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Jetzt NABU-Mitglied werden!Künstliche Windkraftinseln in der Nordsee
Viele geplante EU-Infrastrukturprojekte nicht vereinbar mit Klima- und Naturschutz
31. Januar 2020 – In rund zehn Tagen entscheidet das EU-Parlament über die vierte Liste der sogenannten Vorhaben von gemeinsamem Interesse (Projects of Common Interest, PCI). Darunter fallen auch länderübergreifende Energieinfrastrukturprojekte, die für den notwendigen Stromnetzausbau und die Energiewende unabdingbar sind. Der NABU fordert, den privilegierten PCI-Status nur an Projekte zu vergeben, die in Einklang mit Klimaschutz und Naturschutz stehen und Schutzgebiete als Standort ausschließen.
Windkraft-Inseln möglicherweise auf der Sandbank Doggerbank
Die von der Kommission veröffentlichte vierte PCI-Liste enthält unter anderem das Vorhaben zum Bau von künstlichen Inseln und ausgedehnten Windparks, bekannt als North Sea Wind Power Hub. Der NABU begrüßt den Ausbau von erneuerbaren Energien, sorgt sich jedoch um unnötige Naturschäden durch falsche Standorte und fehlende Berücksichtigung des EU-Umweltrechts. Fallstudien des Hub-Konsortiums zufolge befinden sich zwei der möglichen und kostengünstigsten Standorte in Natura-2000-Gebieten, unter anderem auf der Doggerbank. Diese ist die größte Sandbank der Nordsee und europäisches Naturerbe. Auch wenn Vertreter*innen des Konsortiums betonten, dass die finalen Standorte noch nicht feststehen und im Dezember 2019 in Betracht gezogen wurde die niederländische Seite der Doggerbank vom Konsortium als Sperrzone auszuweisen, fehlt eine öffentliche Verlautbarung über den definitiven Ausschluss von allen Natura-2000-Gebieten.
Der dortige Bau hätte erhebliche Auswirkungen auf Seevögel, geschützte Meeressäuger und geschützte Lebensräume am Meeresboden, die sich aktuell in einem ökologisch bedenklichen Zustand befinden. Der Ausbau der Offshore-Windkraft in Natura-2000-Gebieten kann zudem erhebliche Risiken für das Schutzgebietsnetzwerk mit sich bringen, die sich summieren und verstärken.
Wo ist das gemeinsame Interesse der PCI?
Die Europäische Kommission kürt alle zwei Jahre die wichtigsten transeuropäischen Energieinfrastrukturprojekte (PCI). Über einhundert Projekte aus den Bereichen Strom, Gas und Erdöl und den Themenschwerpunkten intelligente Netze, Stromautobahnen und grenzüberschreitendes Kohlendioxidnetz profitieren durch diesen Status. Sie erhalten eine Planungsbeschleunigung, gestraffte Umweltprüfungen und möglicherweise finanzielle Mittel der EU. Die „TEN-E-Verordnung“ (Verordnung (EU) Nr. 347/2013) sieht ein transparentes und öffentliches Verfahren vor, um die PCI zu ermitteln. Umweltorganisationen bemängeln seit Jahren die unzureichende Beteiligung sowie die fehlende Berücksichtigung von Umwelt- und Naturschutz.
Infrastrukturprojekte in Einklang mit Natur- und Klimaschutz bringen
Viele Projekte auf der vierten PCI-Liste dienen dem Transport und der Gewinnung fossiler Brennstoffe. Diese Projekte stehen in klarem Widerspruch zu den Empfehlungen des Weltklimarates, wonach wir die Treibhausgas-Nettoemissionen bis 2050 auf null reduzieren müssen, um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Um dies zu erreichen, müssen fossile Brennstoffe komplett durch naturverträgliche erneuerbare Energien ersetzt werden. Außerdem darf es keine weiteren Investitionen der EU in fossile Energieträger geben. Vorgesehene Investitionen müssen auf die Förderung naturverträglicher erneuerbarer Energien umgelenkt werden. Um das zu unterstützen, müssen der PCI-Prozess und die TEN-E-Verordnung aktualisiert und am Netto-Null-Ziel ausgerichtet werden.
NABU-Forderungen
Damit ein Projekt den PCI-Status verdient, braucht es: verpflichtende Umweltmonitoringdaten und Berichte, eine umfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung, die kumulative Effekte des gesamten Projekts abbildet, die Einbindung in die Gesamtplanung der betroffenen Mitgliedsstaaten und frühzeitige Beteiligung von Naturschutzbehörden, eine naturverträgliche Standortplanung sowie ein bessere Einbindung aller Beteiligten.
Der NABU hat sich mit der Forderung, die vierte PCI-Liste abzulehnen, an die deutschen Abgeordneten des EU-Energie-Ausschusses gewandt. Bei einer Vorabstimmung lehnten 17 von 73 Mitgliedern des EU-Parlaments die ausgewählten Projekte ab. In der Woche vom 10. Februar entscheidet das gesamte Parlament über die Unionsliste.
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