In diesen Zeiten schöpfen wir besonders viel Kraft in der Natur. Werden Sie NABU-Mitglied und helfen Sie mit, damit wir die Natur auch in Zukunft genießen können.
Jetzt NABU-Mitglied werden!Viel Deal, zu wenig Green
Der „European Green Deal“ geht am Kern der größten Umweltprobleme vorbei
11. Dezember 2019 – Was ist der „European Green Deal“ wert? Vergleichsweise positiv sieht der NABU das geplante EU-weite Klimaschutzgesetz. Darin will die EU festschreiben, bis 2050 klimaneutral zu werden. Der Weg dorthin bleibt jedoch unklar. Fatal ist die Ankündigung der Kommission, bis 2030 nur die Hälfte der Treibhausgase reduzieren zu wollen. „Das ist zu wenig, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen“, kritisiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
Im Papier steckt viel Deal, aber viel zu wenig Green. Ausgerechnet beim Schutz unserer Lebensgrundlagen fehlt die Substanz. Die Kommission verkennt, wie wichtig gesunde Wälder, Moore und Meere für den Klimaschutz sind.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger
Damit die Funktionsfähigkeit der Natur erhalten bleibt, fordert der NABU, dass jeder EU-Staat bis 2030 geschädigte Ökosysteme wiederherstellt. Und zwar auf mindestens 15 Prozent der Fläche. Im Kampf gegen das Artensterben und die Klimakrise brauchen wir wiedervernässte Moore, fischereifreie Zonen im Meer und naturnahe Wälder. All diese Punkte fehlen in den heute vorgestellten Plänen. Dabei will die EU weltweit Vorreiter im Naturschutz werden.
Irrweg Aufforstung
Die geplante Waldstrategie könnte sich gar als Rückschritt für den Naturschutz erweisen. „Vor allem auf Aufforstungen zu setzen ist der falsche Schritt, um die Klima- und Artenkrise zu stoppen. Viel wichtiger wäre jetzt der Umbau der vorhandenen Wälder hin zu klimawandelsicheren, gemischten Wäldern, die Kohlenstoff und Wasser speichern“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
Weitgehend unbeantwortet lässt die EU-Kommission unter Leitung von Ursula von der Leyen auch, wie sie die Meere vor Überfischung, Verschmutzung und den Folgen der Klimakrise schützen möchte. Sie erkennt Meere als natürliche Kohlenstoffspeicher an, betont aber zugleich ihre Bedeutung für den Ausbau von Aquakultur, erneuerbarer Energien und den Rohstoffabbau. Ein Bekenntnis zur Rettung der Artenvielfalt unter Wasser und Schutzgebieten fehlt völlig. Damit drohen Europas Meere zum Industriestandort zu verkommen.
Weniger Gifteinsatz in der Landwirtschaft
Auch das klare Signal für eine zukunftsfähige Landwirtschaft fehlt. Der NABU begrüßt den Vorschlag für eine „Nahrungsmittelstrategie“ vom Acker bis zum Teller („farm to fork“) und den erklärten Willen zur Reduzierung der Anwendung chemischer Pestizide. Ein konkretes Reduktionsziel von 50 Prozent wurde jedoch offenbar in letzter Minute gekippt.
Gleichzeitig hält die Kommission am bisherigen, weitgehend umweltschädlichen Subventionssystem fest. „Wir brauchen jetzt eine Agrarpolitik, die klima- und naturverträglicheres Wirtschaften belohnt und für Landwirte, Natur und künftige Generationen gleichermaßen fair ist. Es ist daher kein gutes Signal, dass die EU-Kommission weiter an den Grundsätzen ihrer Subventionspolitik festzuhalten scheint“, so Krüger. Zudem fehlt ein klares Ziel, den Konsum von Tier- und Milchprodukten zu reduzieren. Mit Blick auf die weltweiten Folgen für Natur und Klima sowie die menschliche Gesundheit wäre dies überfällig.
Vieles bleibt im Ungefähren
Insgesamt mangelt es auch an Mechanismen zur Kontrolle und Nachschärfung des „Green Deal“. Ursula von der Leyen, Frans Timmermans sowie die Kommissarinnen und Kommissare sind jetzt gefordert, den Green Deal mit konkreteren Strategien zu unterlegen. Die Kommission ist erst elf Tage im Amt. Noch kann es in den ersten hundert Tagen gelingen, konkretere Maßnahmen vorzulegen, sodass die EU tatsächlich zum globalen Vorreiter im Umwelt- und Klimaschutz wird.
Verwandte Themen
Laut dem neuen Bericht „Die Umwelt in Europa“ sind 77 Prozent der wichtigen Lebensräume in einem schlechten Zustand, 60 Prozent der in der EU geschützten Arten sind bedroht. Drastische Rückgänge gibt es besonders in der Agrarlandschaft. Mehr →
Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, sondern weiterhin Wälder und Moore zerstören sowie Landflächen in diesem Ausmaß und nicht nachhaltig nutzen, ist die Klima- und Biodiversitätskrise nicht mehr beherrschbar. Mehr →
Die EU-Kommission muss der Lösung der Klimakrise und dem Stopp des Artensterbens höchste Prorität einräumen. Ursula von der Leyens Agendavorstellung als kommende EU-Kommissionspräsidentin vor dem Europaparlament war zwar ambitioniert beim Klimaschutz, aber enttäuschend im Naturschutz. Mehr →