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Jetzt NABU-Mitglied werden!Finale am Fehmarnbelt
Streit um Europas größtes, teuerstes und ökologisch verheerendstes Infrastrukturprojekt
25. Januar 2019 – Die bei deutschen Urlaubern beliebte Ostseeinsel Fehmarn und die landwirtschaftlich geprägte dänische Insel Lolland trennen nur wenige Kilometer. Emissionsarme Fähren der Reederei Scandlines verbinden die beschaulichen Hafenstädte Puttgarden und Rödby ganzjährig im 30 Minuten-Takt. Geht es nach dem Willen dänischer Politik und Planer, soll hier, mitten im europäischen Meeresschutzgebiet Fehmarnbelt, ab 2028 ein gigantischer Absenktunnel den Betrieb aufnehmen.
Der NABU, mit dem naturtouristisch bedeutsamen Wasservogelreservat Wallnau bereits seit Ende der 1970er auf Fehmarn präsent, fürchtet irreparable Schäden für die Ostsee und ihre Bewohner.
Sargnagel für die Ostsee
Auch ohne eine „feste Fehmarnbeltquerung“ droht der Ostsee der Kollaps: Durch Überdüngung aus der Landwirtschaft, Fischerei, Windparke, internationale Seeschifffahrt, Gaspipelines oder Infrastrukturprojekte wie Storebelt- und Öresundbrücke. Ein weiteres Infrastrukturprojekt könnte der Sargnagel für das größte Binnenmeer der Erde sein. Der achtjährige Bau eines Absenktunnels hätte unkalkulierbare Folgen für die Meeresumwelt: Wertvolle Unterwasserdünen würden zerstört, Sedimente durch Baggerarbeiten freigesetzt, die Laichgebiete für Dorsch und Hering bedecken, streng geschützte Schweinswale verlören angestammte Gebiete um Fehmarn, wo sie ihre Kälber großziehen. Deshalb engagiert sich der NABU seit 15 Jahren gegen das Mammutvorhaben.
Veraltete Verkehrsprognosen
Die feste Fehmarnbeltquerung basiert auf mittlerweile 15 Jahre alten Verkehrsprognosen. Wesentliche Rahmenbedigungen haben sich verändert. Mehr Menschen fliegen, immer weniger fahren privat Auto. Und für die prognostizierten 12.000 Fahrzeuge täglich würde man in Deutschland keine Ortsumgehung bauen. Zum Vergleich: Durch den Hamburger Elbtunnel fahren zehn Mal so viele Autos. Dass auch die Bahnprognosen nachträglich halbiert wurden, scheint politische Entscheider, die ungeniert von einer „Magistrale Nordeuropas“ sprechen, nicht zu stören. In Wahrheit verbindet das teure Vorhaben ohne Bedarf zwei Rapsfelder in der Provinz.
Stoppt den Ostseetunnel!
Protestmail an Verkehrsminister Scheuer
Deutschland muss aus dem Fehmarnbelttunnel-Projekt aussteigen. Dafür gibt es eine Klausel im Staatsvertrag, die Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer jetzt nutzen muss. Statt des Tunnels sollten Deutschland und Dänemark endlich die bestehende Bahnstrecke Hamburg-Flensburg-Kopenhagen ausbauen. Dies wäre ökologisch und wirtschaftlich der einzig sinnvolle Weg.
Der NABU hat deshalb einen E-Mail-Protestbrief verfasst, den schon 15.000 Menschen unterschrieben haben. Je mehr Umwelt- und Meeresfreunde sich an dem Protest beteiligen, desto mehr Wirkung wird er erzielen: www.NABU.de/Ostseetunnel.
Angesichts großer ökologischer Auswirkungen und langer Planungszeiträume bei Verkehrsinfrastrukturprojekten fordert der NABU, dass Politik und Verwaltung das Vorhaben kritisch überprüfen und notfalls kippen, wenn im Moment der Realisierung deutlich andere Rahmenbedingungen herrschen – trotz oder vielleicht sogar wegen hoher Investitionen in Planung und Entwicklung. Dazu fehlt, auch am Fehmarnbelt, der Mut. Grundsätzlich setzt sich der NABU für Projekte ein, die nachhaltige Mobilität gewährleisten und Erhalt vor Neubau fördern. Deswegen wäre es ökonomisch wie ökologisch besser, die bestehende Verbindung von Hamburg über Flensburg Richtung Kopenhagen auszubauen.
Milliardenschwere Kostenexplosion
Das Vorhaben beiderseits des Fehmarnbelts droht finanziell aus dem Ruder zu laufen. Noch vor dem ersten Spatenstich haben sich die Kosten von 4,2 auf 7,4 Milliarden Euro erhöht. Und dass die Fährreederei Scandlines in Konkurrenz zum Tunnel gehen wird, ist in keinem Finanzierungskonzept vorgesehen. Ohne Monopol des Tunnelbetreibers, der staatseigenen dänischen Projektgesellschaft Femern A/S, droht ein Finanzdebakel.
Das Gericht der Europäischen Union (EuG) urteilte jüngst, dass unbegrenzte Bürgschaften des dänischen Staates für Femern A/S gegen europäische Wettbewerbsregeln verstoßen. Das bringt den Vorhabenträger hinsichtlich einer EU-konformen Finanzierung zusätzlich in Bedrängnis. Weil europäische Fördergelder in Höhe von insgesamt 1,4 Milliarden Euro zur Förderung beantragt werden, wird 2019 zudem der Europäische Rechnungshof (ECA) die Fehmarnbeltquerung kritisch prüfen.
Auf deutscher Seite hat der Bundesrechnungshof die Kosten für die deutsche Hinterlandanbindung, zu deren Ausbau sich Deutschland verpflichtet hat, mehrfach neu bewertet. Ursprünglich sollte der vierspurige Straßen- und zweigleisig elektrifizierte Bahnausbau 860 Millionen Euro kosten. Inzwischen rechnet der Bundesrechnungshof mit über vier Milliarden Euro.
Klage nicht ausgeschlossen
Das Fazit des NABU für das Großvorhaben fällt vernichtend aus. Der ökologische Totalschaden im Fehmarnbelt bei maximaler Vergeudung deutscher und europäischer Steuergelder wäre ein Nachhaltigkeits-Desaster. Denn auch Arbeitsplätze im regionalen Tourismus stünden angesichts jahrelanger Behinderungen durch Bauarbeiten auf der Kippe.
Deswegen fordert der NABU, den deutsch-dänischen Staatsvertrag ernst zu nehmen. Eine Klausel legt fest, dass bei Kostensteigerungen die Lage aufs Neue zu erörtern ist. Geschehen ist bis heute nichts. Möglich ist, dass der NABU den Planfeststellungsbeschluss beklagen wird. Ökologische Gründe gäbe genug. Ökonomische, um das Tunnelprojekt endgültig zu versenken, sowieso.
Nach NABU-Informationen haben die Behörden die umfangreichen Planfeststellungsunterlagen bereits zum Jahreswechsel an den dänischen Vorhabenträger Femern A/S verschickt. Sobald dieser die Unterlagen und die darin enthaltenen Auflagen per Unterschrift akzeptiert, folgt der Planfeststellungsbeschluss. Dies steht bisher noch aus.
Malte Siegert
Der NABU lehnt die umstrittene Fehmarnbeltquerung wegen der erheblichen Auswirkungen auf Natur und Umwelt sowie mangelnden Bedarfs ab und hat gegen den Planfeststellungsbeschluss geklagt. Anfang Juli 2019 wurde die Klagebegründung beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht. Mehr →
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