlich vom kontinentalen Klima geprägt. Die Winter können lang und hart sein, der Frühling kommt mehrere Wochen später als im Südwesten der Republik. Doch selbst hier ist es jetzt mitten im Hochwinter so mild, dass die Amphibien losziehen. „Am Rohrpfuhl und in Waldsieversdorf sind die ersten Erdkröten unterwegs“, berichtet Thorsten Schönbrodt vom NABU Müncheberg. „Nachts um die zehn Grad Celsius und Nieselregen, da ließen die Tiere nicht lange auf sich warten.“
Was es für die Amphibien nicht einfach macht: Nicht nur der erwähnte Rohrpfuhl ist seit letztem Sommer komplett trockengefallen: „Leider hat sich die Situation der Wasserführung der Kleingewässer nicht entspannt, noch immer sind rund zwei Drittel von 500 Kleingewässern trocken.“ 2019 lag der Jahresniederschlag in Brandenburg mit 502 Millimetern erneut deutlich unter dem langjährigen Mittel von 540 Millimetern. Wie schon in den letzten beiden Jahren werden die Aktiven des NABU nun erneut sämtliche Kleingewässer begehen, die Wasserführung dokumentieren und die Amphibienfauna erfassen.
Obwohl Erdkröten anders als Braunfrösche, Teich- und Bergmolche nicht zu den typischen früheren Laichwanderern gehören, werden momentan vor allem Erdkröten beobachtet. Wahrscheinlich sind bei den noch vergleichsweise großen Krötenpopulationen immer einige Tiere dabei, die „aus der Art schlagen“ und sich als Pioniere vorzeitig los wagen.
Helfende Hände gesucht
Es gibt wohl kaum eine Naturschutzgruppe, die nicht dringend weitere Helfer*innen sucht, denn Amphibienschutz ist aufwändige Handarbeit. Um mitzutun, sind Vorkenntnisse nicht zwingend nötig. Die Saison erstreckt sich in der Regel über zwei bis drei Monate, mit dem Höhepunkt gegen Mitte März. Es ist schön, wenn jemand an vielen Tagen mit anpacken kann, wer nur einmal oder zweimal Zeit hat, ist aber auch willkommen.
Zunächst müssen Zäune aufgestellt werden – teils übernimmt das die Kommune oder die Straßenbauverwaltung. Stehen die Zäune, müssen diese jeden Tag kontrolliert werden, am besten am frühen Abend und am frühen Morgen. Befinden sich Amphibien in den Eimern, werden diese in Transporteimer umgefüllt und über die Straße getragen. In der Regel werden dabei auch Anzahl, Arten und Geschlechter notiert. Wie die Hilfe funktioniert, wie man die Tiere richtig anfasst, wie man Grasfrösche von Springfröschen oder Bergmolche von Teichmolchen unterscheidet, ist schnell gelernt.
Wer weiß, dass im Heimatort oder in der Nachbarschaft Krötenzäune betreut werden, kann sich einfach an die jeweilige Naturschutzgruppe wenden. Ist dies nicht bekannt, lohnt es sich, auf den lokalen NABU-Websites nachzuschauen. Fast tausend Schutzzäune samt Kontaktadressen sind zudem in der Schutzzaundatenbank des NABU-Bundesfachausschusses Feldherpetologie versammelt.
So auch am hessischen Untermain bei Seligenstadt. „Wir haben seit Samstagabend wandernde Erdkröten“, berichtet Hartmut Müller von der AG Fledermaus- und Amphibienschutz Seligenstadt und Mainhausen und NABU Hainburg. „Den Zaunaufbau hatten wir eigentlich für nächsten Samstag geplant. Es wurde eine Menge an Kröten in der letzten Nacht überfahren. Sonntagfrüh haben wir vorab die ersten 400 Meter aufgebaut und hoffen nun, dass die Wanderung im Restbereich etwas später einsetzt.“
Ganz ähnlich ist die Situation in Hemmingen, südlich von Hannover. Hier sind laut Inge Scherber bereits am Freitag die ersten Erdkröten gewandert: „Es waren glücklicherweise nur sehr wenige Tiere. Gut, dass es wieder kälter wird, da unser Zaun erst am kommenden Samstag aufgebaut werden kann.“ Tatsächlich wird es ab Wochenmitte für die Amphibien ungemütlicher. Es bleibt feucht, die Temperaturen gehen aber nach unten. In Süddeutschland ist verbreitet mit leichten Nachtfrösten zu rechnen, im Norden bleibt es im Flachland frostfrei. Zum Wochenende wird es wieder etwas milder.
Rückblick Januar
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