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Jetzt NABU-Mitglied werden!Können Kommissionen Klimaschutz?
Bundesregierung hält Gebäudekommission beim Klimaschutz für unnötig
12. März 2019 – Nachdem die sogenannte Kohlekommission das Aus der Braunkohleverstromung in Deutschland terminiert hat, scheint die Bundesregierung wieder zum Stillstand beim Klimaschutz zurückzukehren. Der Mobilitätskommission wurde von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer attestiert, Ergebnisse „gegen jeden Menschenverstand“ zu produzieren. Die Gebäudekommission geht nach monatelangem Hick-Hack erst gar nicht an den Start.
Dabei entsteht ein Großteil unserer CO2-Emissionen bei der Erzeugung von Strom, durch den Straßenverkehr und vor allem durch das Heizen (und Kühlen!) von Gebäuden. Dementsprechend ist der Handlungsdruck in diesen drei Sektoren besonders hoch, wenn wir die Pariser Beschlüsse zum Klimaschutz ernst nehmen.
Maßnahmen bleiben aus
Eigentlich müssen die Ministerien ihre Maßnahmenpakete auf Hochtouren entwickeln, um den Klimaschutz in ihren Ressorts voranzubringen und ihren Beitrag zur Erfüllung des zukünftigen Klimaschutzgesetzes zu leisten. Der Kohlekommission (Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“) ist das bereits einigermaßen gelungen. Die Mobilitätskommission wird stark von Minister Scheuer ausgebremst. Dabei sollten doch gerade die drei Kommissionen die Bundesministerien dabei unterstützen, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Maßnahmen zur CO2-Reduzierung zusammen zu stellen.
Doch es bleibt beim „soll“ – die Bundesregierung hat der Gebäudekommission eine klare Abfuhr erteilt. Die Argumentation wirkt dabei etwas unbeholfen: Die Regierung habe selbst genügend Experten für das Thema, soll die Begründung der Entscheidung gewesen sein. Warum diese Erkenntnis erst jetzt gewonnen wurde und dennoch keine Maßnahmen zum Klimaschutz vorliegen, bleibt schleierhaft. Eine Kommission hätte hier kurzfristig und effizient einen Konsens herbeiführen können – so wie bei den sehr konfliktreichen Fragen zu Strukturwandel und Kohleausstieg durch die Kohlekommission.
Klimapolitischer Stillstand im Gebäudesektor wird weiter zementiert
Denn auch das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das ursprünglich für 2017 vorgesehen war, lässt immer noch auf sich warten. Es soll unter anderem einen Niedrigstenergiestandard für Wohn- und Nichtwohngebäude festlegen. Dabei offenbart der bekanntgewordene Entwurf zum GEG, dass lediglich das bereits geltende Anforderungsniveau der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2016 fortgeschrieben werden soll. Wie damit ein klimaneutraler Gebäudebestand 2050 erreichbar sein soll, lässt das Ministerium offen.
Dabei sind effektive Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor dringend nötig. Durch den EU-Emissionshandel (Effort-Sharing) drohen der deutschen Regierung Strafzahlungen in Milliardenhöhe bis 2030. Diese Kosten können vermieden werden und die Gelder sollten präventiv in Klimaschutzmaßnahmen wie die steuerliche Förderung von energetischen Modernisierungen, eine Informations- und Beratungsoffensive und eine deutliche und langfristige Verbesserung der Förderinstrumente fließen.
Der NABU bedauert das Aus der Gebäudekommission
Der NABU, der auch auf der Liste potenzieller Kommissionsteilnehmer stand, hätte sich gerne für den Klimaschutz im Gebäudebereich eingebracht und seine Forderungen in der Kommission diskutiert: eine deutliche Steigerung der energetischen Gebäudemodernisierung, zielkonforme Neubaustandards, Vereinbarkeit von Sozialverträglichkeit und Klimaschutz.
Aber auch Themen, die sonst unzureichend in der Gebäudepolitik behandelt werden, hätten wir gerne zur Diskussion gestellt. So wünschen wir uns die ökologische Lebenszyklusbetrachtung auch im Gebäudebereich und die Berücksichtigung der grauen Energie und der grauen Emissionen ebenso wie eine deutliche Verbesserung des Artenschutzes am Gebäude, damit nicht unnötig Nist- und Brutplätze für Vögel und Fledermäuse durch notwendige Sanierungsmaßnahmen zerstört werden oder verloren gehen.
Hintergrund
Derzeit fallen in Deutschland etwa 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und gut 30 Prozent der Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich an. Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen im Gebäudesektor gemäß Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung von 119 Millionen Tonnen (Stand 2014) auf 70 bis 72 Millionen Tonnen sinken. Nach jetzigem Stand müssen noch 50 Millionen Tonnen CO2 in Gebäuden eingespart werden. Dies ist mit den aktuell verabschiedeten Maßnahmen nicht erreichbar
Für das langfristige Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes 2050 müssen aufgrund langer Investitionszyklen bereits heute die richtigen Weichen gestellt werden. Heutige Neubauten müssen mit dem Klimaziel 2050 kompatibel sein. Denn eine nochmalige energetische Ertüchtigung heutiger Neubauten bis 2050 ist unökologisch und völlig unwirtschaftlich. Und ein einfaches Umstellen auf naturverträgliche erneuerbare Energien kann nur funktionieren, wenn wir die Energieverbräuche drastisch senken – denn bislang verbrauchen wir beispielsweise in privaten Haushalten über 80 Prozent der Energie für Heizen und zur Bereitung vom Warmwasser. Ohne Verbrauchsreduzierung haben wir gar nicht genug erneuerbare Energien zum (Ver)Heizen.
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